jsb317 hat geschrieben:sag mal, verstehst Du das ganze auch oder schreibst Du nur aus den üblichen Publikationen ab
Was soll die Spitze?
Auf Deutsch gesagt, die schnell kontrahierenden FT-Fasern werden durch Training dicker als ST-Fasern. Sprinter benötigen einen hohen Anteil von FT-Fasern, Dickenwachstum ist aber für diese kontraproduktiv. Wie bekommen die es dann hin, dass sie die FT-Fasern trainieren, ohne dass diese dicker werden?
jsb317 hat geschrieben:Wenn man beide vergleicht (habe leider kein Bild mit beiden nebeneinander), stimmt das. Sollte auch so sein, weil FT ja stärker hypertrophieren.
Bolt hat sicher einen hohen FT-Anteil, sonst wäre er kein Weltklassesprinter. Müsste er dann nicht wie ein Bodybuilder aussehen? OK, Bodybuilder machen wenige Wiederholungen mit hohen Gewichten, Bolt wird das wohl nicht tun, da Dickenwachstum nicht sein primäres Trainingsziel sein kann. Müssen aber Sprinter beim Training etwas beachten, damit sie kein Problem mit dem Dickenwachstum haben, oder ist das beim sprint-spezifischen Training einfach gar kein Problem?
Dickenwachstum (gibts auch anderes Wachstum?) ist für Sprinter nicht perse negativ, funktionelle Masse ist durchaus erwünscht. Bolt ist dabei ja sogar eher ein Hänfling, verglichen mit anderen Weltklassesprintern.
Wie schon erwähnt gibt es weitere Unterteilungen: FT-Fasern (Typ II Fasern) gliedern sich in die Subtypen IIa und IIx. IIa-Fasern können bei sehr gut durchtrainierten Athleten eine Belastungsdauer von maximal 3 Minuten haben, die stärkeren IIx-Fasern von nur wenigen Sekunden. Welche davon vom Körper angesprochen werden, hängt von der Belastungsintensität ab, ab ca. 25% der maximalen Belastung kommen IIa-Fasern, ab ca. 40% IIx-Fasern zur Anwendung (Reaktionsschwellen der motorischen Einheiten). Insofern dienen sie innerhalb dieses Rahmens auch Kraftausdauerbelastungen, sind aber sehr schnell erschöpft oder werden erst garnicht angesprochen (IIx zumindest nicht, Kraftausdauerbelastungen werden regelmäßig unterhalb deren Reaktionsschwelle liegen). Durch Krafttraining an schweren Gewichten wird als erster Anpassungsprozess in den ersten Wochen die Rekrutierung verbessert, also das Vermögen mehr Fasern zur selben Zeit zu aktivieren, dabei werden IIx Fasern in IIa Fasern umgewandelt. Die IIx Fasern nennt man daher auch Couchpotatoe-Fasern, weil sie bei körperlich inaktiven Menschen mehrzählig vorkommen.
Diese intramuskuläre Innervation führt zu real verfügbarer (Schnell)Kraft ohne jede morphologische Anpassung, also ohne Dickenwachstum. Bodybuilder wollen gerade das nicht, daher vermeiden sie in der Regel Training mit schwerem Gewicht am komplexen Grundübungen (1-6wdh/Satz mit bis zu 5min Pause zwischen den Sätzen zur Erholung - nötig, da sonst kein neuronales Training möglich), sondern setzen auf lange Belastungsdauern mit Isolationsübungen (12-15Wdh, Übungen wie Butterflys etc., langsame exzentrische Phase mit Intensitätstechniken wie Backoff-Sätzen, Unterstützten WDH, negativ WDH, superslow etc.), was im Wesentlichen zu einem sarkoplasmatischen Dickenwachstum der IIa-Fasern führt. Sarkoplasmatisches Wachstum ist aber eher unfunktioneller Pump, real verfügbare Kraft wird durch (geringer ausfallendes) sarkomeres Wachstum erreicht, in eben jenem niedrigen WDH-Bereich.
Gewichttraining ist also nicht gleich Gewichttraining. Explosives Kreuzheben an so schwerem Gewicht, dass man es nur 1-6mal bewegen kann und dann 5minuten Pause braucht, führt zwar auch zu Wachstum, aber zu einem geringerem als höhere WDH-Zahlen mit langsamer Ausführung evtl. an Isolationsübungen. Den Unterschied sieht man auch, wenn man mal olympische Gewichtheber (Reißen, Umsetzen) anschaut und mit Bodybuildern optisch vergleicht. Daneben trainieren komplexe Übungen kinetische Ketten und verbessern deren Zusammenspiel (intermuskuläre Koordination), was wiederum zu einem dickenunabhängigen Leistungsplus in der Sprintanwendung führt. Auch das vermeiden Bodybuilder und pumpen nach ästhetischen Gesichtspunkten einzelne Partien gezielt auf, dabei fehlt es aber an dem Training des Zusammenspiels und es entsteht wiederum unfunktionelle Masse.
Bolt hat darüber hinaus nicht nur einen hohen FT-Faser-Anteil, der vorallem durch Maximalkrafttraining (nochmal: Unterscheide Hypertrophietraining) gut innerviert und ausgebildet ist, er verfügt über die genetische Besonderheit, dass seine Muskeln über einen längeren Zeitraum durch die Verarbeitung von Kalzium schnell kontrahieren können, seine FT-Fasern können länger volle Leistung bringen, als die anderer Menschen. Das sieht man an dem Rennverlauf: Die bulligeren Kontrahenten Bolt's führen vom Start weg und werden dann erst in der zweiten Hälfte von Bolt stehen gelassen. Man möchte meinen, er drehe auf und werde schneller, tatsächlich wird er aber nur weniger schnell langsamer als die anderen.