Quicksi hat geschrieben:Ich denke du hast meine Motivation und Lust am Laufen falsch verstanden. ... Für mich ist Motivation und Spaß haben zwei verschiedene Sachen. Ich weiß vor jedem Lauf das wenn es los geht und ich dann fertig bin immer glücklich und zufrieden nach Hause komme!
Und ich glaube auch es ist generell für einen Übergewichtigen Anfänger einfach schwerer zu Laufen und deswegen braucht man etwas extra Motivation!
Hallo Quicksi,
missverstanden habe ich dich wohl nicht, mangels Information eher gar nicht verstanden. Motivation und Spaß sind selbstverständlich zwei verschiedene Dinge. Es braucht den Antrieb, damit man sich dann laufend den Spaß tatsächlich zufügt. Und hier - denke ich - hast du mich missverstanden. Damit der Antrieb zu laufen auch dann Bestand hat, wenn die anfänglichen, dem Laufen fernen Motive - bei dir im wesentlichen die Absicht Gewicht zu verlieren - ihre Kraft verlieren, muss der Spaß am Laufen im Mittelpunkt stehen. Nur wenn man den immer wieder spürt, wird man sich auf Dauer die Laufschuhe anziehen. Wenn der nicht vorhanden ist, hat man irgendwann nicht mehr die Kraft das zu tun. Ganz egal, welche Motive und Belohnungen einem auch versprochen sein sollten.
Freude am Laufen, auch da möchte ich nicht missverstanden werden, ist jedoch nur die grundlegende Voraussetzung dafür, dass jemand auf Dauer diesem Hobby treu bleibt. Ich kenne genügend Beispiele von Läufern, die immer wieder aufhören, Monate, sogar Jahre pausieren, um irgendwann wieder einzusteigen. Meine Laufanfänge waren ehedem ähnlich "löchrig". Damals schickte mich mein Internist zum Laufen. Warum, wozu, spielt hier keine Rolle. Ich stellte fest, dass mir das Gejogge durchaus Spaß macht. Aber es waren auch immer wieder Monate zu verzeichnen, in denen die Laufschuhe unbeachtet in der Ecke standen. Vielleicht auch, weil ich sportlich zu viele Alternativen hatte. Regelmäßigkeit kam erst in mein Laufen, als diese Alternativen (aus orthopädischen Gründen) schwanden und das Laufen wichtiger wurde. Und dann schafften wir uns einen Hund an, der ohnehin bei jedem Wetter Gassi gehen musste, also konnte ich das genauso gut auch laufend erledigen. Das war ein Motiv, das absolut nichts mit dem Laufen zu tun hatte. Ein Motiv, das mich sogar "zwang" bei miserabelsten Bedingungen laufen zu gehen. Wenn schon raus, dann gleich laufend, war die Devise.
Ich stellte nie die Frage, ob es einen Zeitpunkt gäbe, ab dem ich dann gar nicht mehr ohne Laufen könnte. Den muss es aber gegeben haben, denn seit Langem ist es so. Ich mag nicht ohne meine Laufeinheiten sein. Sie sind eine Selbstverständlichkeit. Ich muss nicht
jeden Tag laufen, doch mehrmals die Woche und zwar auf eine Weise, die mich erschöpft. Wenn ich das nicht bekomme, fehlt mir etwas Wesentliches, fehlt mir Lebensqualität. Abgesehen von diesem
Bedürfnischarakter ist zu laufen für mich ebenso
Gewohnheit und Routine wie Essen, Trinken, Duschen, Zähneputzen, Schlafen, und vieles andere. Es stellt sich nie die Frage: Soll ich? Und selbst wenn ich keine Lust habe - was durchaus häufiger mal vorkommt, insbesondere bei miserablen Wetterbedingungen -, gehe ich wie selbstsverständlich raus und laufe. Da ist dieses Zeitfenster am Tag, das mit Laufen gefüllt werden will. Das ist nicht immer derselbe Zeitraum und wie groß das Fenster ist, bestimmt mein nächstes Laufziel und der dafür im Kopf geltende Trainingsplan.
Die Frage, die sich Einsteigern stellt, seien sie übergewichtig oder nicht, ist, wie kann ich in diese Regelmäßigkeit finden? Wie kann ich es erreichen, dass zu laufen ein Bedürfnis wird, ein Automatismus? Wie kann ich es schaffen, dass das Widerstrebende in mir drin, mein Phlegma, abendliche Müdigkeit, Unlust und anderes mehr mich davon abhalten die Schuhe zu schnüren? Das Widerstrebende in mir ist stark. Manche nennen es den "inneren Schweinehund". Ein Ausdruck, den ich gar nicht mag, weil er eine Art Person kreiert, ein Ego, dem man dann die Schuld für alle ausgefallenen Laufeinheiten zuschieben kann. Doch das Widerstrebende gehört zu mir, genauso wie die Lust zum/am Laufen zu mir gehört. Also: Wie wird es regelmäßig und zum Bedürfnis? Die Antwort ist einfach, wenngleich ich nicht weiß, ob sie dir weiterhilft:
So oft wie möglich wiederholen! Keine langen Laufpausen enstehen lassen. Nie mehr als zwei Tage pausieren. Es gibt sogar Untersuchungen zu dieser Thematik, wie oft man einen Vorgang wiederholen muss, bis er zur Gewohnheit wird, die man dann automatisch vollzieht. Die Zahl der Wiederholungen, die ich in diesem Zusammenhang mal gelesen hab, war so klein, dass ich sie - zumindest was das Laufen angeht - anzweifle. Nicht jedoch die Tatsache an sich.
Ich bin so oft gelaufen, dass ich gar nicht mehr anders kann. Und wenn ich nicht darf - so wie seit inzwischen 8 Wochen und noch weitere 4 Wochen -, dann bin ich so was von unleidlich, mental unaufgeräumt, körperlich durcheinander. Viele andere Läufer, würde man sie befragen, könnten dir diesen Mechanismus aus eigener Wahrnehmung bestätigen: Laufen wird zum selbstverständlichen Bestandteil des Lebens, wenn man es nur oft genug wiederholt. Wie lange? Ich habe keinen blassen Schimmer. Auf jeden Fall länger, als es für Gewohnheiten in jener Studie angegeben war und wahrscheinlich ist das auch individuell sehr unterschiedlich.
Ich wünsche dir, dass du eines nicht so fernen Tages keine Motive mehr brauchst, um die Laufschuhe aus dem Schrank zu holen
Gruß Udo