Danke für deine Anregung. Ich werde bei Zeiten mal reingucken. Heute bekommt die weihnachtliche Atmosphäre der Wohnung den letzten Schliff. Außerdem muss ich noch Kekse backen, hab ich Ostern mal meinen Kindern versprochen. Wenn die alles vergessen, sowas nicht
Das Problem mit dem Schämen... wahrscheinlich bin ich einfach zu eitel. Keine Ahnung. In dem Ort wo mein Häuschen steht, bin ich auch aufgewachsen. Nachdem ich damals so zugenommen habe, war das für viele eine Genugtuung. Warum? Keine Ahnung, Menschen sind manchmal so. Ich habe vor 7 Jahren mit strengem Low Carb 40 kg abgenommen, was meine Welt völlig verändert hat. Nach jahrelangem Übergewicht, war ich es gewohnt eher eine Randerscheinung zu sein und wenn, dann nur negativ aufzufallen (der Elefant kommt... törööö). Grundsätzlich hab ich da ein dickes Fell, aber ich würde lügen, wenn ich behaupte, dass sowas spurlos an mir vorbei geht. Nachdem ich dann plötzlich (innerhalb von 10 Monaten - ohne Sport) erschlankt war, war das anders. Ich wurde ungewollt permanent in den Mittelpunkt gedrückt. Andere schmücken sich plötzlich mit einem (ist echt so), du bist permanent Thema (40 Kilo? wow, erzähl mal) usw.
Ich hab da gar nicht mit umgehen können. Ich für mich selbst, war ja immer noch der selbe Mensch. Die Anpassung an das "schlanke Leben" ist mir viel schwerer gefallen, als die Abnahme an sich. Von "die Dicke" zu "die, die 40 kg abgenommen hat", macht dich nicht zu einem besseren Menschen und schon gar nicht wirst du als Person gesehen, sondern nur als die, die eben abgenommen hat.
2010 kam dann die Wende. Ich habe permanent zugenommen. Erst langsam, ich habe ja weiter strickt an meiner Low Carb Ernährung festgehalten. Als ich 12 kg zugenommen hatte, galoppierte meine Motivation mit wehenden Fahnen davon. Wenn ich das so schon nicht schaffe, warum soll ich dann auf all die geilen Köstlichkeiten verzichten? Bis dato habe ich nicht das Gefühl gehabt verzichten zu müssen. Aber der Schalter legte sich um. Innerhalb von 7 Monaten hatte ich 30 von den 40 kg wieder drauf. Allerdings sei gesagt, dass meine Ausbrüche in die Maßlosigkeit nicht dauerhaft waren. Immer wieder habe ich mich zurück gerudert in meine erfolgreiche Ernährungsform. Gebremst hat es die Zunahme nicht.
Das brachte alles nichts. Es dauert noch über ein Jahr und nochmal 20 kg mehr, bis ich bei meinem Arzt saß und ihm sagte, entweder er checkt mich jetzt durch oder ich guck mir den nächsten fahrenden Zug aus nächster Nähe an. Ich hatte das Gefühl, wenn ich nur lange genug auf der Waage stehe, kann ich sehen, wie das Gewicht steigt.
Das war der Moment, als eine Reihe an Untersuchungen gemacht wurden. Nachdem ich bis dato mit Verdacht auf Multiple Sklerose behandelt wurde (wegen verschiedener Symptome), wurde dies vom Tisch gefegt, als man feststellte, dass mein Immunsystem meine Schilddrüse zerschießt und mein Stoffwechsel nahezu verlangsamt. Ich bekam Medikamente und hatte eine Erstverschlechterung. Noch schlechtere Haut, noch stumpfere Haare, noch mehr Antriebslosigkeit, noch mehr Wassereinlagerung. Aber dann...
Ja, dann brauchte ich noch Zeit und ein paar Anläufe, bis ich im Mai den Entschluss gefasst habe, dass ich es nochmal versuchen werde. Die ersten zwei Wochen war ich noch sehr undiszipliniert, aber seit Juni gehts jetzt. Nicht mehr ganz so streng, dafür mit mehr Wohlgefühl. Meine Zunahme war allerdings auch ein Spießrutenlauf. Soviele Menschen, die ja sowieso wussten, dass das passieren wird usw.
Egal, jetzt habe ich es in Angriff genommen und es läuft. Am Anfang lief es prima, jetzt stagniert es gerade. Das ist aber okay und kenn ich so.
Trotzdem bin ich noch weit entfernt von einer Gazelle. Meine Bewegungen sind alles andere als elegant und flüssig. Die Schmach der Zunahme hat mir zugegebener Maßen ordentlich zugesetzt und mein Selbstwertgefühl zeitweilig in den Keller getreten. Ich habs wieder hoch geholt, aber es ist noch nicht so, dass ich alle Fesseln gelöst habe. Selbst wenn es keinen Menschen interessiert, ob ich nu daher laufe oder nicht, ich für mich habe das Gefühl, dass alle
nur mich sehen. Ich schütze mich in der Dunkelheit eigentlich nur selbst. Mich lenkt nichts ab, ich mach mir keine Gedanken darüber, ob das jetzt jemand lächerlich findet oder nicht. Ich weiß, dass ich das ablegen muss und ich bin gut dabei, dies auch zu können.
Ich denke auch, dass ich nach dem ersten Lauf bei Tageslicht ganz anders darüber denke. Aber dafür muss ich erstmal diese Hürde nehmen. Ich werde. Jetzt schon eher, als noch vor vier Wochen. Aber einfach ist es nicht.