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von Catch-22
2. GVG Rheinuferlauf in Wesseling - HM Debüt
Vor 2 Wochen hatte ich mich vor dem HM gedrückt, ein Debüt bei über 30°C wollte ich mir nicht antun. Gestern war mein Ersatzlauf, deutlich kühler sollte das Wetter auch nicht werden. Ein zweites mal auf den Start verzichten stand für mich jedoch nicht zur Diskussion. So bereitete ich mich in den letzten Tage gedanklich auf einen sehr harten Hitzelauf vor.
Vor dem Lauf steht jedoch die Anreise, bei 28°C ist eine 1,5-stündige Anreise mit den Öffentlichen auch nicht wirklich ein Spaß. Der Startschuss war für um 15Uhr angesetzt, mein Mann und ich kamen eine gute Stunde früher an und hatten so noch etwas Zeit zu entspannen. Mit etwas Sorge nahm ich wahr, dass der Zehner, der gerade lief, nicht arg schnell war. Zwar war er auch nicht so stark wie der HM besetzt, jedoch ließen die Zeiten, die der Sprecher durchsagte, auf harte Bedingungen schließen.
Zum meinem Glück zogen kurz vor dem Startschuss ein paar Wolken auf und die Sonne knallte nicht mehr so sehr. Zwar war es immer noch zu heiß, aber wenigstens etwas. Wir ordneten uns relativ weit hinten im kleinen Feld ein und wartet auf den Startschuss. Quasi neben mir stand ein Mann mit Kniebandage, woran mein Mann seine Freude hatte, läuft er doch selber auch immer mit einer. Mit dem Startschuss starteten wir auch die Uhren, es gab nur eine Bruttozeitnahme. Da die Straße beim Start schön breit war, gab es bei 140 Starter kaum Behinderungen, der Zeitverlust zu einer Nettozeit war überschaubar gering und vernachlässigbar. Nach kaum 200m kam eine sehr steile Bergabpassage, die uns an das Rheinufer führte. Unten angekommen gab mein Mann auch schon Gas, mir war das jedoch zu schnell. Ich versuchte mein Tempo zu halten und hoffte er merkt das und bremst, wollte er doch mich wieder begleiten. Den erste Kilometer liefen wir zwar trotzdem zu schnell, aber es war noch im Rahmen und kein Grund zur Besorgnis. Auf den nächsten Kilometern sortierte sich das Feld, es zogen einige Läufer an uns vorbei während wir versuchten die Pace auf 6:05 einpendeln zu lassen. Wir schlossen auf ein anderes Pärchen auf, mein Mann signalisierte mir, dass wir uns hinter ihnen einordnen sollen, da sie recht konstant liefen. Mit einer 6:30er Pace waren sie mir jedoch zu langsam. Mein Mann meinte Zuhause schon, dass es besser wäre bei dem Wetter nur auf ankommen zu laufen, das wollte ich jedoch nicht und schlug somit auch seinen letzten Versuch mich auf eine langsame Pace einzustimmen aus. Ich scherte aus und überholte das Pärchen, mein Mann folgte mir grummelnd. Wir schlossen zu einer anderen Gruppe auf, die meine Wunschpace von ca 6:05 lief und blieben für den Moment bei ihnen. Jene die sich weiter nach vorne kämpfen wollten ließen wir ziehen. Wir hatten schon die 3km Marke passiert und ich hielt Ausschau nach einem Verpflegungspunkt, leider war weit und breit nichts zu sehen. 28°C, 3km hinter uns und immer noch kein Wasser. Ich war froh, dass wir beide je 500ml Wasser mit auf die Strecke genommen hatten, so trank ich das erste Schlückchen und schüttete mir auch etwas ins Gesicht. Die anderen Läufer in unserer Gruppe hatten, wie die meisten anderen Läufer auch, nichts zum Trinken dabei und so langsam wurde es hart. Schnellere Läufer, die uns entgegen kamen, hatten Schwämme in der Hand, arg weit zur Verpflegung konnte es nicht mehr sein. Noch vor dem 5. Kilometer fielen die ersten Läufer aus der Gruppe zurück. Die verbliebenen waren auch am straucheln. Bei 5,5km ging es steil bergauf, kaum laufbar, vom Ufer weg. Oben angekommen war endlich der erste Verpflegung am Wendepunkt der Pendelstrecke. Durch Steigung und Verpflegung schrumpfte unsere Gruppe auf mich und meinen Mann. Wir liefen die folgenden Kilometer alleine, hinter uns wurde der Abstand immer größer, vor uns relativ weniger Läufer zu sehen. Die Strecke bestand hauptsächlich aus einer ca. 5km langen Straße, sie führte am Rheinufer entlang, stellenweise streifte sie einen Wald, so das wir nicht die ganze Zeit in der Sonne liefen. Als Ausblick gab es Rhein und Industrie. Der Fuß- und Radweg war leider nicht gesperrt und es waren an diesem Sommertag viele Radfahrer unterwegs, das trübte den ansonsten guten Eindruck von der Strecke. Da es eine Pendelstrecke war, auf der zwei Runden gelaufen werden mussten, wurde es stellenweise trotz gerade mal 140 Läufern eng, wenn auch Fahrräder an einem vorbei wollten. Bei ca. KM7 schickte ich meinen Mann vor und forderte ihn auf nun die Pace für mich zu machen. So langsam nährten wir uns wieder anderen Läufern. Es wurde zwar zunehmend härter, aber noch lief es sich gut, zu mal ich zwischen durch auch mal was trinken konnte. Kurz nach dem 10. Kilometer überholten wir zwei weitere Läufer und gelangten auf die Rheinpromenade, an dessen Ende kurz vor dem Anstieg zum Start/Ziel der 2. Wendepunkt mit Verpflegung war. Wir tranken und schütteten uns jeweils ein Becher Wasser über den Kopf und liefen nun wieder zum ersten Wendepunkt in die letzte Runde. Nun sollte der härteste Teil des Wettkampfes mir bevor stehen. Bis hier her lief es sehr gut, ich war perfekt im Plan, jetzt fing jedoch das Kämpfen an. Der Weg zur Wende zog sich ewig hin, nimmer endend wollend. Aus der angenehmen, geraden Pendelstrecke wurde eine vor allem mentale Herausforderung. KM14 ging dann auch in schleppenden 6:18, zwar war die Durchschnittspace mit 6:07 noch auf sub2:10 Kurs, aber ich wusste, es wird nicht haltbar sein. Als mein Mann sagte „Der letzte KM war langsam, aber Richtung Schluss wird man immer langsamer“ machte bei mir der Kopf endgültig zu. Das kam in dem Moment gar nicht gut. In meinem Kopf tobte es, mein Körper war schon länger an seinen Grenzen. Aufmunternd war es die schnelleren Läufer auf dem Weg zurück zum Ziel zu sehen, sie waren alle am kämpfen, nicht nur ich hatte es hart. So einige waren wohl eingebrochen, viele sollten heute ihre Zielzeit nicht erreichen. Ich kämpfte mich zur Steigung und ging sie dann hoch zur Verpflegung. Das Stück war so steil, ich wollte dort nicht sinnlos Kraft vergeuden. Oben angekommen, hatten wir beide keine Eile mehr, wir genossen die Erfrischung regelrecht. Aßen je ein Stückchen Banane, mein Mann schnatterte mit den Verpflegern. Wir ließen einiges an Zeit liegen, das war unser langsamster Kilometer mit 7:29. Die Pause tat uns beiden gut, auch für meinen Mann war es eine Herausforderung, so lange so langsam bei mir zu laufen. Es tat ihm sichtlich gut oben etwas Abwechslung gehabt zu haben. Wieder unten am Ufer angekommen passierten wir die 16KM Marke, mit einem Blick auf die Uhr erkannte ich, dass ich die nächsten 5km in sub30 laufen müsste, damit es noch eine sub2:10 wird. Das war unmöglich, ich war ja schon fix und fertig. Ich erkannte jedoch auch solang ich ca. 6:30 - 6:45 laufe, dann klappt die sub2:15. Sub2:15 wurde in dem Moment zum Plan B. Nun hieß es nichts übers Knie brechen, Konzentration, keine Kraft an sinnloses Beschleunigen vergeuden, kein verlorenen Kampf kämpfen sondern die sub2:15 nach Hause tragen. Ist eine super gute Zeit bei 28°C und einem Debüt. Eintüten! Das gab mir wieder einen Aufschwung, der Kopf machte wieder mit, war auch dringend nötig, da der Körper sich nur noch mit Hochkonzentration auf jeden Schritt bewegen ließ. Auf den nächsten Kilometern kassierten wir zwei weitere Läufer, einer war der Herr mit der Kniebandage, der sichtlich strauchelte. Auch ich legte auf dem nächsten Kilometern eine kurze Gehpause ein, aber auch das ging in Ordnung. Zeit passte. Von hinten kam langsam aber gleichmäßig ein weiteres Pärchen angelaufen und überholten uns, auch das war ok. Ich war vollkommen ruhig und nur noch auf meinen Lauf fixiert, im Tunnel. Ein letztes mal auf die Rheinpromenade, kurz vor der Steigung zeigte mir meine Uhr die 21km voll, 21KM Schild war jedoch noch nicht in Sicht, die Uhr zeigt zu viel Strecke an, da das Ziel noch deutlich weiter als 100m ist. Ich wusste, ich muss nun Gas geben um die sub2:15 nicht zu verpassen. Die Steigung nahm ich mit einem Tempo, als hätte ich noch keine 21km in den Beinen, oben angekommen wurde ich noch schneller. Die paar Leute am Straßenrand staunten nicht schlecht, einer sagte „Die gibt noch Gas!“ Motivierte mich noch mehr, ich versuchte das Tempo bis in Ziel zu halten. Im Kopf sah ich jeden Schritt, anders wäre es wohl kaum gegangen. Ich lief an der Uhr vorbei, sie zeigte 2:14:3x und mit letzter Kraft über die Ziellinie. Daran meine Uhr zu stoppen dachte ich nicht mehr, merkte erst eine Minute später, dass sie noch an war. War aber nicht schlimm, ich war mir sicher es geschafft zu haben und mein Mann bestätigte es mir. Die offizielle Endzeit gab es erst am Spätenabend: 2:14:41! Damit bin ich nicht nur Zufrieden sondern Glücklich. Ersten HM, bei 28°C die Zeit geht mehr als nur in Ordnung. Die 2/3 war ich ziemlich gut dabei, danach kam zwar ein Einbruch, aber mit ihm hatte ich gerechnet, da ich schauen wollte wie weit ich mit meiner Zielvorgabe bei dem Wetter komme. Am Freitag schrieb ich noch, dass ich den HM bei dem Wetter mit 6:30 für machbar halte, aber eben auf Risiko gehen will, nun wurde es ein 6:23 Gesamtschnitt und die ersten 14 in 6:07. Wunderbar. Für den Tag, für das Wetter ein ideales Ergebnis. Mein Puls war im Schnitt bei 92%, die letzten 300m zum Ziel bin ich mit einer 5:20er Pace gelaufen, was mein Intervalltempo ist, da ging der Puls auch auf 99% hoch. Auch wenn das Primärziel verfehlt wurde, betrachte ich es als ein gelungenes Debüt :-)