Nachdem mein erster 10er so in die Hose ging, hatte ich diesmal beschlossen alles richtig zu machen damit die sub60 endlich fällt. Diesmal strukturiertes, meinen Leistungen angepasstes Training mit Zielen, die erreichbar sind und nicht fern jeder Realität (ich leide leider hin und wieder unter massivem Größenwahn

) Am Anfang des 6 wöchigen Plans war eine 59:xx geplant aber aufgrund der guten Ergebnisse im Training ging ich mit einer geplanten 57:xx ins Rennen. Etwas unsicher ob ich das erreichen konnte war ich mir schon, weil ich von vielen Seiten gehört habe, dass diese Strecke keine PB Strecke war, aber ich dachte mir wenn da etliche weit unter 50 laufen können, werde ich ja wohl die 57 schaffen.
Um es vorweg zu nehmen: ich fand die Strecke klasse. Relativ flach (nur 34 Höhenmeter Unterschied), festgetretener Schotter sowie Asphalt. Klar nen paar Kurven aber absolut im Rahmen. Mit 2 Runden angenehm zu laufen.
Vor dem Lauf war ich aufgeregt wie nix. Seit 4 Uhr morgens lag ich Sonntag wach und mir ging ganz schön der Stift. In solchen Momenten verfluchte ich dann meine große Klappe, weil ich mir mit der angekündigten 57 selbst ganz schön Druck auferlegt hatte - es hätte ja auch gereicht zu sagen sub60 zu laufen aber nein ich musste ja wieder den Mund so voll nehmen. Sollte ich 57 laufen war das immerhin ne Verbesserung der PB um 5 Minuten... Is doch schon ne Hausnummer in 3 Monaten. Gut sub60 nach 8 Monate Lauferfahrung is jetzt auch keine Tiefstaplerei. Aber was solls, so bin ich nunmal
Beim Start war ich geneigt mich zu weit hinten aufzustellen, aber da mein Coach zur Stelle war delegierte er mich weiter nach vorne. Ich wollte halt nicht wie damals 5km lang überholt werden aber klar wenn ich überholen muss kostet das auch Kraft. Also reihte ich mich in der Masse inner Mitte ein. Nachdem der Startschuss fiel, trabte ich erstmal gefühlte 10min auf der Stelle bevor es los ging. Ein kurzer Blick auf meine Uhr zeigte mir das ich Pulsmäßig bei 180 war - na das begann ja super

Ich hoffte dass das nur der Aufregung geschuldet war und dann auch wieder sank. Los ging es. Ich versuchte mich nich von der Masse mitreißen zu lassen weil nach einem Kilometer bei 190 oder so zu sein is sicher kontraproduktiv. Ich merkte das ich mich ganz gut aufgestellt hatte, ich wurde nich allzu lange und oft überholt. Das begann ja schonmal besser als Lehrte - meine Zuversicht meldete sich. Nach einem Kilometer schaute ich mal auf die Uhr und sah das ich so bei 05:30 war - zu schnell, also drosselte ich etwas mein Tempo.
Nach 2km merkte ich dass ich im Rhytmus war. Mein Puls war zwar bei 185 aber ich fühlte mich gut und konnte mir sogar die Landschaft anschauen. Schön wars im Park. Ich erinnerte mich dass ich mich bei meinem ersten 10 km Wettkampf jetzt schon äußerst schlecht fühlte und kämpfen musste - umso mehr genoss ich es dass ich mich so gut fühlte. Und ohne es jetzt abwertend zu meinen: in meinem Umkreis liefen einige die schon ganz schön schnaufften - in Gedanken bemitleidete ich sie, weil ich wusste dass das für sie kein angenehmes Rennen wird. Die nächsten Kilometer verliefen recht ergeignislos. Ich freute mich einfach dass es mir doch noch realtiv leicht fiel und das ich mit meiner Kleidung die richtige Entscheidung getroffen habe - nicht zu warm und nicht zu kalt

Nach 5km lief man die zweite Runde. Beim Start lief mein Coach ein paar Meter mit mir und wollte wissen wie es so is. Ja Chef gut isses, zwar nen 190er Puls, aber ich fühlte mich gut, wenn auch etwas angstrengt. Mit 5:42 war ich voll im Soll, wobei ich mir da schon überlegte wie ich es schaffen sollte in 4,5km nochmal ne Schippe drauf zu legen. Egal, ich verschob den Gedanken und lief erstmal weiter
Ab KM5 bekam ich dann Gesellschaft, ein Herr der 55 laufen wollte - also quasi in meinem Zeitfenster. Zu zweit lief ich es sich doch schon etwas anders, wobei ich leider den Fehler beging und ziemlich viel quatsche - dumme Angewohnheit

Ab KM7 war mein Puls bei 199 - reden konnte ich trotzdem noch aber langsam wurde es fies

Ich hoffte nicht einzubrechen und stellte dann ab KM8 auch das Reden ein - sicher is sicher, ich brauchte meine Puste ja noch. Er war wirklich super, immer wenn er merkte dass ich langsamer wurde pushte er mich wobei ich am Ende den Spruch "Schmerz vergeht, Zeit bleibt" nicht mehr hören konnte

Ich hatte keine Schmerzen - mir war schlecht!!!! Das tat nich weh das war einfach übel

Aber ich wusste ja das er es nur nett meinte und ausserdem trieb mich meine "Genervtheit" etwas an

Nach 8km sah man schon das Ziel - man musste einfach nur gerade aus laufen. Aber die Streckenführung sah leider einen 1km Schlenker nach links vor

Sarkastisch meinte ich zu meinem Mitläufer: "Komm lass uns doch einfach gerade aus laufen, dann sind wir schneller im Ziel und sparen nen Kilometer" Mein Mitläufer meinte nur "Warmduscher" aber der Streckenposten bekam fast nen Herzinfarkt und winkte hektisch nach links

Herrlich er versüßte mir den nächsten Kilometer und ich stellte fest ich konnte noch grinsen -so schlimm kann das alles nich sein

Ich hätte es ja nich für möglich gehalten aber auch dieser Kilometer ging irgendwann irgendwie rum und wenn mein "Hase" nich langsamer gelaufen is dann konnte ich auch noch das Tempo halten

Schon waren wir am Stadioneinlauf bzw. wo es zum Sportplatz ging. Jetzt kam der Schotter der weh tat - ca 600m Schotterbahn. Mein Coach war am Eingang und rief mir zu dass ich ziehen sollte und schön große Schritte machen - sch*** hätte ich mal nich auf ihn gehört. Ich machte große Schritte uns sprintete los wie ne besengte Wildsau.... Ungeachtete der Tatsache dass ich noch 600m vor mir hatte. Meinen Mitläufer hängte ich (vorerst) ab und überholte auch 1-2 Leute wovon sich eine richtig erschrak als ich das angeflogen kam. Während des Rennens dachte ich schon scheiße bist du schnell, viel zu schnell, das hälst du nie im Leben durch - aber es fühlte sich geil an. Nach 100m schrie meine Lung dann auch ich kann nich mehr, die Beine sagten egal lauf weiter und der Kreislauf beendete das alles mit schwarzen Punkten und Kälteschauern. Gut ich wollte ja im Ziel ankommen, also Tempo rausnehmen

Das einzig Positive war dass "nur" meine Hase mich noch überholte (ja ja der hatte es richtig gemacht) aber es war schon ein wenig peinlich so einzubrechen

Aber egal, so ganz ohne Fehler wäre es ja langweilig gewesen und bis zu dem Zeitpunkt hatte ich alles richtig gemacht

Etwas langsamer lief ich dann nach
56:18
über die Ziellinie

max.HF 208
Gott war ich stolz auf mich, die Stimmen die sagten dass ich auch ne 55:59 geschafft hätte lies ich sofort verstummen

Den Sieg wollte ich mir selber nich vermiesen.
Es is absolut geil zu sehen dass man erfolgreich einen Wettkampf beendet. Das war meine persönliche Wiedergutmachung für Lehrte. Es is geil zu sehen das man auch überholen kann und nicht überholt wird wenn man alles richtig macht. Mit ner 5:37er Pace bin ich 5 Sekunden schneller als im Training gelaufen und dabei noch 2km weiter.
Und weils so schön war könnt ich ja schon wieder laufen
