Stebbins hat geschrieben:Die meisten User waren der Meinung, dass man die Fettverbrennung trainieren muss, da man während des Rennens mittels Gels nicht genug Kohlenhydrate zuführen kann.
Ich bin der Meinung, dass man die Fettverbrennung nicht gezielt trainieren muss und dass die meisten den Marathon bei so geringer relativer (in Bezug auf das, was sie auf kürzeren Strecken laufen können) Intensität laufen, dass bei ausreichendem Carbloading auch keine Gels unterwegs nötig sind.
Um das etwas zu präzisieren:
- Das Ziel beim Marathon ist für die meisten, möglichst schnell ins Ziel zu kommen. Bei der Verbrennung von Kohlenhydraten ist weniger Sauerstoff notwendig als bei der Verbrennung von Fett, um die gleiche Energiemenge zu produzieren. Der Körper muss also bei KH-Verbrennung weniger hart arbeiten, um den benötigten Sauerstoff in die Muskulatur zu transportieren. Oder anders formuliert: für den gleichen "Aufwand" kann aus der KH-Verbrennung mehr Energie gewonnen werden, wodurch man wiederum schneller laufen kann. Demzufolge ist es von Vorteil, einen möglichst hohen Anteil der Energie aus KH zu gewinnen, wenn das Ziel lautet, möglichst schnell ins Ziel zu kommen.
- "There is now evidence that what was initially viewed as glycogen sparing may be, in fact, a down-regulation of carbohydrate metabolism or ‘glycogen impairment’. Fat adaptation/ carbohydrate restoration strategies are associated with a reduction in the activity of a key enzyme regulating carbohydrate metabolism, pyruvate dehydrogenase." (Quelle:
https://link.springer.com/article/10.21 ... 7040-00018)
- Je (ausdauer-)trainierter jemand ist, desto höher der Anteil der Fettverbrennung bei gleicher relativer Intensität. Wobei das natürlich auch von der Art des Trainings abhängt. Absolviert jemand jede Woche drei hochintensive Intervalleinheiten, wird diese Person vermutlich einen etwas höheren KH-Anteil an der Energiebereitstellung haben als jemand, die/der nie schneller als Marathonrenntempo läuft. Grundsätzlich gilt aber (etwas vereinfacht): je mehr jemand läuft, desto mehr verschiebt sich das Verhältnis von KH Richtung Fett.
- Je schneller man den Marathon läuft, desto höher der Anteil der KH an der Energiebereitstellung. Das wiederum liegt ganz einfach daran, dass die relative Intensität höher ist, je schneller man die Strecke absolviert. Je höher die relative Intensität, desto höher der Anteil der Energie aus der KH-Verbrennung.
- Die meisten verfügen nicht über die Ausdauer, den Marathon so schnell zu laufen, wie eigentlich ihren Unterdistanzzeiten entsprechen würde. Dies liegt meist ganz einfach daran, dass nicht genug trainiert wird bzw. werden kann. Die Folge ist, dass sich die leistungsbeschränkenden Faktoren von Energiebereitstellung zu Dingen wie muskulären Problemen hin verschieben können und der Marathon bei einer geringeren relativen Intensität gelaufen werden muss. Das wiederum sorgt dafür, dass der Anteil der Fettverbrennung an der Energiebereitstellung steigt. Dieser Anstieg kann je nachdem ziemlich groß sein.
- Aufgrund des letzten Punkts wird meist deutlich weniger KH verbraucht als dies z.B. bei Profis der Fall ist, obwohl man 1 1/2 oder 2 Mal so lang unterwegs ist.
- Es gibt Untersuchungen, die zeigen (leider finde ich die Studie aktuell nicht), dass die meisten massiv unterschätzen, wie viele Kohlenhydrate man beim Carbloading zu sich nehmen sollte. Der Schnitt lag wenn ich mich richtig erinnere ungefähr bei der Hälfte der empfohlenen Menge. Und ob man jetzt 200 g Glycogen mehr oder weniger in den Muskeln einlagert, macht einen großen Unterschied, der während des Rennens (fast) nicht ausgeglichen werden kann. Trotzdem kommen die meisten – wenn auch bei weitem nicht alle – Läufer ohne größere Probleme bei der Energiebereitstellung durch.
- Für die meisten Läufer*innen wären Gels/KH-haltige-Getränke
vermutlich nicht nötig, wenn die Speicher vor dem Wettkampf wirklich gefüllt sind. Hierzu ist mir jedoch keine Studie bekannt, die dies direkt untersucht hat. Ob dem tatsächlich so ist – und hier gibt es ganz sicher große interindividuelle Unterschiede, die sowohl auf Veranlagung als auch auf Training zurückzuführen sind – muss allerdings jede*r für sich selbst herausfinden, was natürlich mit dem Risiko verbunden ist während des Marathons zu erkennen, dass es dann doch zu wenig KH waren.
Stebbins hat geschrieben:Ich werde somit, wie bisher auch, meine langen Läufe ohne die Zufuhr von Kohlenhydrate machen. Damit trainiere ich meine Fettverbrennung und bin für den anstehenden Marathon gut gerüstet
Du planst also beim Marathon keine Gels zu dir zu nehmen unterwegs? Weil das solltest du sonst auf jeden Fall vorher ausgiebig im Training testen, auch bei höherem Tempo und längeren Läufen. Am besten kombiniert mit dem für den Marathon geplanten Carbloading. Was du nämlich möglichst vermeiden solltest ist während des Marathons irgendetwas auszuprobieren, was du im Training so nicht (mehrfach) geübt/getestet hast. Zudem gibt es auch hier einen Trainingseffekt, d.h. der Körper wird effizienter in der Aufnahme der KH und allfällige Probleme werden kleiner.