Hallo Läufer,
ich laufe schon sehr, sehr lange und seit anderhalb Jahrzehnten auch sehr lange Strecken. Zum Glück kann ich meist dann trainieren, wenn der größte Teil der Bevölkerung seinem Tagesgeschäft nachgehen muss. Dann kommt es eher nicht zu "Friktionen". Da ich aber auch am Wochenende und Feiertagen nicht aufs Laufen verzichten möchte, kenne ich unterdessen sicher jede nur denkbare kritische Situation und Blockade. Egal ob Hunde (ich hab selbst einen, der meist mitläuft), andere Jogger, Radler, Rad-Raser, MTB-Fahrer, Senioren mit Kontrollverlust auf schnellen E-Bikes, Spaziergänger, Familien beim Ausflug, ausgebildete Nordic-Walker, plappernde Hausfrauen mit gefährlichen Spießen in der Hand oder andere mehr unterwegs sind. Es gibt "Zusammenstöße", für die niemand was kann, weil sie nicht vorhersehbar sind. In so einem Fall entschuldige ich mich eben oder nehme eine Entschuldigung an und man geht versöhnt seiner Wege. Alles andere nervt. Doch zum einen kann ich mir meinen Frust (oder die Scham, wenn ich es mal verschuldete) gleich danach von der Seele laufen. Und zum Übrigen wird es eine Welt ohne Fehler, Gedankenlosigkeit und - ja auch die - Rücksichtslosigkeit nie geben. Da hilft nichts.
Das lässt sich an Nordic-Walkern gut festmachen. Mit denen habe ich leider häufig zu tun. In Wettkämpfen. Und in Wettkämpfen habe ich als Läufer "Rechte". Zumindest das Recht, dass mich niemand mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt*. Doch auch in Wettkämpfen kommen einem Nordic-Walker in die Quere, wenn ihr Wettbewerb im Rahmen der Gesamtveranstaltung dieselbe Strecke nutzt und eine zeitliche Entflechtung nicht möglich ist. Da erlebst du jede Form von Gedankenlosigkeit, Rücksichtslosigkeit und Dummheit. Obschon schriftlich und mündlich immer wieder darauf hingewiesen wird, wie sich Walker auf der Strecke zu verhalten haben, läufst du Slalom. Und den musst du weiträumig laufen, sonst hast du früher oder später einen Spieß im Bein stecken. Manchmal ist es "nur" Gedankenlosigkeit, was du merkst, wenn du im Vorbeilaufen motzt. Etwa, weil gerade wieder eine außer Kontrolle geratene titanbewehrte Stockspitze in Richtung deines Unterschenkels sticht. Wenn dann eine kleinlaute Entschuldigung folgt, hat jemand erkannt, dass er hätte aufpassen müssen. Und wahrscheinlich tut er das dann auch für die nächste Viertelstunde. Bis er wieder ins Brüten verfällt und sich nicht mehr bewusst ist, dass er Waffen in Händen hält, die auf eingegrenzte Weise bestimmungsgemäß und vor allem vorsichtig zu nutzen sind. Manchmal wird deine Beschwerde aber auch nur mit Unverständnis behandelt. Dann weißt du, dass bei diesem "Sportler" Hopfen und Malz verloren sind.
Mittlerweile ahne ich solche Situation meist voraus. Nicht nur mit Nordic Walkern. Das bringt die Erfahrung mit sich. Bin z.B. auf Waldwegen durchaus darauf vorbereitet, dass plötzlich ein rasender Schwachkopf mit seinem Rad die Kurve schneidet. Bislang habe ich alles unbeschadet überstanden. Auch mein Hund übrigens, der ja einen noch niedrigeren IQ besitzt als ich, auf den ich demzufolge auch noch aufpassen muss.
Womit ich übrigens noch keine Erfahrung habe sind E-Roller. Ich erwarte jedoch trainingsstündlich die erste entsprechende Begegnung - vermutlich draußen im Wald - und bin schon sehr gespannt wie ich sie erleben werde ...
Ich wünsche euch allen für 2020 fröhliches Laufen und Überleben
Gruß Udo
*) Die Formulierung stammt übrigens nicht von mir, wie jeder (?) Autofahrer weiß. Hab sie in §1 der Straßenverkehrsordnung geklaut