leviathan hat geschrieben:Und genau an diesem Punkt teile ich Eure Meinung nicht. 80min in der Intensität x% z.B. von der HRR sind eben x%. Da ist völlig irrelevant, ob man in der Zeit 10km oder 20km zurücklegt. Es ist die gleiche Belastung.
So einfach ist das nicht. Dafür müsste man ganz viele Faktoren betrachten, z.B:
- Wie nahe an der über diese Dauer möglichen maximalen Leistung liegt dieser Lauf?
- Wie nahe an der maximal möglichen Distanz (sowohl in diesem Tempo als auch allgemein)?
- Welche Belastungen ist diese Person gewohnt (sowohl in Bezug auf das Herz-Kreislaufsystem als auch muskulär)?
Ganz allgemein muss man zudem unterscheiden zwischen interer und externer Belastung. Die externe Belastung entspricht dabei vereinfach gesagt der verrichteten Arbeit, also z.B. welche Strecke zurückgelegt oder welches Gewicht gehoben wurde. Die interne Belastung hingegen ist die Reaktion des Körpers (und der Psyche!) auf diese externe Belastung. Herzfrequenz, Sauerstoffverbrauch, Blutlaktat, Hormone, Muskelschaden oder auch Anstrengungsgefühl können alle einen Hinweis auf diese interne Belastung geben, bilden jedoch immer nur einen Teil davon ab.
Um das auf dein Beispiel anzuwenden: nicht nur unterscheidet sich die externe Belastung massiv, du kannst auch davon ausgehen, dass die interne Belastung nicht die gleiche sein wird, nicht zuletzt weil aufgrund des Tempounterschieds ganz andere Kräfte wirken. Außerdem ist für das doppelt so hohe Tempo auch eine viel höhere Leistung nötig – in anderen Worten: deutlich mehr geleistete Arbeit bzw. aufgewendete Energie. Es kommt aber z.B. auch noch dazu, dass jemand, der in 80 min 20 km zurücklegen kann ziemlich sicher über eine Fitness verfügt, die es dieser Person ermöglicht, für deutlich längere Zeit deutlich näher an der absoluten maximalen Leistungsfähigkeit unterwegs zu sein. Will heißen: Die maximale Leistung über eine Stunde ist bei dieser Person deutlich näher an z.B. der maximalen Leistung über 5 Minuten als bei der Person, die in 80 Minuten nur 10 km zurücklegt. Auch da gilt es wieder zu betrachten, was letztendlich die Ursachen dafür sind, dass man ein bestimmtes Tempo nicht länger halten kann: liegt es am Herzkreislaufsystem (und da eher zentral oder peripher?), sind die Ursachen muskulär oder neuromuskulärer Art?
leviathan hat geschrieben:Das ist auch der Grund, warum Lydiard in seinen Plänen irgendwann von Distanz auf Zeitvorgaben gewechselt hat.
Aber nicht, weil 80 Minuten für alle "gleich" sind. Die Unterschiede in der internen Belastung sind so aber natürlich deutlich kleiner und letztendlich ist diese schon entscheidender als die externe Belastung. Wobei man natürlich argumentieren könnte, dass es der Wettkampfdistanz herzlich egal ist, wie deine interne Belastung im Training aussah. Aber zumindest absolviert bei Lydiard-Training nach Dauer niemand lange Läufe von über 4 h Länge.
leviathan hat geschrieben:Ich betrachte auch einen 3h Wettkampf als Ultra. Davon ist völlig losgelöst, ob man da 30, 40 oder 50km zurücklegt. Eine andere Betrachtung empfinde ich intuitiv falsch.
Das liegt dann aber einfach daran, dass du für dich ganz persönlich Wettkämpfe über die Dauer definierst und nicht über die Distanz. Da bist du definitiv in der Minderheit. Ich bezweifle auch, dass sich das durchsetzen wird.
Wie bei so vielen Themen gibt es aber auch hier kein eindeutiges "richtig" oder "falsch". Naja, vielleicht abgesehen von einer zu einseitigen Betrachtungsweise. Die ist eigentlich fast immer falsch.