Rolli hat geschrieben:
Mich erschreckt die Tatsache, dass die hier geäußerte Thesen keinen außer mir aufschrecken. Grundliegenden Trainingstheorien werden ausgehebelt und keine meldet sich...
Ausgehebelt werden vielleicht schlechte Begründungen, möglicherweise auch Teile von Theorien, oder auch einige Modelle, und zwar, weil sie einfach nicht in sich stimmig und logisch sind. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass das darauf beruhende Training nicht funktioniert. Es könnte aber bedeuten, dass es aus ganz anderen Gründen funktioniert, als sie und viele andere vermuten. Vielleicht auch, dass es bei einigen Theorien noch sehr viel Luft zum optimieren gibt.
Kurz ein Beispiel:
Früher dachte man, die 800m seien etwa 33 % Aerob und 67 % anaerob. Heute wissen wir , dass es eher umgekehrt ist- Das schnelle 800m training, dass wir die ganze Zeit sehr anaerob hielten, ist gar nicht so anaerob. Ob das was an der Wirksamkeit der Einheiten ändert? Möglicherweise weniger: Wer 800 in 2' laufen will, wird immer noch davon profitieren, 4*400 in 60s mit 5 min Pause zu laufen.
So und jetzt muss ich mal sehr genau werden, weil das einfach ein wenig nervt. Das war dein Vorwurf:
Rolli hat geschrieben: eine andere Trainingsstruktur sofort als falsch oder sogar sinnlos zu bezeichnen ist mir zu "einfach".
darauf ich
DerC hat geschrieben:
Wo habe ich das getan?
Darauf hin führtest du zwei Stellen an, an denen ich gewisse Annahmen als falsch bezeichnet habe, die aber nicht zu deinem Vorwurf passen:
1. Die Annahme, dass man "Grundlage" am besten mit langen und langsamen Einheiten trainieren würde. Das ist m. M. n. einfach falsch. Alle schnellen Ausdauereinheiten wirken auch positiv auf die "Grundlage"
2. Die Annahme, der Stoffwechsel-Mix, den wir für einen schnellen Marathon brauchten, werde am besten trainiert, wenn man sehr langsam liefe. Für mich auch falsch.
Das ist weiterhin meine Meinung. Aber:
Das Wort
sinnlos kam in diesen Aussagen nicht vor, ebenso wenig das Wort
Trainingsstruktur. Es ging um
Annahmen, die dann zusammen mit einer Menge anderer Hypothesen zu verschiedensten Trainingsstrukturen führen können. Ob die Trainingsstrukturen dann falsch oder sinnlos oder vielleicht nur ein wenig suboptimal oder vielleicht sogar gut, ist eine ganz andere Frage.
Es gibt gerade bei umfangreichen Training gute Gründe, auch mal locker zu laufen. Nur bedeutet
locker nicht unbedingt
langsam oder gar
joggen, und zweitens ist keiner von diesen Gründen der, dass der Stoffwechsel für einen schnellen Marathon oder die Grundlage durch das langsame laufen besser trainiert würde als durch schnelleres.
Es gibt einen ganz simplen Grund für lockeres Laufen: Wir schaffen es nicht, jede Einheit schnell und hart zu laufen, und locker (von mir aus auch mal langsam) laufen ist immer noch besser als gar nicht laufen. Also füllen wir den Platz rund um die richtig schnellen und harten Einheiten mit lockereren Einheiten - als notwendige Notlösung. Und diese müssen nicht möglichst langsam sein – sonst könnten wir ja gleich Spazieren gehen. Sondern
so langsam wie nötig und so schnell wie möglich.
Mit dem von mir kritisierten Modell kann man erklären, warum man sich auch mit langsamem Laufen verbessern kann. Das habe ich nie bestritten, nur zu recht darauf hin gewiesen, dass es da Grenzen gibt. Wenn es die nicht gäbe, würden Profilangstreckler 400k/woche oder mehr langsam laufen, ganz ohne Tempoeinheiten.
Aber man kann mit diesem Modell schwer erklären, warum Läufer im Marathon scheitern, obwohl sie brav ihre langen langsamen Läufe und ihre "Grundlage" gemacht haben. Man kann schwer erklären, warum Läufer, die fast immer ziemlich schnell liefen, so zu einer sehr hohen Ausdauer gekommen sind. Man kann nicht so gut erklären, warum in Tests in denen die Vergleichsgruppe intensiver trainierte, die intensiver trainierenden in den anschließenden Ausdauertests so gut wie immer besser abschnitten.
Und wenn wir feststellen, das unser Modell zu wenige der Dinge, die wir untersuchen, erklären kann, brauchen wir ein anderes, vielleicht auch mehrere. Denn nur selten finden wir ein Modell, dass die komplexe Wirklichkeit so gut abbilden kann, dass wir damit alle von uns untersuchten Gegenstände erklären können.
Rolli, Wenn das langsame Laufen so toll wirkt, warum machst du dann Tempoeinheiten?
Wenn der lange langsame Lauf den Stoffwechsel für den Marathon perfekt trainiert, warum hast du dann Einheiten im MRT gemacht?
Wenn man "Grundlage"am besten oder gar nur durch lange und langsamen Einheiten trainieren würde, dann hätte ich keine "Grundlage". Dann hätte ich mein Training in der Vergangenheit nicht durchhalten können, hätte im Marathon aufgeben müssen, hätte den BGL nicht durchgehalten und und und.
Natürlich bin ich ein ganz unwichtiges Beispiel, es gibt zig wichtigere und erfolgreichere, die ich anführen kann, von 5000m Olympiasieger Bob Schul, der nur Intervalle trainierte bis El Gerrouj, der die meisten DL in 2'50 bis 3'10 hämmerte. Woher hatten die die Ausdauer? Wieso konnte Coe 30km im Training in ca. 3'20/k laufen, sein ganzen schnelles Training hätte doch die "Substanz" kaputt machen müssen?
Man braucht aber nur
ein Gegenbeispiel, um festzustellen, dass das Modell, dass du meinst verteidigen zu müssen, nicht
allgemein gelten kann.
Später gehe ich noch auf deine Links ein - heute wohl nicht mehr.
Gruß
C.