burny hat geschrieben:
Falls du damit mich meinst (du zitierst mich ja):
In der diesjährigen Vorbereitung auf den 89 km-Comrades lag mein Schnitt bei 105 km pro Woche (peak 136)
und dann nochmal in Vorbereitung des 100 km-Laufs in Hanau 118 km pro Woche (peak 165).
Nein ich meine nicht dich, ich weiß, dass du mehr läufst.
burny hat geschrieben:
Aber warum? Das meine ich jetzt nicht als rhetorische Frage. Warum sollen immer mehr km jede Grenze überschreiten lassen? Mit dieser Logik könnte (fast) jeder (fast) alles laufen: Der über 3h-Läufer unter 3, wenn er auf 170 km steigert, der über 3:10-Läufer erst mal unter 3:10, wenn er auf 170 km geht und (nochmal auf 200? 220? 250? Km gesteigert,) dann auch unter 3 h etc.
Natürlich nicht jede Grenze - das habe ich auch nie geschrieben. Aber wenn man knapp davor ist und noch nie so viel gelaufen ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass der Kandidat es mit einer solchen Umfangssteigerung schafft, falls er sich nicht verletzt - weil das eben schon viel Holz ist. und ja, natürlich nur falls er das verträgt.
Es gibt für jeden ein Limit, dass man natürlich auch nicht mit 300k/woche brechen kann. Es ist in erster Nährung eine Logarithmische Kurve. Da das (Trainings-) Alter auch ein Faktor ist und man die Verletzungswahrscheinlichekite berücksichtigen muss steigt sie nicht unaufhörlich.
Aber versuchen wir erst einmal nur Werte zu betrachten, die den sinkenden Ertrag der Umfangssteigerung beschreiben könnten:
Wenn einer mit 120k 3:01 schafft könnte das in etwa so aussehen (total spekulativ aus der Hüfte geschossen, habe eine wenig mit 10er Logarithmen und vdot improvisiert)
Bei 120k 3:01
Bei 140k 2:56
Bei 170k 2:50
Bei 200k 2:46
Bei 230k 2:42:30
Möglicherweise wird das nicht möglich und bei den 2h50 Schluss sein,weil da eben noch andere Parameter dazu kommen und die Verletzungswahrscheinlichkeit zu hoch wird. Natürlich kann man solche Formeln noch deutlich besser machen.
Und jetzt zu "eben mal 50km drauf legen": Das geht für eine Trainingslagerwoche meist schon. Aber um auf die ganz großen Umfänge im Schnitt zu kommen, sollte man das natürlich anders machen.
burny hat geschrieben:
Aber auch von denen, die keine Verletzungen erleiden, die zum Abbruch zwingen, werden viele (Vermutung 2: die meisten) die Erhöhung nicht unbeschadet überstehen. Mal angenommen, jemand steigert von 120 km pro Woche (12-Wochenschnitt) auf 170 km pro Woche dadurch, dass er nur die Füll-km erhöht und die Tempo-km beibehält. Bereits das ist eine enorme Zusatzbelastung.
Ich würde niemandem raten, von 120k auf 170k in kurzer Zeit zu steigern. Die meisten Überlastungserscheinungen resultieren nicht aus dem Umfang an sich, sondern aus zu schneller Steigerung.
Wenn man mal von 10-15% steigerung pro Halbjahr ausgeht kommt man z.B. auf
120k bis Herbst 2012
135k + 12,5 % Frühjahr 2013
150k + ca 11% Herbst 2013
165k + 10% Frühjahr 2014
180k + ca. 9 % Herbst 2014
Man braucht also etwa 2 Jahre für diese Steigerung - 2 Jahre in denen dazu alles ziemlich glatt gehen mus, genügend Zeit vorhanden, keine schweren Krankheiten und Verletzungen etc.
Wenn man noch die Zeit einrechnet, die man braucht um von 0 auf die 120k zu kommen, ist man insgesamt wohl meist bei mindestens 5 Jahren, eher mehr.
In der Zeit kann man dann auch nicht nur die Fülleinheiten steigern... wobei es normal ist dass die Intensität im Schnitt über alle Einheiten etwas abnimmt, das ist kein Problem.
In der Regel sollte die Umfangsentwicklung in einer Laufkarriere in etwa so sein:
Erst wird mit einem höheren Intensitätsanteil aufgebaut, dann nimmt mit steigendem Umfang die durchschnittliche Intensität ab. Dann wird irgendwann der Umfang stabilisiert und nur Feinschliff vorgenommen. (In der Phase ist man in den allermeisten Fällen aber nicht mit 40 Wochenkm und auch nicht mit 70 Wochenkm). Nachdem man dann so 5-7 Jahre gebraucht hat, um auf den Maximalumfang zu kommen, wird in der letzten KarrierePhase, in der noch steigerungen möglich sind, der Umfang reduziert und der Intensitätsanteil wieder erhöht.
Je höher des Lebensalter, mit dem man anfängt, desto schwieriger wird es natürlich sein, noch auf die ganz großen Umfänge zu kommen.
Meine Beobachtung ist, dass die Grenzen auch in der Vorstellungskraft liegen. Als ich 3mal in der Woche gelaufen bin (25-30k/Woche), konnte ich mir 100km Wochen nicht vorstellen. Etwa 1,5 Jahre später hatte ich die erste absolviert. Genauso kann sich jemand, der regelmäßig 100er oder 120er Wochen macht, oft 160er oder 170er kaum vorstellen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass es nicht möglich ist.
Eigentlich ist es jedem klar, dass man besser wird, wenn man viel Zeit mit Üben verbringt. Nur beim Laufen brauchen viele komischerweise die abenteuerlichsten oft pseudowissenschaftlichen Begründungen. Es ist prinzipiell vollkommen egal, um welche Strecke es geht: Man muss immer in etwa so viel Trainieren, wie verletzungsfrei geht, ohne dass die Qualität zu sehr leidet. Dabei kann der Umfang eines eher langsamen, robusten 800m Läufers weit über dem eines "von unten schnellen" jungen Marathonläufers liegen - und es kann dennoch für beide das richtige Rezept sein. Natürlich ist der Umfang der 800m Läufer im Schnitt geringer als der der Marathonläufer au ähnlichem Leistungsniveau - weil das Tempotraining für die 800m Läufer noch frischere Beine erfordert.
Das Prinzip, Umfänge nur oder in erster Linie nach Strecke und Zielzeit zu bemessen, berücksichtigt die Individualisierung viel zu wenig.
Und ein Amateur ist laut Wortbedeutung eigentlich einer, der seinen Sport liebt, ihn aus Liebe zum Sport betreibt. Warum sollte der so wenig wie möglich laufen wollen? Ist es nicht also gerade für amateure logisch, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten so viel wie möglich laufen, weil sie eben gerne laufen? Ist immer entscheidend, ob ein Lauf für das Ziel hilft oder nicht?
Gruß
C