Laufschlaffi_II hat geschrieben:Zwar mit fast ½ Jahrhundert Erfahrungen auf dem Buckel, aber hat wahrscheinlich noch niemals Jack Daniels gelesen.
Hat ihm bestimmt sein Bruder Manfred verboten.
Hehe... soweit ging er sicher nicht. Aber Manfred war sicher der größte Einfluss auf Herbert und dadurch auch van Aaken, der beide geprägt hat.
Wenn man es extrem simplifiziert, gab es in den 60ern drei große Trainingsphilosophien:
1. van Aakens "Waldnieler" oder "reine Ausdauermethoede": viel Umfang, langsame DL gelten als gesund und sehr nützlich, Intervalltraining gilt als schädlich und gefährlich, schnelles Training erst spät in der Saison. Das ist der mit Abstand größte Einfluss der Steffnys.
2. Intervallmethode, besonders geprägt von Gerschler/Reindell in Freiburg, dann nach dem Krieg von Zatopek und Igloi. Intervalltraining wird teils auch mit hohen Umfängen kombiniert, geniesst höchste Priorität und wird immer weiter variiert und verfeinert, wird auch in geringeren Intensitäten durchgeführt um Überlastung zu vermeiden.
3. Lydiards Methode: Strenge, ausgefuchste Periodisierung mit viel Umfang und relativ wenig Tempo in der Grundlage, kompliziertes System der Belastungssteuerung (oder einfach running by feel?), Intervalltraining wird skeptisch gesehen und nicht besonders verfeinert.
(Zu obigem: Achtung, extreme verkürzte Darstellung so ganz schnell aus dem Gedächtnis).
Bei den Sommerspielen 64 in Tokyo hatten alle 3 Schulen ihre Medaillengewinner: Norpoth unter van aaken Silber über 5000m, Bob Schul Gold über 5000 (Igloi), Snell mit Gold über 800 und 1500. (Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, gab ja viel mehr Medaillen und fast alle haben zumindest entfernt nach einer der drei Richtungen trainiert)
Gerade in D gab es immer wieder heftigen Streit zwischen den Anhängern der Freiburger und der Waldnieler Methode. Teilweise waren die Grenzverläufe in der Folge auch ähnlich zwischen Volks- und Straßenlaufszene auf der einen und der dem Intervallltraining aufgeschlosseneren Bahnszene.
Man hat sich da teilweise geweigert die Dinge realistisch zu sehen: Wegen der großen Umfänge bewunderte auch der Waldnieler Kreis Zatopek, obwohl der viel davon in Intervallen machte. Auch die andere Seite beanspruchte die Intevallszene Zatopek wegen der Intervalltrainings quasi für sich.
Man könnte Daniels als eine extrem weiterentwickelte Version von Lydiard betrachten, das ist jedenfall die Tradition, der er imo am nächsten steht. Bei Lydiard gibt es ja ein Schema, mit wieviel Anstrengung man laufen soll. Viele, die noch bei ihm trainierten, beschrieben das aber so, dass es eigentlich mehr nach Gefühl und Tagesform als nach dem Schema ging. Daniels ist dann hingegangen und hat das für seine leichten Tage bzw L -Pace auch so formuliert, dass es ein breites Spektrum täglich nutzbarer DL-Tempi gibt.
Bzgl der langen Läufe wurde das von Lydiards Läufern sobeschrieben, dass lange Läufe zu beginn des Grundlagentrainings (Marathon conditioning hieß es bei Lydiard) ziemlich langsam waren.Am Ende des trainings waren die Läufe dann deutlich flotter. Das lag dann nicht nur an der reinen verbesserten Laufform, sondern natürlich wurden die Läufe in höherem Tempo dann auch besser verkraftet und man hat eine höhere Sicherheit gehabt, durchzuhalten. D. h. mit steigender Form wurden die Läufe wahrscheinlich nicht bei derselben, sondern höherer relativer Intensität gelaufen (z. b. sowas bei 80% HfMax im Schnitt statt 75%).
Wir haben also gerade bei langen Läufen noch einen Grund, es erst einmal locker angehen zu lassen: Wir wollen die Sicherheit haben, ohne Gehpausen ins Ziel zu kommen, und nachher auch das Erfolgserlebnis, das geschafft zu haben. (Es geht auch mit Gehpausen siehe Jeff Galloway).
Daher kann es vor allem für Anfänger sinnvoll sein, ein langsames Anfangstempo zu wählen, vor allem, wenn große Distanzen zum ersten oder zweiten mal bewältigt werden. Meiner Meinung nach ist man da oft relativ schnell kein Anfänger mehr in diesem Sinne .... mein erster Trainingslauf über mehr als 25km war eine katastrophe mit langer Gehpause ... einige Wochen später lief ich 35km in recht zügigem DL-Tempo.
Übrigens, ich halte das "Fast alle Laufanfänger laufen zu schnell." für ein Klischee, dass bei näherer Überprüfung nicht für die breite Masse gilt. Das wird eben ähnlich gerade auch von Steffny usw verbeitet, um den Menschen den Druck und die Angst zu nehmen. Man hat sich schon die idiotischsten Argumente für das Langsame Laufen ausgedacht, weil man denkt, dass die besser ziehen. Für mich gibt es im wesentlichen nur zwei wichtige Argumente:
- Wir wählen das Tempo so, das wir auch im langen lauf die geplante Distanz durchhalten, ohne langsamer werden zu müssen.
- Wir wählen das Tempo der DL so, dass die Erholung von vorherigen Einheiten und die erfolgreiche Bewältigung kommender Einheiten nicht zu sehr beinträchtigt wird.
Und eins noch: Vielleicht steigern eher zu viele Anfänger die Distanz zu schnell. Warum müssen es so bald 15km sein, ein HM-WK, gar ein Marathon? Es ist viel leichter, für lange Strecken zu trainieren, wenn man erst einmal ein etwas höheres DL-Tempo etabliert hat. Meiner Meinung nach braucht man das Tempo für lange Läufe nicht gegenüber normalen DL reduzieren, wenn die Länge passt. D. h. andersherum: Schaffe ich den langen Läufe nicht im Tempo der "normalen" Läufe, ist der lange Lauf zu lang oder das normale Tempo zu hoch.
gruß
C