Vorgeplänkel
Pfitzinger sieht ja zwei und vier Wochen vor dem Ziel-HM je ein "10k Tune-up Race" vor. Durch meine Streckung seines Plans (nebst Verfügbarkeit von Wettkämpfen überhaupt) ergab es sich, dass der erste dieser 10k-WK der in St. Leon Rot vor 2,5 Wochen war, also 5 Wochen vorm HM. Zu einem zweiten WK habe ich keine Lust (bin nicht so der große Event Hopper). Also steigt heute ein "als-ob-" Testlauf über 10k, ebenfalls voll gelaufen. Vor zwei Wochen war ich einen Schnitt von 6:03/km (auf GPS-Basis) gelaufen, nämlich 1:00:22 für 10,00 km auf meiner Uhr, Das reichte bis 150m vorm Ziel, bzw. 50m vor der Abschlussrolle. Ich würde heute schon gerne die sub 60 sehen, auch wenn das wegen des GPS-Fehler natürlich nicht zählt. Also werde ich heute mit 6:00/km anlaufen und ab der Hälfte schauen, was passiert.
Nach dem Sturm des letzten Wochenendes kehrt das Wetter wieder seine Schokoladenseite heraus, nur deutlich kühler ist es geworden. Heute morgen gegen 8:00 Uhr waren's bei uns draußen 5,6 °C *schluck*. Das riecht nach langer Hose und Laufjacke - Ogottogottogott, watt soll dat denn ???
Ich schiebe das Ganze noch etwas vor mir her und beobachte, wie die Temperatur nur ein Zehntelgrad ums andere mühsam klettert. Das kann ja heiter werden. Und dann habe ich die Idee, das Problem logistisch zu lösen. Ich parke ja an meiner Flachstrecke normalerweise in Kochertürn am ehemaligen Bahnhof, laufe dann 2,1 km bis auf den "Gipfel" meines Maulwurfshügels und 400m wieder runter, um dann unten meine Tempoarbeit zu beginnen. Aber 2 km bei 9°C im Schatten in kurz/kurz ? *schauder* Also fahre ich heute einen Umweg bis direkt auf den Gipfel meines Maulwurfshügels und parke dort.
Für's Einlaufen ziehe ich die Jacke an und trabe langsam den Berg runter. Und ja, in die Büsche muss ich auch wieder mal.

. Es folgen 4 Steigerungen und ein bisschen Trab und kurz vor dem Maulwurfshügel mit meinem Auto drauf noch eine 5. Steigerung am (flacheren) Hügel. Schön was trinken, Jacke weg und die gerne unterschätzte Kraft der Sonne genießen. Mir ist jetzt - vor allem auch wegen eines steten Ostwinds (2 Bft) zwar immer noch etwas frisch, ich merke aber, wie die Sonneneinstrahlung trotzdem den Pelz wärmt. Soweit alles richtig gemacht. Ich trödele den Maulwurfshügel runter. Ich starte die Uhr nochmal neu, damit die KM-Splits korrekt auf dem 10k-Abschnitt liegen. Ein bisschen mulmig ist mir schon bei dem Gedanken, was mich heute wohl erwarten mag. Erinnerungen an St. Leon Rot werden wach ...
Das "Rennen"
Es hilft nichts, los geht's. Obwohl ich mich von Anfang an bremse, bin ich erstmal wieder zu schnell, aber nach weniger als 200m ist das behoben. Die ersten 500m sind mit 5:58/km schon fast perfekt, der ganze erste KM wird mit 6:00 eine Punktlandung. Der zweite gerät ein Sekündchen schneller, 5:59. Und schon folgt die erste Wende bei 2,5 km. KM 3 dann in 5:58. Heute treffe ich das Tempo ganz von selbst, mit traumwandlerischer Sicherheit, und so geht es weiter - 6:00, 5:59. Ich muss nicht groß nachsteuern, muss nur konzentriert bleiben.
Das klingt alles so, als wäre das jetzt ein Spaziergang. Ist es aber nicht - mitnichten und mitneffen (wie einer meiner Pauker immer zu sagen pflegte). Der eine oder andere Gedanke, ob ich 10 km durchstehen werde, schleicht sich so ab KM 3 oder 4 immer wieder mal ein. Aber solange das Tempo stimmt, lassen sich diese Gedanken leicht beiseite schieben - Horst hat es wirklich schwer heute. Des aaaaarme, arme Hundle!
Als die Hälfte geschafft ist, erneute Wende um die bisherige Strecke nochmal zu wiederholen. Ich werde zuversichtlicher, denn es geht wie am Schnürchen weiter - 5:58, 5:58. Letzte Wende bei 7,5 km, 6:00 für den achten. Der vorletzte KM gestaltet sich dann etwas heikel. Auf einem Minianstieg bin ich mal unkonzentriert und falle auf 6:04/km für die erste Hälfte ab. Das will ich umgehend korrigieren, zumal es nun genauso minimal wieder bergab geht. Just in dem Moment setzt ein Hauch von Seitenstechen ein (hatte ich seit 35 Jahren nicht mehr!) und nimmt langsam zu, insbesondere beim tiefen Einatmen. Ohne ganz tief durchzuschnaufen kann ich das hier aber knicken und so richte ich mich darauf ein, die Sache nach KM 9 (der bei 6:04 kleben bleibt) würdevoll zu beenden. Aber kaum piepst die Uhr diesen Kilometer ab, ist der Spuk so schnell verschwunden wie er gekommen war. Fast etwas enttäuscht stelle ich (ähm ... Horst) fest, dass ich jetzt doch noch einen weiteren Kilometer rennen muss. Denn das fällt mir inzwischen doch schon verdammt schwer. Aber die Beine machen weiterhin erstaunlich munter mit und auf dem letzten KM geht ja mit'm Kopp auch immer noch was. Und sowas geht auch heute, nämlich 5:55.
Erst zu Hause merke ich, dass die Pulsaufzeichnung wieder mal totaler Schrott ist. KM 1, 2, 3 und 6 sind völlig unbrauchbar - absolut stochastisches Rumgeblödel. Demnach soll ich, als es gerade richtig gut lief, für 2,5 min. unter 40 bpm unterwegs gewesen sein.

Zwischendrin kommen dann wieder kürzere Passagen, die plausibel aussehen - sowohl vom Verlauf der Pulskurve her wie auch von der Höhe der dabei erreichten Werte. Solche seltenen Lichtblicke habe ich als ein Art Best Guess in untenstehende Tabelle eingetragen, auch wenn sie bis auf KM 10 keinen vollen KM-Schnitt repräsentieren. Von 8,70 km bis zum Schluss war die Pulskurve urplötzlich wieder top plausibel und eindeutig, mit einem Schnitt von 172 / 180 = 95,6% auf den letzten 600 m.
KM |
Plan-Pace |
Ist-Pace |
HF/180 bpm |
Bemerkungen |
1 |
6:00 |
6:00 |
--- |
|
2 |
6:00 |
5:59 |
--- |
|
3 |
6:00 |
5:58 |
--- |
|
4 |
6:00 |
6:00 |
88,3 % |
|
5 |
6:00 |
5:59 |
90,6 % |
|
6 |
6:00 |
5:58 |
--- |
|
7 |
6:00 |
5:58 |
91,7% |
|
8 |
6:00 |
6:00 |
93,3 % |
|
9 |
6:00 |
6:04 |
93,9 % |
Seitenstechen ? |
10 |
6:00 |
5:55 |
95,0% |
geht doch |
10,00 - 10,08 |
6:00 |
5:49 |
96,4% |
diesmal ohne Seitrolle ... |
Nachgeplänkel
Nun ist erstmal eine Steh- und Gehpause von ca. 4 min. fällig. Das Frühstück möchte kurz anklopfen, überlegt es sich dann aber anders. Dann trabe ich wieder los, um die letzten 2,5 km hinter mich zu bringen. Und das haut mich fast vom Hocker - hatte ich erwartet, nun auf allen Vieren kriechen zu müssen, so geht jetzt alles ganz locker vom Hocker. Die Beinchen jubeln "Hallo, wir hamm' noch Lust!". Ich schaue auf die Uhr: 6:45/km, Tendenz schneller werdend. Also gut, das könnt ihr haben! Da die Körperhaltung nicht mehr so ganz optimimal ist, gehe ich mal kurz sämtliche Mantras meiner Lauftechnik durch, ohne bewusst aufs Tempo zu drücken. Allein dadurch bin ich sofort unter 6:20/km und es fühlt sich hammergeil an! Der erste Auslauf-KM geht mit 6:23 weg, wobei ich den noch ziemlich langsam angegangen war - die zweite Hälfte dieses ersten KM lief tatsächlich in 6:14/km. Das ziehe ich ganz entspannt noch einen weiteren Kilometer durch, 6:16. Erst jetzt so langsam wird die Lauferei etwas hölzern und ich schleiche die letzten 500m - den Maulwurfshügel hinauf - in 8:25/km hoch.
Insgesamt 16,3 km mit 20 Hm, davon 10,00 km in 59:45, also 5:59/km. Der Lauf war hart, aber nicht zu hart, da jederzeit kontrolliert - gefühlt die absolute Hammer-Einheit ! Zum Vergleich: Vor zwei Wochen brauchte ich für ersten 10,00 km (nach GPS, wie heute) 1:00:22. Da war ich heute 37s drunter und fühlte mich ab spätesten KM 3 um so vieles besser. Wäre heute ein Wettkampf gewesen, ich glaube ich hätt's heute gepackt. Hätte, hätte, Fahrradkette.
P.S.: Schuhe ? Kinvara 9 natürlich.

Die werden ich auch beim HM anziehen!