Durchbeißerin hat geschrieben:Zwischen ab und zu kritisch reflektieren- und permanent zersägen sind Nuancen denkbar. Seit ich das erste Mal in der FAZ über Koko gelesen hab, verfolge ich ihre Entwicklung. Aus meiner Sicht sehe ich da nichts, was mich ins Grübeln bringen könnte. Der Leistungssprung scheint mir vollkommen folgerichtig. Was aus meiner laienhaften Perspektive gefehlt hat, war Selbstbewusstsein, kluge Renneinteilung und am Anfang der Saison noch Tempohärte - das Rennen gegen Laura Muir war schon sehr stark - und vermutlich wachsen einem da einfach auch Krallen in übertragenem Sinn. Irgendetwas scheinen die ja sehr richtig zu machen in Oregon - und man könnte hierzulande vielleicht mehr davon lernen, wenn man nicht reflexhaft "Doping" schreien würde - was mir wie das Pfeifen im Wald vorkommt...
Da triffst du für mich den Nagel auf den Kopf.
Deine "laienhafte" Perspektive betrachtet das Ganze schonmal für einen deutlich längeren Zeitraum als es die Artikel der Zeitungen machen und als es die Stammtischparolen-Rufer machen.
Wer Koko einmal in Realität laufen gesehen hat, wird vielleicht nachvollziehen können, warum die Leistungssteigerungen in 2019 zumindest nicht absolut unvorstellbar sind.
Ich war in Dortmund, als sie im Februar 2018 in der Halle 3000m in 8:36 gelaufen ist - im Alleingang ohne Pacemaker, mit 21 Jahren.
Und jetzt läuft in einem hochklasisg besetzten Rennen ein Pacemaker(/in?) auf den ersten 1000m eine 2:45 an, Koko läuft taktisch klug, spart Kraft indem sie einfach in der Gruppe mitläuft (und jetzt mal nicht Frontrunnerin spielt und sich als Hase verheizen lässt) und dann geht am Ende die Post ab.
Alle Läufer/innen, die mal in einer starken Gruppe ein (Bahn)Rennen gelaufen sind, müssen doch wissen, wie stark diese Gruppendynamik während eines Rennens einen nach vorne pushen kann. Oder wie kommen ansonsten Bestzeiten zustande?
Dazu kommen noch die von dir und mir genannten Gründe...
Und dann kommen die "Spezialisten", werfen eine These in den Raum und sagen dann: "das darf man ja wohl noch sagen dürfen!"
Im Februar 2018 war die "deutsche Welt" noch in Ordnung. Die "kleine Koko" hat noch in Deutschland trainiert, war für alle das "sympathische Mädchen", das so schnell laufen kann. Im Alleingang schnappt sie sich den deutschen Rekord und alle jubeln ihr zu. Damals war kein Stück davon die Rede, dass da irgendwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Unisono wurde festgestellt: "das ist ein Jahrhunderttalent, die kann das einfach".
Die Mentalität "wir hier in Deutschland trainieren doch schon so gut, hart und professionell! Wenn dann jemand noch schneller ist, kann das nicht mit rechten Dingen zugehen!" zeigt sich in diesem falle jetzt ganz deutlich.
Kritik an den Strukturen im Hochleistungssport sind in Deutschland unerwünscht. Lieber frötzelt man über andere her und übt sihc inc unterschwelliger Kritik, die man dann später wieder relativiert: "war ja gar nicht so gemeint".
Vielmehr sollten wir mal schauen, welche Strukturen bei uns im Leistungssport herrschen und welche in anderen Ländern.
Im Falle von Koko wird dieser Struktur-Unterschied deutlich.
Insgesamt kann man eine Rechnung aufstellen: eine höchst talentierte Läuferin (2018: 8:36/3000m) + extreme Motivation + ein hochprofesionelles Umfeld + ein hochklassig besetztes Rennen + eine sehr gute Tagesform = Höchstleistungen, 8:20/3000m.
Und nochmal zur Klarstellung: auch ich kann natürlich nicht 100%ig sicher sein, dass bei Koko in Amerika alles mit rechten Dingen zugeht. Wenn man Koko jedoch unterstellt, dass ihre Leistungen "verdächtig" seien, dann war das gesamte Rennen in Stanford "verdächtig".
Das wiederum ist aber ein ganz anderes Thema als das, über das wir uns gerade unterhalten. Eingangs ging es nämlich um Salazar/NOP/Koko und nicht um das allgemeine Thema Doping....