Danke Euch allen für die vielen positiven Rückmeldungen zum Bericht. Auch schön, das die Stimmung rüberkommt, das war wirklich super. Ich leite den Dank auch an die Supporterin weiter.
Celtman Swim
Endlich geht es los. Das Startsignal aus dem Megafon ist wie eine Erlösung. Ich tauche ein ins kalte Wasser, das längst nicht mehr so klar ist, wie beim Probeschwimmen, weil über 200 AthletInnen nun ordentlich für Wirbel sorgen. Die Kälte merke ich zunächst nur im Gesicht, es prickelt richtig, leicht schmerzhaft, wie kleine Nadelstiche, aber es ist nicht schlimm. Ich bemühe mich, meine Mantras fürs Schwimmen umzusetzen: Langsam starten, lang machen und ruhig Atmen und ziehen. Nicht durchs Wasser reißen und kein GA2. Das führt dazu, dass ich auf den ersten 100 Metern viel überholt werde und manchen Feindkontakt wegstecken muss. Zum Glück bleibt alles im Rahmen, nach einem heftigeren Schlag gegen meine Brille, der glücklicherweise keine Folgen hat, höre ich sogar ein lautes „Sorry Mate…“.
Ich finde einen guten Rhythmus und nach wenigen Minuten lässt auch das Prickeln im Gesicht nach. Für einen lausigen Schwimmer fühle ich mich gerade ziemlich wohl und schwimme in einem größeren Pulk mit und versuche, mich an meine zweite wichtige Regel zu halten: Oft orientieren. Die grobe Orientierung auf der 3,4km langen Schwimmstrecke ist einfach. Wir schwimmen halt schräg und quer durch einen Atlantikfjord und dabei an zwei Inseln vorbei zum Strand von Shieldaig. Bedeutet in der Theorie: Einfach zuerst zum nördlichen Ende von Insel eins, dann einmal scharf rechts abbiegen und zum nördlichen Ende von Insel zwei schwimmen und dann an dieser Insel entlang direkt auf die Weißen Häuser von Shieldaig zu.
In der Praxis liegen aber zwischen diesen Orientierungspunkten immer 500-1000m und es gibt keine Bojen dazwischen . Also eine großartige Gelegenheit, durch Zickzackschwimmen die Zeit in der Kälte zu verlängern und ordentlich Zusatzmeter zu machen.
Ich versuche also, spätestens alle 10 Züge mal zu schauen, ob der Winkel zur Inselspitze noch o.k. ist. Das funktioniert ganz gut, auch weil ich beim Probeschwimmen gecheckt hab, dass einen die Strömung von der Ideallinie nach rechts drückt, so dass ich eher mal links davon peile.
Und was ist das eine herrliche Kulisse für eine Schwimmstrecke. Leider kann ich das viel zu wenig würdigen, Spaß macht es trotzdem.
Mittlerweile ist das Pulk recht locker, die Schwimmbedingungen sind grandios, kaum Wellengang und ich komme gut voran und hab richtig Spaß mittlerweile. Auf Höhe der felsigen Inselspitze wird es dann plötzlich mühsam, ich komme gefühlt kaum voran. Fühlt sich an, wie gegen eine Strömung anzuschwimmen. Als ich endlich um die Spitze rum bin und am Längsufer vorbei schwimme, läuft es wieder besser. Dafür gibt’s hier mehr Wellen, jetzt bin ich gefühlt im offenen Meer und schlucke gleich mal eine ordentliche Portion Salzwasser. Aber alles gut, Salz werde ich an dem langen Tag eh brauchen.
Dafür wird jetzt die Orientierung schwierig, weil ich über die Wellen und bei leicht beschlagener Brille kein weißes Haus in der Ferne fokussieren kann. Und das Feld ist über 100m breit auseinandergezogen. Also versuche ich, den Abstand zur Insel möglichst gleich zu halten und paddel fröhlich weiter.
Ich hatte echt noch nie so viel Spaß am Schwimmen. Vielleicht hab ich ja ein Kälte-High in meinem Hirn durch Brain-Freeze.
Zwischenzeitlich finde ich sogar für 15 Minuten ein komfortables paar Füße als Wasserschatten, den ich gerne annehme. Das macht wirklich Spaß. Von „Jellyfish infested Water“ hab ich noch nichts bemerkt, nur vereinzelt sehe ich ein paar kleine Quallen, aber nix wildes. Und ich fange an, zu überholen. Läuft.
Es geht immer entlang der Insel, 2km sollten nun rum sein und dann kommt sie langsam doch, die Kälte. Ganz allmählich kriecht sie in den Neo und ich merke sie zuerst an der Oberschenkelaußenseite, auf Höhe der Hüfte.
Gerade, als ich drüber nachdenke: Zack!

Der erste Krampf des Tages trifft mich vollkommen unerwartet. Und sicher nicht zufällig sind es die Abduktoren auf beiden Seiten, an der Hüftaußenseite, dort wo das Kältegefühl war. Mist. Jetzt nur keine Panik . Schlecht ist aus meiner Erfahrung, bei Krämpfen das Schwimmen zu unterbrechen und anzuhalten und versuchen, zu dehnen. Das führt in der Regel zu immer mehr Krämpfen. Ich versuche mich hingegen auf einen lockeren Beinschlag aus der Hüfte zu konzentrieren und einfach stur weiter zu schwimmen. Das hilft nicht sofort, aber irgendwann dann doch. Leider nur bis zum nächsten Orienterungsversuch, es scheint also mit dem Hohlkreuz beim Kopfanheben nach vorne zusammenzuhängen.
Und dann kommen sie doch, die Quallen. Und zwar hunderte, offenbar in der Bucht von Shieldaig zusammengeschwemmt und gross wie Frisbeescheiben. Brennen tut nichts, aber der Kontakt ist irritierend, weil der Widerstand so gross ist. Man stelle sich vor, man versucht im Wasser ein großes festes Neoprenpolster wegzuschieben. Das ist echt Arbeit. Man muss sich echt durchwühlen.
Langsam kann ich die Küste sehen, aber noch keinen Schwimmausstieg. Kann also nicht mehr weit sein, aber gefühlt kommt der Strand unheimlich langsam näher. Wahrscheinlich, habe ich mir später überlegt, gibt es in der Fjordmitte eher eine hilfreiche Strömung, am Rand im flacheren Wasser ist es eher weniger hilfreich bis hinderlich. Aber die anderen kommen gefühlt auch nicht voran, zumindest überholt mich keiner, ich hab aber noch gut Kraft und wirklich kalt ist mir auch nicht.
Endlich erspähe ich das Segelboot, das als Markierung zum Schwimmausstieg dient,
Das kommt auch viel zu langsam näher und ich erwische mich schon bei dem Gedanken, dass ich hoffentlich keine 90 Minuten brauchen werde. Andererseits ist das Blödsinn, denn gefühlt bin ich nicht ganz hinten im Feld, sondern eher in der Mitte.
lrgendwann höre ich auch wieder den Dudelsack und die Drums und sehe viele Menschen am Stand stehen. Das gibt mir nochmal Kraft für die letzten 100 Meter.