Angriff auf sub50 2016
Vor dem Lauf
Der Plan: Im August und September einen 10-km-Trainingsplan durchziehen -> Perfekt funktioniert (s. früherer Post). Dann 10-km-Wettkampf I in sub49, 2 Wochen Pause, 10-km-Wettkampf II (Backup bzw. Wettkampf, um noch einen draufzusetzen).
Die Realität: Am Wettkampf I-Wochenende war ich krank, nahm das Training am Ende der Folgewoche wieder auf, hatte am Montag und Dienstag danach einen Rückfall, hielt bis heute die Füße still. Inklusive der Tapering-Woche vor dem Wettkampf I lief ich in drei Wochen nur ca. 50 km, im Gegensatz zu über 40 Wochenkilometern in der Trainingsphase, keine rechte Ahnung, inwieweit sich in dieser Zeit die Trainingswirkung wieder verflüchtigt haben könnte.
Am Morgen habe ich noch ein paar Restzweifel bezüglich der eventuell noch nicht ganz auskurierten Erkältung, entschließe mich dann aber - irgendwann muss man das Thema sub50 ja auch zum Abschluss bringen -, den Körper vor Ort entscheiden zu lassen:
> Beim Aufwärmen: Check, wie fühlt es sich an?
> Beim Lauf: Start mit Fokus auf sub 50 und laufen lassen.
>> km 1 > 5:15 min -> Körper will nicht, Gang raus, 10-km-Trainingslauf
>> km 1 5:00 min – 5:15 min -> Zitterpartie zu erwarten, weiterlaufen und Uhr aus, um mich nicht von der Uhr demotivieren oder unter Druck setzen zu lassen
>> km 1< 5:00 -> Weiterlaufen mit Uhr
Die Veranstaltung ist mir wohlbekannt, familiär, mit stressfreier Infrastruktur, alle Geheimtoiletten lokalisiert. Die spröden 10 km spielen sich meist im Wald ab, die Aneinanderreihung von Geraden ist genau richtig, um sich auf das Laufen konzentrieren zu können. 16°C, kaum Wind, bedeckter Himmel, perfekte Bedingungen.
Aufwärmen läuft besser als erwartet, ich hänge sogar noch ein paar Extrameter dran.
Der Lauf
Das übliche Gewusel nach dem Start, ich stehe etwas zu weit hinten. Da sich die ersten Meter auf einer recht breiten Straße abspielen, gibt es aber kein wirkliches Gedränge, Überholen ist problemlos möglich. Nach ca. 700 m hat sich das Feld sortiert.
Km 1 - 4:54 min – Puffer: 6 sec auf Ziel-Pace 5:00 min/km
Ich habe etwa 4 -5 Sekunden Versatz zwischen Startschuss und Überqueren der Startlinie, Nettozeit für km 1 also 4:50 min. Perfekt, die Zweifel sind jetzt weg, ein Trainingslauf wird das heute nicht, der Körper will die 48:xx min. Jetzt mal sehen, ob das ein Strohfeuer oder heute mein Renntempo ist. Brücke an Maschinenraum: Dranbleiben. Tempo fühlt sich unbequem, aber machbar an, geschenkt kriegen werde ich heute nichts.
Km 2 - 4:50 min – Puffer: 16 sec
Tempo bestätigt, das Selbstvertrauen steigt, jetzt aber nicht noch schneller werden, Brücke an Maschinenraum: Konsolidieren.
Km 3 – 5:04 min – Puffer: 12 sec
Ich laufe in einer Gruppe, keine Überholmanöver. Ist die ganze Gruppe gemeinsam um 15 Sekunden, also ca. 50 m auf einen Kilometer langsamer geworden? Ich will es nicht glauben. Die Strecke steigt ganz sanft an, aber zu wenig, um so viel Abweichung zu verursachen.
Km 4 – 5:07 min - Puffer: 5 sec
Noch einmal langsamer ? Irgendetwas passt nicht, entweder mein Tempogefühl oder die Markierungen. Ich verschärfe marginal das Tempo und setze mich ab für den Fall, dass ich wirklich in eine Truppe geraten bin, die gerade kollektiv am Verhungern ist.
Km 5 – 4:40 min – Puffer: 24 sec
Ah, jetzt ja, die Korrektur, die km-Schilder 3 und 4 standen wohl falsch, km 5 steht wahrscheinlich richtig (bei der Hälfte der Strecke wird man sich ja hoffentlich etwas mehr Mühe gegeben haben). Es wird merklich anstrengender, aber immer noch bin ich gut im Tempo. Gefühlt geht es immer noch ganz leicht bergauf. Kurze Zeit später geht es von Waldweg auf Asphalt. So liebe ich es: Asphalt, Gerade, jetzt ganz leicht bergab. Es rollt.
Km 6 – 4:47 min – Puffer: 36 sec
Seitenstechen, ich wende den Fokus vom Tempohalten auf gleichmäßiges Atmen, sofort werde ich langsamer und von der von mir schon aufgegebenen Gruppe wieder eingesammelt. Ich habe jetzt Mühe, das Tempo zu halten.
Km 7 – 5:05 min – Puffer: 31 sec
Das Seitenstechen ist wieder weg, weg ist aber auch der Lauffluss. Gefühlt geht es jetzt eher bergab, aber es kostet jede Menge Willensanstrengung, mich gegen die einsetzende Ermüdung aufzulehnen. Gefühlt bin ich aber immer noch im Nahbereich von Pace 5:00 min/km.
Km 8 – 5:15 min – Puffer: 17 sec
Hier stoppe ich zwar die Zwischenzeit, schaue aber nicht mehr auf die Uhr, im Nachhinein der spielentscheidende Fehler (da sind wir wieder beim Thema Tempokontrolle !), da hätte ich dagegen arbeiten müssen. Ich merke, dass ich nicht mehr vermeiden kann, langsamer zu werden, sehe aber das drohende Unheil nicht kommen.
Km 9 .- 5:26 min –
Fehlzeit: 10 sec
Mist, wie gewonnen so zerronnen, der Puffer hat sich jäh in Luft aufgelöst. Der vorige km 9 fühlte sich nicht gut an, aber auch nicht wie ein kompletter Einbruch. Jetzt sehe ich die Felle davonschwimmen, weiß aber, dass ich mit einer Kilometerzeit wie beim Start die sub50 noch klarmachen kann. Es geht noch einmal einen Stich nach unten, ich quetsche das Letzte raus, hefte mich einem jüngeren Mann an die Fersen, der mich ins Ziel zieht.
Km 10 – 4:5x min
Endzeit:
50:0x min
Nach dem Lauf
Fazit: Auch wenn die Platzierung der Kilometerschilder zweifelhaft war und eine Analyse etwas erschwert, besteht kein Zweifel, ab ca. km 6,5 ging die Puste aus, trotz erheblicher Anstrengung war ich nicht in der Lage, das Anfangstempo über die Distanz zu bringen, km 9 brach mir sozusagen das Kreuz, ein km in einem 10-km-Lauf, der 30 sec unter Ziel-Pace ist, ist sehr schwach, Schadenbegrenzung wäre u.U. möglich gewesen, wenn ich zu diesem Zeitpunkt des Wettkampfes noch etwas wacher gewesen wäre.
Zur weiteren Erklärung, warum es heute nichts mit sub50 wurde, fallen mir folgende Faktoren ein:
> Nachwirkungen der zweimal ausgebrochenen Erkältung
> Geringer Umfang der letzten drei Wochen
> Eventuelle Mängel des Trainingsplans (wenig km im Zieltempo, eher kürzere, schnelle Intervalle und langsamere, auch nicht übermäßig lange TDL)
> Der Malus des zusätzlichen Lebensjahres. Letztes Jahr im Mai/Juni hatte ich zweimal 10 km knapp sub50 absolviert, aber mit deutlich weniger Aufwand
Die Enttäuschung hält sich aber in Grenzen: Ein schlechter Tag war es auf keinen Fall, bezüglich Motivation und Kampfgeist habe ich mir nichts vorzuwerfen, der Maschinenraum hatte am Anfang für die Taube auf dem Dach (sub49) und nicht für den Spatz in der Hand (sub50) votiert, und die Brücke hatte dieses Votum angenommen. Es war definitiv der härteste 10-km-Lauf seit Anfang letzten Jahres.
Nach wie vor wird aber alles überstrahlt von der Freude darüber, dass ich im August/September so gut trainieren konnte. Sub50 hin oder her, das schafft für die Zukunft ganz neue Optionen.
Um mehr Klarheit zu haben, wo ich jetzt stehe, muss ich wohl Ende Oktober, Anfang November noch einmal ran, Veranstaltung ist schon gebucht. Auf den Silvesterlauf will ich es nicht ankommen lassen.
Gee