Der geneigte Leser erinnert sich - jeder zweite Long Run ist bei mir jetzt etwas verkürzt und dafür minimal fordernder (d.h. schneller und/oder hügeliger) als die weithin bekannten "LaLas". Diesen "Long Run 2" (LR2) habe ich vor zwei Wochen erstmalig wiederbelebt aus dem HM-Plan von Pfitzinger, nach welchem ich letztes Jahr um diese Zeit ja noch trainierte. Wobei der entscheidende Unterschied darin liegt, dass Pfitzinger jede Woche beide (LR1 und LR2) laufen lässt und ich das jetzt - Tribut an den modernden Kadaver - wochenweise abwechsle. Von den beiden Optionen "etwas schneller" und "langsam, aber hügelig" liegt für mich jetzt die Priorität auf letzterem, um mich auf den "Haigern", den fiesen Berg beim Trolli-HM, vorzubereiten.
Ideales Geläuf für solch einen hügeligen LR2 ist meine gute alte "Seewaldrunde", die in Wahrheit keine Runde, sondern eine schlichte Wendestrecke ist - im Kern geht's 5 km bergauf mit 160 Hm und 5 km denselben Weg wieder abwärts. Start und Ziel liegen an einem Wanderparkplatz einer Landstraße im schönen Schefflenztal. Dummerweise gibt es hier keine Gelegenheit, sich flach ein- und auszulaufen, weshalb ich im letzten Frühjahr dazu übergegangen war, etwas weiter flussaufwärts zu parken und mich auf 2 km bis zum eigentlichen Start - auf zum Teil abenteuerliche Weise - durchzuschlagen. Anschließend ist das dann natürlich auch die Auslaufstrecke.
Da ich diese Strecke als eine meiner Schlüsselstrecken irgendwie ins Herz geschlossen habe, möchte ich sie heute mal mit ein paar Fotos dokumentieren. In der nachfolgenden Beschreibung tue ich so, als hätte ich die Fotos bergauf laufend geschossen. Tatsächlich will ich mir solche "Schummelpausen" bergauf aber nicht gönnen und lege die Fotostopps erst auf dem Rückweg ein. Das trifft sich gut, denn genau hier hatte ich mir letztes Jahr die Achillessehne geshreddert, weil ich bergab zu sehr versuchte, Tempo zu machen. Da kommen mir ein paar Zwangsstopps, die jedes Schielen auf einen Temposchnitt von vornherein zunichte machen, gerade recht.
Genug gequasselt, Beine in die Hand genommen !
Vom Parkplatz an einem abgelegenen Friedhof geht der Weg kurz talaufwärts, dann über das Flüsschen Schefflenz und am Gegenhang wieder talabwärts:
Vom letzten Jahr habe ich die Schefflenz als hübsches, von Bäumen und Weidenbüschen eingerahmtes Flüsschen in Erinnerung. Inzwischen hat die Landschaftspflege ganze Arbeit geleistet und alles ratzekahl abrasiert. So stellt Klein-Fritzchen sich gelungene Renaturierung vor.
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Jetzt zwängt sich der Fluss so eng an die Hauptstraße, dass ich nicht mehr weiterkomme. Ich muss mich nun über die Leitplanke würgen und zum Hasen auf der Rennstrecke machen.
Aber nur für 100m, dann stehe ich bereits am Fußpunkt meiner Bergstrecke:
Jetzt geht es erstmal 2 km ununterbrochen aufwärts, mit durchschnittlich fast 4% Steigung.
Dann eine ganz kurze flache Verschnaufpause von vielleicht 100m bis zu einem Schutzhäuschen.
Dann geht's einen weiteren Kilometer hoch mit 4% Steigung bis zu einem kleinen verwunschenen See.
Der verlandet zusehens - in 20 Jahren wird's wohl nur noch eine Schilfwiese sein. Normalerweise, wenn ich etwas Gas gebe, bin ich hier, nach 3km fast ununterbrochenen Anstiegs schon reichlich platt. Heute - wo's ja alles, nur kein Tempolauf sein soll - halte ich mich etwas zurück und so geht es zwar ebenfalls schnaufend, aber doch ganz ordentlich voran.
Jetzt bleibt es für 700m einigermaßen flach, d.h. es geht sogar 5 Hm runter und wieder rauf.
Ein unheimlicher Ort, denn hier kann einem manch seltsamer Waldschrat über den Weg hüpfen. Man schaue und grusele sich:
Der Weg geht nun schnurstracks geradeaus, wobei ganz hinten der Beginn des letzten großen Anstiegs droht.
Jetzt geht es nochmal 1,3 km bergauf mit durchschnittlich 3,5%. Das klingt harmloser, als es ist, denn die Steigung ist anfangs stellenweise moderat und wächst auf den letzten 300m an bis auf 5% - und zwar genau dann, wenn ich so richtig brotfertig bin. Ich versuche, die Steilheit des Anstiegs von einem Hochsitz aus besser in Szene zu setzen, aber das will nicht recht klappen:
(Polar meint übrigens, der Hochsitz sei 4m hoch. Kommt ganz gut hin.

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Aber dann naht auch schon das Ende der Schinderei - nach genau 5 km Aufstieg ist oben eine einsame Landstraße erreicht.
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Hier geht es noch etwa 250m deutlich flacher weiter, bis mit einer Kuppe der höchste Punkt der näheren Umgebung erreicht ist.
Für diesen Aufstieg gönne ich mir heute 8:24/km mit Durchschnittspuls 148/180 = 82%. Obwohl letzterer wirklich zurückhaltend ausfällt, spüre ich den Anstieg in den Beinmuskeln schon deutlich. Auf den ersten drei Kilometern ein angenehmes Gefühl von "endlich lassen die Jungs mal spüren, dass sie auch noch da sind". Was auf dem langen Schlussanstieg aber übergeht in ein nöliges "Wann sind wir endlich da ? Wir wollen Cola und Pommes."
Da ich morgen aus familiären Gründen nicht laufen und deshalb heute noch zwei Kilometer extra schinden will, laufe ich die Straße ab hier noch einen knappen Kilometer weiter, mit einigen kleineren Kuppen. Dann Wende und den ganzen Weg wieder zurück.
Wie schon gesagt - anders als die obige Beschreibung vermuten lässt, habe ich die Fotos bewusst nicht während des Anstiegs gemacht, sondern auf dem Rückweg. Der ist demnach ein ziemlich zerhacktes Sammelsurium von kurzen schnelleren Antritten und vielen Fotopausen - die mit zunehmender Unterkühlung der Finger immer länger werden. Während der Laufpassagen versuche ich bergab zunächst noch moderat schnell (<6:00/km) zu laufen und dabei aber zu starke Fersenlandungen zu vermeiden, um meine Achillessehne zu schonen. Trotzdem zeigt die mir auf der ersten Hälfte des Abstiegs doch gelegentlich mal die grün-gelbe Karte, indem da ein leichtes Unbehagen aufblitzt. Erinnerungen an den vorjährigen Abschuss an dieser Stelle werden wach und ich lasse den Quatsch mit dem Bergabtempo ganz schnell bleiben. Ziemlich ausgekühlt komme ich unten an und schleiche noch die 2 km Rückweg am Fluss entlang bis zum Auto. Die Sehne beruhigt sich alsbald wieder, aber die Mahnung ist angekommen.
Insgesamt heute 16,0 km mit 245 Hm.