jetzt möchte ich auch mal meine Laufgeschichte zum Besten geben und hoffe v.a. jenen, denen es ähnlich geht wie mir und die hier mitlesen etwas Mut zu geben.
Alles begann eigentlich 2009/2010. Zwar hatte ich schon vorher hin und wieder unerklärliche Magenkrämpfe, meist nach dem Genuss von Milchspeisen, aber erst zu dieser Zeit wurde es richtig schlimm. Bis Ende 2009 war ich aktiver Fußballer (zuerst höherklassig, später aus beruflichen Gründen nur noch Kreisklasse). Joggen, Ausdauertraining etc. war bis dahin nur ein notwendiges Übel, dass einfach sein musste um die Kondition und Krauftausdauer zu verbessern.
Ende 2009/Anfang 2010 hatte ich dann mit einigen Dingen zu kämpfen (Verletzungen, Stress, Burnout, etc.) und eines Tages bekam ich beim Joggen nach ca 2h so heftige Magenkrämpfe, dass ich mich abholen lassen musste. Daheim angekommen saß ich erst einmal geschlagene zwei Stunden mit übelsten Krämpfen auf dem Klo. Keine der Methoden, die üblicherweise geholfen hatten (Tee, Erbrechen, warme Umschläge), brachten irgendeinen Erfolg. Die Schmerzen wurden so schlimm, dass ich mich entschied den Notarzt zu rufen. Kaum hatte ich aufgelegt kam plötzlich die "Erlösung". Notarzt abbestellt und es auf sich beruhen lassen.
Tags darauf wieder joggen gewesen. Keine 10 Minuten unterwegs, schon wieder gings los. Lauf abgebrochen und zurück nach Hause. Dieses Mal nur eine Stunde auf dem Klo verbracht.
Den meisten Schaden jedoch hat mein Kopf genommen, denn ich hatte tatsächlich Angst wieder laufen zu gehen. Doch die Krämpfe, Verstopfung u.ä. kamen auch ohne joggen wieder und noch schlimmer, ich hatte permanent Bauchschmerzen, was letztlich der Grund war für mich zum Arzt zu gehen und meine Ernährung auf weitestgehend lactose- und glutenfrei umzustellen.
Die Folge jedoch war, dass ich durch die Magenschmerzen und die Angst in den ersten zwei Wochen innerhalb von 2 Wochen, 20(!) KG (von 88kg bei 189cm auf 68kg) abgenommen habe.
Den Sport hatte ich zu dieser Zeit komplett eingestellt. Über mehrere Monate folgten dann diverse Untersuchungen - Magenspiegelung, Darmspiegelung, Ultraschall, MRT, diverse Unverträglichkeitstests usw. - außer einer Sorbitintoleranz keine Befunde.
Diagnose: Reizdarmsyndrom.
Langsam war ich echt am verzweifeln, denn die Angst in den unpassendsten Situationen Magenkrämpfe zu bekommen bestimmte mittlerweile meinen Alltag. Weggehen war kaum noch möglich mit mir, nur zu Freunden wo ich wußte, dass ich auch länger eine Toilette zur Verfügung habe.
Ende 2010 folgte dann eine Phase der Depression. Nie wieder Sport, permanent Bauchschmerzen und Krämpfe.
Zum Glück hielt diese Phase nur kurz an und auch mithilfe meiner Frau konnte ich mich Mitte 2011 aufraffen und wollte mein Schicksal nicht akzeptieren.
Zu dieser Zeit habe ich angefangen meinen Alltag zu analysieren, Essensmengen reduziert, verstärkt abführende Speisen zu mir genommen, selbst eine Heilpraktikerin habe ich konsultiert und vorsichtig wieder mit dem Joggen begonnen. 10 Minuten rund um den Block, bereit jederzeit wieder nach Hause flüchten zu können. Und je mehr ich dachte, dass der Körper die kleinsten Anzeichen von Krämpfen zeigt, desto schlimmer wurde es wieder.
Als letzten Schritt habe ich mich zu einem befreundeten Psychiater überweisen lassen, da ich mit meinen eigenen Mitteln nicht mehr weiterkam.
Zuerst hat er mir geholfen meinen Alltag noch tiefer zu analysieren, indem ich ein komplettes Tagebuch mit Aktivitäten, Dauer, Essensmenge, Stressempfinden, Schmerzintensität usw. führen sollte. Dazu begannen wir mit diversen Entspannungsübungen und Selbsthypnose.
Ich war nie ein Freund solcher Methoden aber Stück für Stück habe ich es geschafft, herauszufiltern, dass in der Tat der Stress und übermäßige Ernährung einer der Haupttreiber meiner Krämpfe waren. Die Selbsthypnose diente dazu mich in Stresssituationen in eine Art Trance zu versetzen und Entspannung herbeizuführen.
Und in der Tat, mit langer Übung gelang es mir diese Technik gezielt in Stressituationen anzuwenden. Mit jeder Woche wurde es besser und ich war bereit das Lauftraining zu intensivieren.
Anfang 2012 war ich immer noch bei 10 min mit 5km/h Pace. Die ersten Trainingseinheiten waren schwer, da doch hin und wieder die Angst durchzubrechen drohte aber mit jedem Tag wurde es besser. Dann kam der erste Rückschlag. Krämpfe trotz Entspannung. Gut, kann passieren. Die nächsten Trainingseinheiten waren wieder ok, und dann kamen wieder Krämpfe.
Also habe ich mit einem Lauftagebuch angefangen, Laufuhr gekauft, Puls, Geschwindigkeit und Strecke gemessen und analysiert.
Ergebnis: an den Tagen mit Krämpfen bin ich unbewußt über eine gewisse Leistungsgrenze gekommen (Höherer Puls, Schnellere Pace) und irgendwann haben wohl einfach die Bauchmuskeln verkrampft.
Seitdem kontrolliere ich jedes Training und achte auf gewisse Werte. Natürlich sind die Fortschritte deutlich geringer als wenn ich voll powern könnte aber sie sind messbar.
Anfang 2014 bin ich dann das erste Mal 20km gelaufen mit einer Pace von 9km/h, und im April zu ersten Mal auf unseren Hausberg hoch ohne Pause (300 Höhenmeter auf ca. 6km Strecke)
Im Juli dann der erste Wettkampf über 4.8km auf dem Hockenheimring. Zweck: Standortbestimmung unter WK-Bedingungen, Zielzeit 25min, erreicht: 25:22min, Krämpfe: keine

Als nächten Schritt habe mich mir mittlerweile ein neues Mountainbike geholt und ein wenig Abwechslung in den Trainingsalltag gebracht. Das Allerwichtigste ist, dass der Spaß zurückgekehrt ist und die hemmende Angst einer gesunden kontrollierten Zurückhaltung gewichen ist.
Dass ich für den Rest meines Lebens permanent leichte Bauchschmerzen habe, muss ich akzeptieren. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und genügend Ablenkung hilft sie manchmal ein Stückweit zu vergessen.
Die Krämpfe jedoch sind sehr selten geworden, eigentlich nur noch, wenn überpace, zu lange jogge oder zu viel bzw. zu schwer vor dem Training esse.
Mittlerweile weiß ich wieviel ich meinem Körper zumuten darf und dass ich nach dem Training eine längere Zeit brauche als gesunde Menschen, bis mein Bauch wieder soweit sich beruhigt hat, dass ich wieder voll einsatzfähig bin.
In zwei Wochen steht der nächste WK über 5km an. Vielleicht nicht der letzte dieses Jahr. Meine Jahreszeit, der Winter, kommt ja erst noch

Für die nächsten Jahre habe ich mir trotzdem einige Ziele gesetzt, mal sehen ob ich sie erreiche.
2015:
5km unter 22min
10km unter 50min
21km durchhalten
2016
5km unter 20min
10km unter 45min
21km unter 2h
2017:
Meinen zweiten Marathon laufen (den ersten hatte ich Anno 1997 in 6h zusammen mit meinem Vater geschafft)
Mal sehen wie dann die Realität aussehen wird.
In diesem Sinne, nicht aufgeben

LG
Mike