Bis zu meinem 35. Lebensjahr war ich, 44 und weiblich, durchaus sportlich aktiv. Sowohl als Kind, als Jugendliche, als auch im Erwachsenenalter habe ich stets diverse Sportarten ausgeübt- vom Geräteturnen über Kampfsport, hin zu Aerobic, Bogenschießen und Kraftsport. Laufen war nie dabei, ich sah mich immer als die Kurzstreckensprinterin.
Mitte 30 dann der Einbruch. Mein Familien-, Privat- und Berufsleben forderte mich sehr, mein Mann zeigt bis heute keinerlei sportliche Ambitionen und da ich mit 47 kg -53 kg bei 1,67m eher mit Unter- als mit Übergewicht zu kämpfen hatte, viel tanzte und im Garten gerne mit Kippe im Mund den Spaten schwang, fühlte ich mich gut, wie es war.
Im Sommer 2011 suchte ich erstmals einen Kardiologen auf, weil mir die Herzrhythmusstörungen (Extrasystolen) die puscheligen Abende auf der Couch versauten. Mit 16 hatte ich einen Herzstillstand erlitten, so dass ich etwas unruhig wurde. Der Doc stufte mein Herz als gesund ein, ein Belastungs-EKG auf dem Rad brachte mich jedoch schnell an meine Grenzen. Schnappatmung, brennende Beine. Ich war überhaupt nicht mehr fit. Stark für meine Statur, aber ohne jegliche Ausdauer. Das sagte mir auch der Arzt und kommentierte weiterhin, dass meine schlanke Figur in ein paar Jährchen sicherlich nicht mehr so gut aussähe. Das saß!
Ich habe mit Autoimmunerkrankungen zu kämpfen, diese liefen im Sommer 2011 völlig aus dem Ruder. Ich erinnere mich, wie ich auf der Couch lag und dachte, ich werde sterben. Ich versprach dem lieben Gott, etwas für meinen Körper, meine Gesundheit zu tun, wenn ich die Krise nur überstehen würde. Ein enthemmter Blick in den Spiegel auf meinen flachen Po, die schlaffen Beinchen und der sich scheinbar verkürzenden Taille brachte dann den Kick, der mich zum Fitnessstudio katapultierte.
Dort stieg ich geplant und motiviert wieder ein. Kraftsport, diverse Kurse, Cardiotraining.
Ich fand es toll, wie die Läufer auf dem Lufband rannten, es machte einen befreienden, lockeren Eindruck. Den Blick aus dem Fenster gerichtet liefen und liefen sie. Ich dachte an Forest Gump und es juckte mir in den Beinen. Laufen .... Das wollte ich auch! Also auf´s Band, mal eben 20 Minuten eingestellt und losgerannt. Nach nur drei Minuten ging es wieder los. Schnappatmung, irres Brennen in den Beinen. Ehrlich, wie ich mich schämte! Ich schämte mich vor allem vor mir selbst. Wie eine tattrige Oma oder eine kranke alte Frau schaffte ich nicht einmal 10 Minuten ...

Ich kann nicht genau sagen, was mich motivierte, weiter zu machen, aber nun ging ich immer auf´s Laufband. Es war wohl der Ehrgeiz oder auch der Biss, der durchaus in mir steckt und mich in anderen Bereichen meines Lebens große Ziele erreichen lassen hat. Es kam der Tag, an dem ich 20 Minuten durchlief.

So lief ich eine Weile das 20 Minuten-Programm.. Wirklich leicht ist das bis heute nicht, nach 15 Minuten kommt der Leistungseinbruch und ich muss mich pushen. Verändert hatte sich das Tempo, die Strecke in den 20 Minuten wurde länger, bis 3400 m. Und das tolle Gefühl nach jedem kleinen Erfolg hatte meinen Spaß am Laufen geweckt. Ich surfte durch das Internet und setzte mich mit der Theorie des Laufens auseinander. Ich legte mir in einem Fachhandel Laufschuhe zu und entschied: Ich muss runter vom Laufband, nach draußen, in den Wald, auf den Asphalt. Das Laufband nervte, weil die ewigen Zahlen mich demotivierten. Und immer 20 Minuten. Zwar schneller, aber eben nicht länger. An das Programm "5 km" wagte ich mich nicht heran, mir war klar: Das wird noch nichts. Die Läufer rechts und links von mir brachten mich aus dem Rhythmus. Die Sicht aus dem Fenster ödete mich an.
Ich meldete mich hier im Forum an und las und las und las. Ich lernte und lernte und es wurde glasklar: Auch Irisanna kann 5 oder 10 km schaffen. Ich habe ja zwei gesunde Beine.
Ich besorgte mir billige Thermolaufbekleidung online bei Tchibo für insgesamt 15€, 6€ die reduzierte Hose, 9€ die reduzierte Jacke. Für den Anfang sollte es reichen. Ausgestattet mich meiner neuen Laufbekleidung ging es dann das erste mal in den Wald. Ein bisschen peinlich war es mir mit meinen neuen Sachen, ich sehe ach-so geübt aus und bin doch noch in den Kleinkinderschuhen. Aber egal, die Klamotten sind prima.
Ja, ich gebe zu, es war das erste mal draußen nicht einfach.

Parallel dazu besuche ich weiterhin das Fitnessstudio, stärke Rücken, Bauch, Oberkörper, Arme, aber auch die Beine, den Po. Dazu das Rudergerät, oder mal den Crosstrainer. Dehnübungen, verschiedene Kurse wie Pilates, Aerobic und Step komplettieren meinen Weg zurück zu körperlicher Stärke, Ausdauer und Leistungsfähigkeit. Laufband? Geht nicht mehr- Natur ist schöner!!!
Nach vier Läufen draußen, im Wald und auch auf Asphalt, entschied ich mit Hilfe dieses Forums, dass die Laufschuhe nicht die passenden sind. Nach dem Laufen stellten sich nun Schmerzen in der Hüfte und im Knie ein. Gut, eine kleine Hürde, die ich nehmen und begradigen werde. Heute oder morgen gehe ich die Schuhe aus dem Fachhandel umtauschen.
An Gewicht habe ich gut 1 kg zugenommen, was mich sehr freut. Denn mein Körper regeneriert sich von dem langen, ungesunden Lebenswandel. Das Kilo ist kein Fett, vielleicht ist es mehr Blutvolumen, vielleicht auch Muskulatur. Ich richte mich wieder auf, meine Beine wirken praller, die Waden sind weniger schlaff. Ich lönnte schwören, dass ich 1 cm gewachsen bin. Mein Po hat sich gehoben und meinem Bauch sieht man die Geburten meiner Kinder deutlich weniger an. Meine Arme sehen richtig gut definiert aus und die Kippen schmecken immer weniger gut. Nach dem Laufen dauert es eine Weile, bis ich den Glimmstrengel wieder in der Schnute habe- es fühlt sich einfach nicht richtig an und ich denke hoffe plane, dass ich das Rauchen reduziere und irgendwann dran gebe. Vor gut 10 Jahren habe ich nach 6 Jahren Nichtraucher-Dasein wieder angefangen zu rauchen ...

Meine Autoimmungeschichte ist leider nicht vom Tisch, mein Arzt sagt "Übertreiben Sie es nicht mit dem Sport!" Nein, das werde ich nicht, denn ich habe hier gelernt, dass ich 24 bis 48 Stunden pausieren muss, damit mein Körper sich erholt und die Chance hat, sich auf die neue Belastung einzustellen. Ich achte auf meinen Köper. Mein neues Ziel sind 5km. Ich weiß nun, dass ich das schaffen werde. Davon bin ich so überzeugt, dass ich mich für Juni zu einem kleinen Wettkampf angemeldet habe. Nichts tolles, aber für mich ein Ziel, was ich erreichen will und erreichen werde. Ich muss darüber schmunzeln, denn wenn ich hier im Forum von HM, Marathon, 6h-Lauf usw. lese, dann ist mir natürlich klar, dass ich noch gaaaaanz am Anfang stehe. Aber für mein subjektives Empfinden bin ich schon weit. Denn ich laufe draußen nun 25 Minuten. Nicht schnell, aber ohne Gehpausen und eben laufend. Vor 3 Monaten war das utopisch.
Es sind die kleinen Erfolge, die mich motivieren. Ich will weiter laufen, ich will dabei bleiben. Ich bin sogar richtig stolz auf mich und das fühlt sich einfach klasse an! Ich spüre auch im Alltag eine Verbesserung meiner allgemeinen Kondition. Beruflich bedingt bin ich den ganzen Tag unterwegs und mache Hausbesuche, Treppe hoch, Treppe runter, hin und her. Wo ich vor 3 Monaten mit Schnappatmung meine Klienten im 3. Stock besuchte, komme ich nun locker die Treppe hoch getrabt.
Und im Juni dann wird eine Startnummer meine Brust zieren und ich werde mit einem breiten Lächeln die 5 km laufen- und mich dann den 10 km zuwenden.
Bis später und danke für´s Lesen!
