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Schnupfen, 2 Wochen vor HM

Schnupfen, 2 Wochen vor HM

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Hallo Forum,

es ist wirklich zum heulen...14 Wochen halte ich jetzt schon einen Trainingsplan HM in < 1:50 durch und jetzt, zwei Wochen vor dem HM kriege ich einen Schnupfen.

Eigentlich steht morgen einen Tempodauerlauf auf dem Plan und am Samstag ein letztes Mal Intervalle kloppen...was mache ich nun? So wirklich krank fühle ich mich nicht, so 100% fit bin ich aber auch nicht (Schnupfen, Niesen, leichtes Krankheitsgefühl). Unter den Umständen hätte ich jetzt keine Angst vor einem ruhigen 10er, aber ein Tempodauerlauf geht schon ganz schön an die Substanz...Kann man sagen, dass man bei Temperatur 36,8 (bzw. < 37,5) "Vollgas" geben kann oder gibt es sonst belastbare Messwerte (Ruhepuls ist i.O. bei 52)?

Was würdet Ihr tun?

Danke,
Tom

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Wenn du den Trainingsplan bislang doch gut durchgehalten hast, solltest du jetzt ein paar Tage nix zu tun. Zwei oder drei ausgefallene Trainingseinheiten sind nicht schlimm. Wenn du jetzt trotz leichter Erkrankung mit Vollgas trainierst, machst du dir eher mehr kaputt und fällst vielleicht sogar komplett für den HM aus.

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tomtoi hat geschrieben:es ist wirklich zum heulen...14 Wochen halte ich jetzt schon einen Trainingsplan HM in < 1:50 durch und jetzt, zwei Wochen vor dem HM kriege ich einen Schnupfen.

Was würdet Ihr tun?
Hallo Tom,

zunächst solltest du erkennen, dass das, was dir jetzt gerade passiert ist, durchaus keine seltene Reaktion des Körpers darstellt. Oder anders ausgedrückt: Viele ehrgeizig und ernsthaft auf ein läuferisches Ziel trainierende Sportler fangen sich relativ kurz vor Tag X eine Erkältung ein. Das liegt daran, dass das Immunsystem durch die unmittelbaren Folgen der vielen Trainingseinheiten jeweils für Stunden zusätzlich belastet wird. Jeweils nach einer Trainingseinheit sind wir gegen Krankheitskeime für eine Weile nicht so gut geschützt, wie sonst. Das Immunsystem passt sich an diese Anforderungen mit der Zeit an, so wie alle Organe im Körper lernen mehr und mehr (Ausdauer-) Leistung zur Verfügung zu stellen. Insgesamt über die Monate und Jahre eines Läuferlebens wird das Immunsystem seine Leistung verbessern und deswegen ist die "normale" Reaktion, dass regelmäßig Laufende weniger häufiger erkranken. Ein harter Trainingsplan ist aber eine harte Herausforderung, die dem Körper binnen weniger Wochen auferlegt wird, eine sprunghafte Erhöhung der Anforderungen, die über das vorher verlangte hinaus geht.

Es kann also passieren, was dir passiert ist. Falsch wäre nun die Erkältung zu ignorieren und einfach weiterzumachen als wäre nichts. Denn - wie oben beschrieben - führt jede Trainingseinheit zu einer kurzzeitigen Schwächung des Immunsystems. Und dieses "offene Scheunentor" würden die Erreger, die sich ohnehin in deiner Nasenschleimhaut schon sprunghaft vermehrt haben (= Schnupfen) nutzen, um andere Bereiche deines Körpers zu infizieren. Mit anderen Worten: Läufst du weiter, erwischt dich die Erkältung wahrscheinlich voll mit möglichen harten Konsequenzen bis hin zum Fieber (nebenbei: Mit Fieber DARF man NICHT trainieren!!!).

Die Empfehlung kann also nur lauten: Laufpause und die Erkältung auskurieren. Etwas anders läge die Situation, wenn du heute "nur" einen Schnupfen hättest und morgen wäre der Wettkampf. Ich kenne keinen Läufer, der in so einer Situation die vielen Wochen Vorbereitung in die Tonne treten und auf den Wettkampf verzichten würde. Man kann in dieser Situation (NUR Schnupfen oder NUR Halsweh und DEFINITIV KEINE ERHÖHTE TEMPERATUR) eine bewusste Entscheidung treffen und sagen: Ich laufe und nehme in Kauf, dass meine Erkältung danach schlimmer wird. Dir fehlen aber bis zum Wettkampf noch zwei Wochen. Deshalb musst du bestrebt sein die Krankheit schnellstmöglich zu überwinden. Machst du unvermindert weiter, riskierst du nicht nur einen noch massiveren Infekt, sondern auch deinen Start beim Wettkampf.

Da du einen HM-Trainingsplan abarbeitest, befindest du dich 2 Wochen vor Tag X noch nicht im Tapering. Es stehen jetzt die letzten beinharten Belastungen an. Ein, zwei Tage Trainingsausfall kann man kompensieren, was jedoch darüber hinaus geht wirkt sich in so einer entscheidenden Phase auf das Ausdauerniveau aus. Du solltest daher konkret folgendermaßen vorgehen:
  • Jetzt so lange pausieren, bis die Erkältung überwunden ist (kann 4, 5 Tage dauern, vielleicht auch länger, nicht zu früh wieder beginnen).
  • Danach in den Trainingsplan mit der jeweils vom Plan vorgesehenen Einheit wieder einsteigen. Keinesfalls glauben, du könntest oder müsstest irgendwas nachholen. Man kann, wenn man einen Trainingsplan verfolgt, der einen ständig an die Grenzen bringt, niemals eine Einheit, die ausfiel, nachholen. So etwas ginge dann immer zu Lasten der Regeneration - also in die Hose. Und so kurz vorm Wettkampf erst recht, weil du nach der Zwangspause wegen Erkältung schon im Bereich des Tapering bist.
  • Die Zielzeit von 1:50 h wirst du mutmaßlich nach einer Trainingspause nicht mehr erreichen können. Das hängt auch davon ab, wie "eng" es während des Trainings zuging, also mit welcher Lockerheit oder eben Nicht-Lockerheit du den Plan erfüllen konntest. Dass du dich erkältet hast, ist ein Indiz dafür, dass dich der Trainingsplan am Limit gehalten hat. Korrigiere also deine Zielzeit und damit das Tempo mit dem du in den Lauf gehst. Ein Aufschlag von 3 bis 10 min ist notwendig. Wieviel hängt von der Dauer der Zwangspause ab und natürlich von deinem Läufernaturell, das ich nicht kenne.
Ich hoffe du überwindest deine Erkältung schnell. Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h

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Hallo Udo,

danke für Deine Tipps. Das Thema "open window" kenne ich schon, mich hat es ohnehin gewundert, dass ich bislang verschont geblieben bin, da mir meine liebe Familie schon seit Wochen die Hütte voll hustet. Das es mich jetzt erwischt, überrascht mich auch nicht, da ich am Samstag meinen ersten 10er unter 50 min (48:40) - Ausbelastung haarscharf bis unter die Kotzgrenze :-) - und am Sonntag 20 km Langsam und Lang hinter mir habe. Das in Kombination mit zwei "Keimträgern" im Haus muss ja schief gehen...

Also Tempodauerlauf und Intervalle verbieten sich (war mir eigentlich schon klar, wollte es nur von jemanden mit Erfahrung bestätigt bekommen), aber soll ich jetzt lieber "gar nichts" oder einen ruhigen 10er machen? Ich glaube nicht, dass ein Regenerationslauf meine Immunabwehr schwächt - aber für die Laufzeit wird das auch nicht viel bringen.

Wie weit kann ich das Tappering verkürzen? Der Lauf ist am 13.10. ich laufe nach Marquarts HM Plan 1:50 (http://www.marquardt-running.com/filead ... M_1-50.pdf). Unterbringen würde ich gerne noch den Tempodauerlauf und die Intervalle. Der Tempodauerlauf wäre eigentlich schon gestern fällig gewesen, ich musste aber neben Schnupfen auch wegen noch nicht vollständiger Erhohlung meines Bewegungsapparats einen Tag länger pausieren - die Beine wären heute wider so weit in die Vollen zu gehen :-(

Grüße
Tom

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Ich laufe Morgen HM und hatte auch vorletzte Woche 5 Tage Pause - allerdings hat sich an meinem Ziel nichts geändert. Ich habe letzte Woche noch mal zwei Tempoeinheiten absolviert die wirklich gut ausgingen.

Ich würde an Deiner Stelle nachdem Du wieder fit (Symptomfrei) bist erst eine lockere Einheit nehmen und nur eine Tempoeinheit laufen - maximal bis zum 8.10. - dann nochmal eine lockere Runde mit ein paar Steigerungen zwischen Mi. und Fr. und ein bisschen Beine ausschütteln am Samstag.
Beim dem 10er Tempo solltest Du die Sub110 drauf haben - die Gefahr dich jetzt mit voreiligen Einheiten weiter abzuschießen sehe ich viel größer als erholt lieber noch 1-2 Einheiten zu laufen und dann Dein Ziel einzusacken.
mein Sportblog : Endurange | road - trail - bike

WK-Planung Run:

22.03.2015 - 10K - Citylauf Dresden / 12.04.2015 - HM - Obermain Marathon / 03.05.2015 - HM - Weltkulturerbelauf Bamberg / 10.05.2015 - 10,5K - Maisels Fun Run / 20.06.2015 - 36km - Zugspitz Basetrail XL / 27.09.2015 - MRT - Berlin Marathon

WK-Planung Bike:

17.05.2015 - 70km - Rund um die Altstadt Nürnberg / 31.05.2015 - 300km - Mecklenburger Seenrunde / 26.07.2015 - 170km - Arber Radmarathon / 02.08.2015 - 165km - Frankenwald Radmarathon

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tomtoi hat geschrieben: ... Das in Kombination mit zwei "Keimträgern" im Haus muss ja schief gehen...

Also Tempodauerlauf und Intervalle verbieten sich (war mir eigentlich schon klar, wollte es nur von jemanden mit Erfahrung bestätigt bekommen), aber soll ich jetzt lieber "gar nichts" oder einen ruhigen 10er machen? Ich glaube nicht, dass ein Regenerationslauf meine Immunabwehr schwächt - aber für die Laufzeit wird das auch nicht viel bringen.

Wie weit kann ich das Tappering verkürzen?
Hallo Tom,

wenn der Infekt in Form von Familienmitgliedern "im Haus steckt", dann muss man ein Bollwerk als Immunsystem haben, um während einer harten Trainingsperiode unangetastet zu bleiben. Mir ist das viele Jahre gelungen. Zuletzt genügte aber schon ein Besuch in "kontaminierter Umgebung" bei kränkelnder Tochter und Enkeltochter, um mich in Tateinheit mit zwei knallharten Trainingseinheiten an den Tagen davor zu infizieren. Das hat mich gelehrt, bei nächster ähnlicher Konstellation den Besuch zu verschieben ... jetzt muss ich nur noch dran denken und aufpassen ...

Zu deinem TP: Jeder Lauf wird dich schwächen. Und selbst wenn nicht: Ein "Regenerationslauf" bedeutet lediglich einen unterschwelligen Reiz. Er bringt nullkommanull im Hinblick auf Ausdauerzuwachs und Ausdauererhalt. Du solltest die Füße still halten, bis dein Körper die Seuche im Griff hat.

Noch ein Hinweis: Bei jeder körperlichen Aktivität entstehen durch den Energiestoffwechsel (Abfall-) Produkte, die das Immunsystem beschäftigen. Jede körperliche Aktivität löst eine Antwort des Immunsystems aus! Jede! Du solltest aber bestrebt sein, die komplette Leistungsfähigkeit der Abwehr zur Bekämpfung das aktuellen Infekts (und zig winziger anderer, die völlig unbemerkt in unserem Körper ständig ablaufen) bereitzustellen. Also kein Lauf!

Tapering kann man nicht verkürzen. Das ist ein Widerspruch in sich, da das Tapering der vollen Aufladung aller Reserven dient, was seine Zeit braucht. Wie sich eine Laufzwangspause plus gleichzeitig ablaufendem Infekt nun genau auswirkt, kann wohl niemand sagen und schon gar nicht für einen bestimmten Läufer, den er nicht kennt. Nach der Zwangspause kommt es vor allem darauf an, dass du wieder deinen Laufrhythmus findest und die volle Leistungsbereitschaft des Stoffwechsels erreichst. Was du dann noch laufen kannst, hängt davon ab, wie lange die Pause war, bzw. wie kurz vor dem Wettkampf sie zu Ende geht. Nachholen - ich wiederhole mich da - kannst du nichts. Ich weiß nicht über wie viel Laufgefühl du verfügst. Ich würde mir in einer ähnlichen Situation meinen Trainingsplan anschauen, eine erste Dauerlaufeinheit nach der Pause machen und dann nach Gefühl die restlichen Trainingseinheiten setzen. Die Belastungsobergrenze gibt natürlich der Plan vor. Dabei musst du die vorgesehenen Einheiten hinsichtlich Dauer und Tempo betrachten, um abschätzen zu können, ob du eine andere Einheit laufen könntest, die dir vielleicht besser liegt.

Dein Fall ist so voller Subjektivitäten und Individualitäten, dass eine grundsätzliche Aussage, bzw. eine Festlegung aus der Ferne unmöglich ist.

Alles Gute :daumen:

Gruß Udo
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger. :hallo:
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe

PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h
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