Feiertage verwirren mich. Deshalb war die Erkenntnis heute früh, dass ja nicht Sonntag ist, sondern Montag und damit LaLa-Tag, eine kleine Überraschung. Keine nur ganz freudige, um ehrlich zu sein. Denn ich fühlte mich etwas doof, die Beinmuskeln motzten ein wenig. Nicht Spezielles - nur ein wehleidiges "Wir sagen ja nix, wir meinen ja bloß ..." Auf, Jungs, reißt euch zusammen ! Zum Ausgleich ist es heute doch so schön kühl (12 °C), wenn auch recht windig. Für eine Zehntelsekunde überlege ich, ob ich zum erstenmal wieder eine Jacke über das kurzärmelige Funktionsshirt drüberziehen soll. Soll ich natürlich nicht. Frau Rennkartoffel meldet einsetzenden Regen. "Geht mich nix an" ist meine heldenhafte Standardantwort zu diesem Thema. Als ich wenig später am Start stehe, frage ich mich, in was für eine Schei**e mich mein Stolz da wieder reingeritten hat. Nicht lange rumstehen und lamentieren, einfach losmachen !
Eigentlich wären jetzt 18 km dran gewesen, und zwar langsam - irgendwas um die 7:20 schien mir angemessen. Aber immer wenn ich die Schilderung meiner Planung mit "eigentlich" einleite, kommt es ja bekanntlich anders. Nach 200m erfasst mich der erste Windstoß, zwar noch gnädig von hinten, aber das wird sich in ein paar KM ändern. Das Warmlaufen entpuppt sich erstmal als gefühltes Kaltlaufen und langsames Laufen ist mir praktisch unmöglich. Der erste KM verfliegt in 6:45. "Na gut, so lange bis ich warm bin und dann langsamer", denke ich. Denke ich. Der zweite KM ist mit 6:48 aber kaum langsamer, dann 6:50. Danach bin ich nur noch froh über meine leichte Bekleidung. Was mir so richtig bewusst wird, als mir eine Frostbeule mit Mütze und drübergezogener Kapuze entgegen gejoggt kommt ...
Ich hatte ja beschlossen, die Technik-Kontrolliererei auf einen schnelleren Lauf pro Woche zu beschränken und es ansonsten - also auch heute - eher bleiben zu lassen. Aber wie macht man das eigentlich, an etwas
nicht zu denken ? Um den Geist gedankenleer zu kriegen, braucht man doch entweder einen Zen-Meister oder den Dauerkonsum von RTL II. Beides ist in diesem Moment unerreichbar. So lasse ich es zu, dass meine Gedanken gelegentlich durch den Körper schweifen, nehme aber keine tiefgreifenden Korrekturen vor. Muss ich auch nicht, denn erstaunlicherweise läuft alles sowieso weitestgehend nach Plan - die Brust aufrecht, die Schultern ruhig und nach hinten genommen, der Abdruck ist kräftig genug für das Tempo, die Fersen gehen frisch nach oben, die Arme verhalten sich ruhig, nur der vorwitzige Ellenbogen ... ist mir heute schei**egal. Es läuft einfach alles von selbst. Ab km 2,5 dreht der Weg zwar voll in den strammen Gegenwind, der mich auf den nächsten knapp 3 km zum moderaten Gasgeben zwingt, mir aber trotzdem 5 bis 8 s/km aufbrummt. Wunderbar, wollte doch eh' langsamer ? Auf KM 6, wieder im Windschatten, stellt sich wieder das alte Tempo 6:45/km ein. Ich bin zwar schneller unterwegs als geplant, aber es fühlt sich besser an als mancher langsamere Lauf. Eine Notwendigkeit, von den 18 km etwas abzustreichen, kann ich im Moment jedenfalls nicht entdecken. Quasi als Rechtfertigung nehme ich mir vor, dieses Tempo nur so lange beizubehalten, wie es mir gut möglich ist, und danach dann richtig langsam zu traben. Meine Prognose für diesen Tempowechsel liegt einstweilen bei 12 km. Gehpausen sollen heute mal tabu bleiben.
KM 7 bis 9, die anfangs ganz minimal bergauf führen (ca. 10 Hm auf 2 km) geraten erstmal sogar noch etwas schneller. Die Wende heute bei 9 km, hatte ich schon lange nicht mehr. KM 10 im (neuen) Plan, 6:45. KM 11 und 12, nun minimal bergab, flutschen knapp unter 6:30 durch, ich bin seit langem mal wieder richtig im Flow. Meine Körper weiß, was er zu tun hat und braucht meinen kleinkarierten Verstand dazu überhaupt nicht. Und ausgerechnet da soll ich mich runterbremsen ? Nein, so lange es so läuft ... Ich verkneife mir neue Hochrechnungen und lasse es einfach weiter laufen. KM 13 kehrt mit 6:48 wieder zum Normalmaß zurück. So langsam fängt die Chose an, sich subjektiv weniger angenehm anzufühlen, aber wie so oft - wenn ich denke, ich lasse nach, lege ich unbewusst eine Schippe zu. KM 14 bis 16 bleiben allesamt z.T. deutlich unter 6:40. Erst bei diesem 16. KM (heute der mit dem Maulwurfshügel) muss ich auf den wenigen steilen Metern kämpfen und entsprechend jappsen, trozdem 6:38. Danach (anfangs leicht bergab) wird's allerdings zäh, und das ganz rapide. Zwar schaffe ich nochmal 6:42, aber auf den letzten Metern fühlt es sich nun doch extrem tappsig an. Ich beschließe, die Sache nach diesen 17 km zu beenden und verfalle plangemäß in einen sehr langsamen Trab. Aber schon nach 400m kehrt erstaunlicherweise Leben in meine Beine zurück. Ich prüfe die Technik ab und siehe da, da geht noch mal was. Die letzten 600m gehen tatsächlich nochmal in 6:23/km weg. Fast will ich mich ärgern, dass ich mich bei KM 17 etwas gehen ließ, aber das war schon OK so - da brauchte ich das wirklich und selbst mit dieser Schleichpause benötigten die letzten 1,2 km ja trotzdem nur 6:53/km.
Mein Puls blieb heute wieder sehr moderat - 149 bpm auf den KM 2 bis 18, also 80,5 % von 185 - und vor allem nur recht wenig ansteigend. Dies ist eindeutig mehr mein Wetter als die vergangenen Temperaturen um die 30°C.
Insgesamt 18,2 km in 6:42/km. Das ist doch mal was, ich bin hochzufrieden. Allerdings sind nach Mittag erstmal 3 Stunden Couching angesagt, Cross Training sozusagen.
Obwohl ich dieses Mal die Technikkontrolle weitestgehend außenvor ließ, habe ich das Gefühl, dass ich diesbezüglich bereits eine erste Ernte einfahre. Denn wenn ich dann doch mal schaute, was die Systeme so treiben, dann lief alles fast von selbst schon sehr gut. Ein tappsiges Schlurfen kam erst in KM 17 auf, als die Kraft (vorübergehend) dann wirklich völlig weg war.