Lilly* hat geschrieben:Denn da kann ich nicht helfen, schließlich war ich schon immer schlank und sportlich, wie es heißt und könne mich da nicht richtig reinversetzen, was es heißt, das Ruder des Lebens komplett rumzudrehen. Und das stimmt vermutlich sogar.
Also, vielleicht schaffen es eure Gedanken & Geschichten, die mir liebe Person dem "klick" näher zu bringen.
Ich danke euch vorab!

LG Lilly
Interessanter Gedanke, mit Phoenix-aus-der-Asche-Geschichten Deinem Freund helfen zu wollen.
Ich geh' aber nicht mit Deiner Prämisse mit, dass es ein Klick-Erlebnis braucht. Außerdem glaube ich, dass es vollkommen egal ist, dass Du schon immer schlank und sportlich warst, wenn es um die Bewertung Deiner Hilfestellung geht. Es gibt ja nicht nur das Feld des Sports oder der körperlichen Gesundheit, auf dem Menschen sich besonders diszipliniert, ehrgeizig, strebsam, fleißig, tugendhaft, frustrationstolerant verhalten.
Ein bisschen Transferleistung vorausgesetzt kann man in jedem Lebensbereich die absolut gleichen Muster ausmachen, die für ein Gelingen oder Nichtgelingen verantwortlich sind.
Und dieser Dir nahestehende Mensch wird selbst auch solche Bereiche haben, in denen er gut ist. Das könnte man ihm bspw. vor Augen führen. Hätte den Vorteil, dass er selbst sieht, was er eigentlich zu leisten imstande ist. Und ab und zu den alten Schwabbelkörper bewegen, ganz ehrlich, das ist keine Leistung, die irgendwie vergleichbar mit einem erfolgreichen Beruf, einer guten Beziehung, Fähigkeiten in anderen Hobbies oder einem guten Charakter ist.
Aus meiner eigenen Perspektive (auch wenn ich schon immer schlank und sportlich war - das hört sich übrigens total überheblich an und stimmen tut es eigentlich auch nicht

):
Wenn ich mit mir unzufrieden wäre in irgendeinem Bereich (bin ich natürlich nicht, alles läuft mega

), wäre das Letzte, was ich hören wollte, Geschichten von Leuten, die "es geschafft" haben. Aber diese ganzen "Erfolgsstorys", die die Leute heute vor allem über social media in den Äther blasen, klingen immer gleich (jetzt mal nur im Bereich Sport): "Wenn ich es kann, könnt ihr es auch! Ich war ein fettes, faules Schwein und jetzt schaut mich an! Ich hab's geschafft - ich bin diszipliniert, schön und erfolgreich!" Das alte Ich wird abgelegt wie bei einer Schlange, die sich häutet und man ist angekommen in der schon immer erträumten Zukunft.
Auslöser war dann irgendein mystischer Schicksalsschlag: Vielleicht war man am Kuchenbuffet nach dem vergeblichen Sprint zum letzten Stück Käsekuchen blau angelaufen, oder man hat sich im Spiegel gesehen und dachte, da stünde Rainer Calmund, oder beim Fußballspielen mit dem Sohn musste man sich vor lauter übertriebenem Ehrgeiz hinterher übergeben usw.
Und dann: Klick. Ja, toll. Das hilft doch dem Menschen, der seine ganz eigene Geschichte hat, überhaupt nicht. Was wäre denn der Rat daraus? Dass er selbst bloß warten muss, bis er sich eines Abends auf der Couch an der Prinzenrolle verschluckt und ihm sein Hirn wegen der Luftknappheit das Erscheinen des alten Sportlehrers vorgaukelt, der ihm einhämmert, endlich sein Leben auf die Reihe zu kriegen?
Ganz ehrlich: Solche Geschichten mag es zwar geben und die Leute glauben diese natürlich auch selbst. Ich glaube aber nicht, dass es sowas gibt. Ist doch viel zu kitschig. So ist das Leben nicht. Und falls doch, dann ist sowas nicht nachhaltig oder der wahre Grund, warum diese Leute etwas für sich tun.
Wenn jemand etwas nicht gebacken bekommt und etwas ändern möchte, dann finde ich es am Allerwichtigsten, dem konkreten Handeln erstmal die Bedeutung zu nehmen. Die Überzeugung, "von nun an kremple ich mein Leben um!" ist zum Scheitern verurteilt. Der Entschluss, "och, heute is das Wetter gar nicht mal so kacke, da geh ich doch mal ne Runde spazieren!" ist es nicht. Man will was an sich ändern? Gut, dann jetzt los und irgendwas in diese Richtung unternehmen. Nein? Okay. Kein Problem.
Sich an Geschichten Anderer zu orientieren, ist immer schwierig. Die weisen meist eine Stringenz und Kontinuität auf, die sie in Wahrheit gar nicht haben konnten und meistens nachträglich herbei gedacht werden.
Anfangs ist es schwierig, doof, man schämt sich, stellt die Sinnfrage, hasst alles. Wenn man sich dann auch noch vergleicht und die Geschichten im Ohr hat von Leuten, die zwar genau das auch so erzählen, aber dann nach der ersten Einheit lief alles wie am Schnürchen oder nach 3 Abbrüchen lief alles wie am Schnürchen, oder nach 10 Abbrüchen lief alles wie am Schnürchen, wird es noch schwieriger. Man denkt, man sei nicht stark genug, weil irgendwann habe es ja bei den Anderen schließlich Klick gemacht und man selbst steht bei Anlauf Nr.40 und es knackt höchstens im Gelenk.
Fremde Schicksale sind da nur kontraproduktiv. Man muss was tun, weil man es für sich will und weil man seine eigene Geschichte haben will. Die muss man dann nicht dumm-überheblich auf Instagram mitteilen, stolz sein darf man dann aber trotzdem. Es ist ne Frage des Selbstwerts. Fremde Stories schüchtern da im Zweifel ein. Auf sich selbst vertrauen, machen und immer im Kopf haben, dass man etwas tut, weil man es sich wert ist (wie in der Werbung). Und wenn das nicht reicht, dann muss man hinnehmen, dass das mit Sport halt nix wird. Sport oder damit verbundenes schlank sein oder ähnliche Ziele ist übrigens auch kein Allheilmittel. Da dreht man kein Ruder des Lebens rum, da bewegt man sich nur ab und zu mal ein bisschen heftiger. Und das ist eigentlich ne ganz einfache Sache.
Als letztes noch eine eigentlich nichtssagende, aber für mich passende Anekdote: Nach dem Frankfurt Marathon haben wir aus dem Forum uns nochmal kurz getroffen und ein bisschen gequatscht. Ich will jetzt keine Namen nennen, aber diejenigen wissen Bescheid. Jedenfalls kam auch ganz kurz das Thema Ernährung auf und jemand fragte, wie jemand anders das denn geschafft habe mit der Abnehmerei. Antwort: "Ich hab weniger gegessen." Ganz nüchtern, ganz ernst. Hm, ja, stimmt eigentlich. Ich fand das so großartig. Vielleicht auf den ersten Blick ein bisschen empathielos, da will jemand nen guten Rat und dann kommt das, was eh klar ist. Aber darauf läuft's ja wohl immer raus und das ist das, worauf es ankommt. Ich hab mir danach gedacht: Jo, stimmt. Einfach machen. Wäre ich nach dem Marathon nicht so müde im Kopf gewesen, ich hätte mich köstlich amüsiert, so kam das erst mit ein paar Minuten Verzögerung als wir uns schon verabschiedet haben. Ich fand das genial. Nunja, der letzte Absatz ist vielleicht nicht der Stärkste und als kondensierter Ratschlag vielleicht nur so mittelgut geeignet
