Guten Morgen an Alle.
Ich hoffe, ihr habt Euch soweit ganz gut erholt, Wunden geleckt und nun mit Euch und den Ergebnissen im Reinen.
Mein Laufbericht fällt im Gegensatz zum letzten Jahr (
http://forum.runnersworld.de/forum/anfa ... ost2257817 ) nicht ganz so euphorisch aus.
Ich habe von Euch Rückmeldungen erhalten, dass der Bericht Euch gepackt hat. Stellvertretend möchte ich folgendes Zitat einfügen :
Kirsten:-) hat geschrieben:Lieber tmo83 ...
einen ganz wunderbaren Bericht hast du geschrieben. Glückwunsch zum Debüt und ... Es ist doch wunderbar, wie sehr du Berlin genossen hast!
diese Gefühl, frier' es ein! Der erste Marathon ist wirklich etwas besonderes!
... Aber, lass es dir gesagt sein, auch der 2. ist großartig, erst recht in Berlin
Kirsten hatte Recht. Der erste Marathon ist etwas Besonderes, ein magischer Moment. Der zweite Marathon konnte mir den magischen Moment nicht wieder geben, aber auch dieser war gestern wieder großartig
Aber der Reihe nach, ich möchte nicht nur auf den Lauf eingehen, sondern auch nochmal die Tage durchgehen, wenn ich auch nicht so ausfürhlich/emotional wie letztes Jahr.
Freitag, Samstag:
Meine Frau und ich sind Freitag Abend in Berlin bei meiner Schwester gelandet. Durch die Marathonreise im letzten Jahr wurde man sofort und pausenlos mit dem Thema bedrängt, dass ich das ganze Wochenende Marathonfeeling hatte. Nun waren wir Abends noch was essen und haben mit meiner Schwester geplaudert. Daher war es eher ein normaler Familienbesuch. Habe ich Freitag Vormittag noch geschrieben das ich total euphorisch bin, war Abends davon keine Spur mehr zu finden.
Samstag haben wir erst recht spät gefrühstückt ( meine Schwester ist Langschläferin ) und waren dann zur Stoßzeit auf der Messe. Ich habe ja schon erwähnt, dass wir die typischen Messeopfer waren, haben uns viel angeschaut, ein wenig gekauft, Massagegeräte ausprobiert, beim Team Erdinger Alkoholfrei nen Kaffee getrunken und so weiter und sofort.... Auf der Messe habe ich wieder dieses Marathongefühl erwecken können. Deshalb ist es wohl für mich auch ein Grund dort längerzu verweilen. Ich finde, es gehört irgendwie dazu.
Samstag am späteren Nachmittag waren wir nochmal mit dem Rad am Tempelhofer Feld. Meine Schwester wohnt 5 Minuten davon entfernt. Aber man ist wieder losgelöst für sich alleine und daher rückte der Marathon wieder ein wenig in den Hinterkopf.
Ich denke es gibt zwei, drei große Unterschiede zu letztem Jahr: Ich hatte keine Laufreise, war daher nicht die ganze Zeit von anderen Marathonis umgeben. Die große Panik und Ungewissheit, ob man überhaupt diese Distanz meistern kann war auch nicht da. Das hat mir im letzten Jahr schon ordentlich in die Psyche gespielt. Ausserdem stelle ich für mich fest, ich bin mittlerweile mit dem Prozedere von Wettkämpfen vertraut, es stellt sich eine gewisse Routine ein. Diese hatte ich letztes Jahr auch noch nicht.
Sonntag:
Auch hier Routine: Aufstehen, Laufklamotten anziehen, Kaffee trinken, Banane essen und dann gegen 07.00 Uhr aufs Rad und zum Reichstag radeln. Ich bin ein Mensch, der bei solchen Sachen dann in sich gekehrt ist und sich total fokussiert. Ich brauche einfach meine Ruhe und reagiere eher brummelig. Meine Frau ergänzt mich da ganz gut. Sie ist der emotionale Teil von uns und war auch das ganze Wochenende über hippelig. Sie hatte schon ganz schön mit den Tränen zu Kämpfen vor dem Start. Hierbei sei zu erwähnen das Sie und meine Schwester wieder einen herovrragenden Job gemacht haben. Es ist einfach schön, dass man von seinen Angehörigen Unterstützung vom Streckenrand erhält. Auch wenn ich dieses Jahr sehr auf mich konzentriert war und das dann nicht so zurückspiegeln konnte. Es hat erst vorm Brandenburger Tor wieder zu einem Lächeln und Winken gerreicht. Zwischenzeitlich haben die Beiden sich wohl echte Sorgen gemacht, ob es mir überhaupt gut geht. Das freut mich ungemein, dass die so mitfiebern und es trägt einen über die Strecke.
Ich bin zwar erst etwas später in den Startblock rein, konnte mich aber noch recht gut im forderen Drittel postieren. Leider habe ich keinen Pacer für 04:00 erblicken können. Ich sah nur einen ganz vorne für 4:30 und drei Pacer für 4:15. Ich hatte ja zwei Ziele: 1. Schneller sein als letztes Jahr und 2. zumindest versuchen Sub 04:00 zu laufen. Wollte mich daher an einen Pacer ranhängen, aber nun musste ich dies auf eigene Faust machen.
Vom Start weg wollte ich daher nicht so viel Zeit verlieren. Leider führte dies wieder dazu, dass das Überholen auf der Strecke insgesamt sehr viel Kraft gekostet hat, ich teilweise am Rand auf dem Bürgersteig gelaufen bin und insgesamt sehr viel Zickzack laufen musste. Aber lamentieren hilft nicht, entweder man versucht es oder lässt es bleiben und schwimmt mit dem Strom mit. Diese Ausrede habe ich mir von Anfang an verboten. Ich wollte mich nicht ganz vorne einreihen und daher war mir dies schon bewusst.
Aber im Gegensatz zu letztem Jahr war es daher kein Genusslauf, sondern immer wieder Tempo kontrollieren und konzentrieren. Ich hatte zwar hier und da einen Blick für die Strecke, aber ich bin für mich dann schon in mich gekehrt und versuche mich auf mich zu konzentrieren. Obendrein musste ich nach 5km blöderweise pinkeln. Wollte aber nicht anhalten und Zeit verlieren. Also habe ich meine drückende Blase bis ins Ziel geschleppt. Ich glaube, ich hätte doch einfach kurz anhalten sollen. Dann hätte ich es doch leichter gehabt
Der Lauf insgesamt ging wieder bis km30 recht flüssig und kurzweilig weg, so dass ich hier nicht viel erwähnen will. Weiterhin die Leute überholen, Pfützen ausweichen, hier und da mal über völlig durchnässte Kleidung und Schuhe ärgern.... Das Übliche halt an einem Regenlauf. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Aber man sagt ja nicht umsonst, ab km30 beginnt erst der Marathon. Hier wurde ich nun Stück für Stück langsamer, hatte mir aber vorher einen Zeptpuffer erarbeitet und so richtig schwer viel es mir auch noch nicht. Nach km 35 musste ich dann aber kämpfen. Diese Steigung die Brücke über die Spree hoch hat mich letztes Jahr schon sehr umgehaun. Dieses Jahr hat es mich hier regelrecht zerrissen und ich musste bis ins Ziel deutlich Tempo rausnehmen. Habe mich nicht wieder erholen können. Ich musste meinem Tempo und den Kraftraubenden Überholungen Tribut zollen. Dem Wetter möchte ich direkt nicht die Schuld geben. Temperaturen waren zum Laufen top, die Pfützen, Nieseln und die hohe Luftfeuchtigkeit fand ich aber nicht ideal. Aber ich war mit mir an dieser Stelle im Reinen. Ich habe alles gegeben, um sub 4 anzugehen. Eine deutliche Steigerung zum letzten Jahr war auch mit dem rausgenommenen Tempo mir nicht mehr zu nehmen.
Die letzten Kilometer waren erwartungsgemäß sehr hart und man kann das Ziel nicht mehr erwarten. Meine Frau und Schwester standen wieder am Brandenburger Tor. Endlich konnte ich nun mal lächeln und auch für ein ausgiebiges Winken hat es gereicht. Man ist einfach froh und glücklich, dass es gleich vorbei ist und man es wieder geschafft hat. Durch das Brandenburger Tor laufen, nochmal 200, 300 Meter und dann ist es vorbei.
Kurz nebenbei gesagt: Direkt vorm Ziel, also direkt vor der Ziellinie fängt fängt neben mir ein Mädel an sich zu übergeben. Ich hoffe nur die haben die Einlauffotos schon vorher geschossen, sonst ist die Dame kotzend mit auf meinem Bild.
Nach Zieleinlauf habe ich nur kurz pausiert, um mich dann gleich unter die Dusch zu begeben und warm anzuziehen. Das Wetter war dieses Jahr nicht dafür gemacht länger zu verweilen und durchzuschnaufen. Habe zwei Erdinger mit raus genommen, um draussen noch zusammen anzustoßen und zu trinken.
Als wir dann mit dem Fahrrad los sind und die Passage vor dem Brandenburger Tor passieren wollten, habe ich Isse erkannt. Daher musste das daneben Tigertier gewesen sein. Natürlich kurz extra laut gejubelt, hat mein Gehirn es nicht so schnell verarbeiten können, das Fahrrad abzustellen und das Handy zum Foto machen rausholen zu können. Da waren sie schon weg. Aber ich muss schon sagen, die Beiden gesehen zu haben macht mich schon glücklich. Die haben sich nämlich selber gefeiert und die Arme hochgerissen. Das war für mich das Zeichen das die Beiden sich durchgekämpft haben, sich Beide aber so gefreut haben es geschafft zu haben. Echt toll von euch Beiden !
Fazit:
Auch wenn der zweite Marathon einfach anders ist als der erste Marathon, hat mir der Lauf gestern wieder ungemein viel Spaß gemacht. Es ist einfach schön im Ziel anzukommen und die Ernte für die anstrengenden Wochen, die hinter einem liegen, eingefahren zu haben. Ich bin wieder stolz auf mich, es geschafft zu haben und es bleibt weiterhin für mich persönlich keine Selbstverständlichkeit diese Strecke zu meistern. Es ist weiterhin viel Arbeit dafür nötig. Das haben mir die letzten 4 Kilometer wieder eindrucksvoll bewiesen.
Ich bin mit mir wie gesagt im Reinen. Es war mir schon vorher klar, dass sub 4 für mich sehr schwer werden wird. Nüchtern betrachtet lasse ich zuviel Kraft auf den ersten Kilometern beim Leute überholen. Es ist auch müssig zu sagen, ob es mit anderen Wetterverhältnissen anders gelaufen wäre. Ich könnte auch in Zweifel ziehen, ob es für die Vorbereitung sinnvoll war den HM vor zwei Wochen mit deutlicher PB zu laufen. Aber egal, Alles ist gut !
Dafür das ich dieses Jahr recht spät wieder ins richtige Lauftraining eingestiegen bin, habe ich mir eine super Zeit erarbeitet und meine selbst zusammengestelte Vorbereitung ist auch aufgegangen. Letztes Jahr: Viele WKM sammeln. Dieses Jahr: Weniger WKM, dafür mehr Tempo.
Ich denke das ist gut aufgegangen und mit den gewonnenen Erkenntnissen kann ich ein wenig Feintuning betrieben und an den richtigen Stellschrauben drehen.
Im nächsten Jahr werde ich wieder in der Teilnehmerliste auftauchen. Es gilt einen Freund zu unterstützen und Ihn durch seinen ersten Marathon zu tragen. Ich freue mich schon darauf, auch wenn ich weiß es wird wieder verdammt anstrengend !
Zuschauer:
Die Stimmung an der Strecke war wieder echt toll. Im Vergleich zu letztem Jahr viel diese aber Schwächer aus. Dies hat meine Frau auch subjektiv festgestellt. Ich denke hier hat das Wetter eine große Rolle gespielt. Aber mich interessiert, ob Ihr das auch so wahrgenommen habt.
*edit*
Ich habe ganz vergessen zu sagen:
Es ist einfach geil nach Zieleinlauf ein Erdinger zu trinken und sich anschließend das Finisher Shirt überzustreifen. Das ist ein Gänsehautmoment und ich weiß jetzt schon : Egal wann ich es für einen Trainingslauf im nächsten Jahr anziehe, ich ziehe es mit Stolz an und erinnere mich an den Moment zurück !