Die faule Zeit ist vorbei - endlich!
Die OP liegt nun vier Wochen und einen Tag zurück und heute war ich zur dann fälligen Nachuntersuchung - alles tippitoppi. Das Ausfüllen des Fragebogens war mir fast peinlich - jede Menge Fragen über Schmerzen hier und Irritationen dort in verschiedenen Situationen, jeweils auf einer Skala von 1 bis 10 einzuordnen. Ich wusste nie etwas "besseres" als "0" anzubieten. Doch halt, einmal konnte ich mit einer "1" auftrumpfen, bei der Frage nach einem "Fremdkörpergefühl" im operierten Leistenbereich. Musste das aber gleich wieder einschränken mit dem Zusatz "(selten)". Das alles ist so unglaublich klasse verlaufen, ich bin sehr dankbar. Die heutige "Untersuchung" (einmal gucken, etwas tasten, "Drücken Sie mal") war kurz und im Wortsinn schmerzlos. Tausend Fragen nach der Gestaltung meines Lauf- und Krafttrainings schienen überflüssig bis albern zu sein, wurden geerdet mit einem einzigen entwaffnenden "Machen Sie einfach, Ihre Bauchwand war noch nie so stabil wie heute". Ja, was soll man da noch sagen, außer "Feuer frei!" ?
Bisher habe ich mich ja immer anweisungskonform geschont. Immer? ... ähm ... fast immer. Also meistens bzw. ziemlich oft, d.h. gelegentlich. Oder eigentlich doch eher selten?

Tatsächlich hatte ich bereits am 5. Tag nach der OP einen einstündigen zügigen Spaziergang probiert. War wohl erlaubt, wenngleich da von "zügig" nicht unbedingt die Rede war. Das lief recht gut, aber hinterher muckte es doch irgendwo im Bauch. Also weitere Schonung. Am 10. Tag denselben Spaziergang wiederholt - alles gut, keine Nachwirkungen mehr. Da das Ganze im hügeligen Gelände stattfand, kam ich bergauf ganz schön ins Schnaufen und dachte mir "laufend wäre ich jetzt auch kaum schneller". Ich hasse unbewiesene Behauptungen, also probierte ich es mal. Aber huch - wieso hatte ich eigentlich Laufschuhe an? Wollte doch nur Spazierengehen ...

Immerhin, das fühlte sich sehr gut an, da es bergauf in dem Schleichtempo natürlich keinerlei harte Landungen gab (das Wort "Landungen" ist an sich schon etwas übertrieben). Bergab beließ ich es klugerweise aber doch beim Spazierengehen.
Dann wieder fast eine Woche Pause und ein neuer Versuch. Diesmal suchte ich mir gleich den mit 4% steilsten Hügel der engeren Umgebung und bin so langsam hoch, dass ich keine Gehpause brauchte. Zurück dann sehr vorsichtig runtergetrudelt, harte Landungen auf der Ferse vermeidend. 6 km mit 100 HM am Stück in durchschnittlich 8:08/km, langsam lohnt sich das Aufschreiben wieder. Und wieder war alles gut.
Am Tag 21 brachen wir zu einem Kurztrip an den Bodensee auf. Abends noch eine kurze, etwas hügelige Runde, die zwang mir ein paar Gehpausen auf - aber nicht wegen der Leiste, sondern wegen meiner inzwischen unterirdischen Form. Zum Glück ließ sich das ja als "Orientierungspausen" vertuschen. Am nächsten Tag lief etwas besser (immerhin schon 8,7 km), aber immer noch kurzatmig.
Auch am Tag 24 brachten mich die kurzen, harmlosen Anstiege des Bodenseeradrundwegs immer wieder in Schwierigkeiten. Das übertünchte ich, in dem ich mir auf dem Hinweg zwei potenzielle WoMo-Stellplätze anschaute. Als ich nach 5 km wendete, hatte ich die entscheidende Idee gegen die Müdigkeit. Ich wollte schauen, ob ich nicht auch - zumindest kurzzeitig - mal ein bisschen zügiger laufen könnte. Stellte meine Intervalltimer auf 200m Laufen und 300m Trabgehen. Und heißa, ließ ich's einfach mal fliegen - herrrrrlich! Zumindest jeweils 100m lang, dann meldete sich schon die Puste. Na ja, so schlimm war's nicht, die 8 x 200m konnte ich eigentlich recht konstant in 4:36/km abreißen. Natürlich etwas lahm, denn die Muskulatur war ja auf sowas auch noch gar nicht eingestellt. Also alles noch ein wenig steif und hölzern. Aber einen Riesenspaß hat's gemacht, zumal nix geziept und nix gezwickt hat.
Damit betrachte ich mich als offiziell bereit für den Wiedereinstieg. Wäre da nicht diese schwachsinnige Unvernunft, nach dem letzten Lauf am letzten Wochenende in verschwitzter Kleidung noch rumzukaspern - Abendessen, Geschirr spülen und erst danach Duschen und Trockenlegen.

Das war zu viel, sowas hält selbst mein viel bejubeltes Immunsystem nicht aus. Nachts hat's mich dann nach Jahren mal wieder ganz bös erwischt, erst Halsschmerzen, dann Schnupfen, dann Husten. Jeden Tag was anderes. Aber jetzt, eine knappe Woche später, bin ich fast wieder obenauf.
Heute abend beginne ich wieder mit meinem Athletiktraining, vorerst mal mehr Mobilität als Kraft. Und wenn der letzte Rotz gerotzt ist (ich hoffe ab Montag), starte ich auch wieder mit dem Laufen - einzige Rücksicht wird diejenige sein, die nach 3 Monaten Pause sowieso geboten ist, nämlich langsam einsteigen.
Hach, ist das Leben schön!
P.S.: Das Gewicht konnte ich trotz Sportpause problemlos halten, heute morgen knapp unter 68 kg auf 170 cm. Ich hoffe, da geht jetzt noch was weg bzw. etwas Fett wandelt sich wieder in Muskeln um.