Bei schönstem Wetter war ich am Samstag auf den Weg nach Radebeul bei Dresden mit dem Auto unterwegs, um am Nachmittag bei einem recht ungewöhnlichen Lauf teilzunehmen.
Vor Ort bot sich am Gipfel des Weinbergs an der Spitzhaustreppe eine atemberaubende Sicht auf Dresden an. Eigentlich wäre dieser nicht zu toppen gewesen, aber in der Dunkelheit war der Blick hinunter in die lichtdurchflutete Stadt noch grandioser.
Hier oben muss in lauen Sommernächten der Bär los sein!!!!!
In einem Zelt trafen sich alle Teilnehmer zu ihren letzten Vorbereitungen, bevor es dann um 16 Uhr endlich losging. Etwas mehr als 50 Läufer-/Innen wollten die Treppen mehrfach bezwingen. Einige hatten Mindestziele, von einem Drittel der kompletten Distanz bis hin zu 50 oder 70 Runden, der eigentlich 100 Runden umfassenden Strecke. 397 Stufen (runter und rauf) mit 88,48 HM waren pro Runde (843,90 Meter) zurückzulegen.
Alternativ konnte diese Strecke auch über 24 Stunden hinweg gelaufen werden!!!!!!
Neben einer handvoll bekannter Gesichter lernte ich auch neue Läufer kennen, teilweise kannte man sich bisher nur aus dem Netz.
Herrlicher Sonnenschein begleitete uns auf den ersten Stunden, es war angenehm warm und die Stimmung auf der Strecke sehr gut. Einige Wiederholungstäter verbreiteten gute Laune und animierten die Zuschauer. Wussten sie bereits doch aus Erfahrung, das so ein Lauf nur mit mentaler Kraft und Unterstützung durchgelaufen werden kann!!!
Die Treppen am Weinberg waren sehr angenehm zu steigen, ein Geländer rechts und links half entweder beim Aufstieg oder kontrolliertem Hinablaufen. Ein Gedränge entstand selten durch die schnelleren Läufer/innen. Es galt das "Rechtsgebot".
Unterschiedliche Taktiken wurden durchgeführt, einige gingen konsequent auch auf dem ebenen Teilstück unterhalb der Treppen und andere liefen sogar die Treppen hinauf, oder nahmen direkt 2 Stufen beim Gehen hinauf in Angriff.
Sprüche, Aufmunterungen, Sinnfragen und vieles mehr wurden immer wieder ausgetauscht, da wir uns alle paar Minuten wiedertrafen, treppauf, treppab!!!
Bei meiner 10. Runde lief schon lange der Schweiß. Noch nie war ich auf etwas mehr als 8km so nassgeschwitzt. Sonniges Wetter und Anstrengung sorgten für reichlich .....
Die Spitze zog derweil ihren Rhythmus durch und lag wohl schon 3 Runden vor mir, beeindruckend wie die Gruppe dort vorne die Geschwindigkeit hielt.
Ich hingegen wurde langsamer und stellte mir erste Fragen, warum ich nicht vernünftiger gewesen bin. Der Brocken-Challenge spukte in meinem Kopf herum, der Sturz war wieder omnipräsent. Seitdem (Anfang Februar) war ich bei keinem Lauf mehr dabei. Eine ungewöhnlich lange Zeit für mich, denn nun haben wir Mitte April. Schneechaos im Februar/März sorgten für einige Absagen, weil ich nicht hinfahren konnte und andere Probleme führten zu Ausfällen.
Aber jetzt traf mich etwas besonderes. Ein Schmerz in der linken Taille/Hüfte sorgte für Enttäuschung/Frust/Hilflosigkeit. Runde um Runde haderte ich mit mir selbst. Ich wollte dabei sein, wollte es versuchen, ich wollte mal wieder alles, obwohl ich eigentlich recht vernünftig bin.
Vernünftig war ich dann auch, zumindest sehe ich es selbst so. In der 20. Runde bin ich ausgestiegen, aus Vernunft für künftige Läufe.
Besser wäre es aber wohl gewesen, wenn ich mir diese Strapazen nicht angetan hätte.
Die schmerzlichste Vernunft kam dann aber zwischen der 10. und der 20. Runde zutage. Nicht, das ich solange dafür benötigt habe, um zu dieser Entscheidung zu kommen. Eher musste ich sie mir selbst eingestehen und sie akzeptieren.
Eine Leidenschaft muss beendet werden!!!
Vor 2 Wochen bin ich bei einem Hallenturnier unserer Betriebssportgemeinschaft im Fußball so von den Beinen geholt worden, das ich seitdem ein Hämatom an meiner Taille/Hüfte habe. Einzelheiten erspare ich mir hier lieber!!
Die ersten Tage war kaum etwas möglich. Danach ging es rapide aufwärts, zumindest was normale Bewegungsabläufe betraf. Sogar laufen war problemlos!!! Ein letztes und kurzes Treppentraining war auch 4 Tage vor dem Wettbewerb möglich, allerdings langsam und bedächtig.
Nun aber schmerzte jeder Schritt die Treppen hinauf, das Anwinkeln der Beine und das Abdrücken für die nächsten Stufen wurde schwieriger.
Mit der 20. Runde beendete ich den Lauf in Radebeul und kam zu der Erkenntnis, das meine beiden sportlichen Leidenschaften aus Laufen und Fußball nebeneinander nicht funktionieren!!!
Die Verletzungsgefahr ist zu groß.
Habe ich bisher wahnsinniges Glück gehabt, spüre ich nun die Auswirkungen.
Dies wollte ich bisher nicht wahrhaben. Untereinander ist man in einer Betriebssportgruppe vorsichtig, obwohl kleinere Unachtsamkeiten nicht immer zu vermeiden sind.
Turniere mit einem Wettkampfcharakter und unbekannten Spielern sind jedoch ein nicht zu kalkulierender Faktor.
Daher die traurige Erkenntnis, das ich das Fußballspielen sein lassen muss, sogern ich es auch spiele.
Macht ja auch Spaß, wenn man schneller ist, oder nach 1 Stunde immer noch fit ist und die anderen Jungs schon ins Sauerstoffzelt müssten.
Somit beende ich eine Leidenschaft und sage künftige Trainingseinheiten und Hallenturniere konsequent ab. Ein Standort-Turnier in Köln steht noch an, ein mögliches Finalturnier in Berlin ebenfalls. Ist die Gefahr draussen geringer als in der Halle?!?
Das Laufen, als Leidenschaft ist mir zu wichtig, als das ich es durch die andere Leidenschaft gefährden sollte.
Gewusst haben es andere schon länger, habe es oft zu hören bekommen,
erfahren musste ich es wohl selbst erst einmal schmerzlich, bevor ich selbst dahinter komme.
Grüße
Michael
P.S. Der MDR war vor Ort und hat diverse Filmaufnahmen und Interviews während der Veranstaltung gemacht. Am Mittwoch, den 21.04.10 um 15:30 Uhr wird darüber
berichtet.