Laufbericht zum Haspa Marathon 2016
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Die Eindrücke waren einfach zu viel für einen Tag und das, obwohl es nur ein Vormittag war…
Als Erstes also nur mal eine kurze Zusammenfassung des Laufes:
Kilometer 1-5:
Da der Start eh immer eine enge Geschichte ist, passte das perfekt zu meinem Plan nicht zu überpacen. Im Schnitt so um die 4:55
Kilometer 6-18:
Die schönsten Kilometer des ganzen Marathons. Es lief so locker, dass ich alles um mich herum genießen konnte. Laufen in Klischeemäßiger Reinkultur! Hier kamen auch die schnellsten Kilometer zustande (Der schnellste sogar mit 4:25), weil es langestreckt leicht bergab ging (Landungsbrücken z.B.) Hier einzubremsen hätte genau so viel Energie gekostet, wie es einfach laufen zu lassen. Durchschnittspace langsam aber sicher verbessert auf 4:46
Kilometer 19-30:
Langsam wurde es zunehmend anstrender, aber trotzdem war es möglich die Durchschnittspace Pace auf 4:44 einzupegeln. Jetzt kam der Kopf dazu, dem langsam dämmerte, dass das Rennen bei Kilometerstand 30 noch lange nicht vorbei ist.
Kilometer 31-35:
Im Verlauf dieser Kilometer wurde mir klar, das der Spaß jetzt vorbei ist. Zunehmende muskuläre Schmerzen in den Beinen, pace ab hier im Schnitt um 10 Sekunden eingebrochen. Kilometer 35 kam er dann: Der Hammermann
Kilometer 36-Ziel:
36:
schlimm 37:
schlimm 38:
schlimm 39:
schlimm 40:
schlimm 41:
schlimm 42:
SCHLIMM (Ziel)
Freude nach 1 Minute:
Freude nach 2 Minuten:
Freude nach 3 Minuten:
Freude nach 4 Minuten und den Rest des Tages:
FREUDE
Und nun die Langfassung des Erlebten im Präsens:
Kilometer 1-5:
Ich stehe im Startblock, ich stehe wirklich im Startblock. Um mich herum fröhliche, erwartungsvolle und bibbernde Gesichter. Es ist recht kühl und ich bin erstaunt wie sehr meine dünne Plastikplane hilft. Die olle Wegwerfjacke, die ich mir am Vorabend noch rausgelegt hatte, habe ich tatsächlich zu Hause liegen lassen, typisch! Aber die Plane ist echt gut. Minutenlang stehe ich hier jetzt schon und scharre mit den Hufen. Ich denke an hinterher, an die Badewanne, an die Treppenstufen zur U-Bahn, an das (hoffentlich) geile Gefühl es geschafft zu haben…. Dann ist es soweit STARTSCHUSS, die Aufregung um mich herum nimmt zu und potenziert sich mit meiner Eigenen. Eine süchtig machende Mischung aus Angst, Erwartung und Angriffslust.
Ich laufe! Ich rufe sogar “ICH LAUFE” kein Witz. Voll ist es. Sogar ziemlich voll, der allererste erste Kilometer geht mit 5:20 weg oder so, keine Chance, irgendwo vorbei zu kommen, macht aber nix, ich habe ja einen Plan. Ok, drei Kilometer später geht’s langsam schneller…. “langsam schneller” ein schönes Oxymoron, fast genau so gut wie “Nach dem Bund hatte ich noch lange kurze Haare” Schon komisch was man so denkt, während man läuft…..
...Na ja, hauptsache läuft und es läuft….
Kilometer 6-18:
Ich habe das Läufer Zen erreicht. Ich laufe nicht, ich schwebe, nichts tut weh, alles macht Spaß. Überall stehen Leute und sind gut drauf. Die Pace wird ganz von alleine schneller, ich muss gar nix machen. Von Links tippt mich jemand an… Haha, gibs ja nich, eine Bekannte aus meinem Crossfitkurs: “Welche Zielzeit?” rufe ich ihr zu “3:30” sagt sie, “Cool, ich auch” sage ich und ziehe langsam von dannen… gar nicht bewusst, mein Lauftempo hat sich komplett eingepegelt bei derzeit 4:40
Jetzt kommt ein ABSOLUTER KNALLER, Dieter Bohlen würde sagen “Gänsehautfeeling pur”
Wir laufen durch den Tunnel, der unter dem Hauptbahnhof durchführt, rechts sind in regelmäßigen Abständen fette Lautsprecher aufgebaut, den ganzen Tunnel hindurch. Es läuft das Rocky Theme, hunderte von Läufern mit mir im Tunnel, hinter mir fangen ein paar Läufer an rythmisch zu klatschen, das Klatschen macht die Welle nach vorne, holt mich ein, ich klatsche mit, es hüllt mich ein und überholt mich bis ganz nach vorne…
Gefühlt 1000 Läufer klatschen im Tunnel zum Rocky Theme…. Leute ohne Worte! Das werde ich niemals vergessen, In diesem Moment lebe ich um zu Laufen !
Kilometer 19-30:
Erstes Gel bei Kilometer 19 bäh.... kurze Zeit später passiere ich die Halbmarathon Marke, die Uhr zeigt 1:41:irgendwas, ich fühle mich noch recht gut, denke aber zum ersten mal bewusst daran, dass es ab jetzt wohl nicht mehr so leicht bleiben wird. Moment mal… 1:41:irgendwas? Das war meine Halbmarathonzeit bei meinem ersten Wettkampf im Oktober 2014. Da war ich stolz wie Bolle und völlig am Ende. Das ist 18 Monate her und jetzt ist das meine Zwischenzeit…. wie krass ein Körper sich verbessern kann, is ja irre. Ich bekomme ein wenig Schiss vor meiner eigenen Courage, aber es nützt ja nix, weiter gehts. Bei Kilometer 25 gibts das zweite Gel, ganz nach Plan, schmeckt genauso ätzend wie immer das Zeug… So jetzt kommt gleich Kilometer 26, da steht meine alte Band (Deren Frontmann ich mal war) an der Strecke und spielt live! Hä? Wieso höre ich die schon? Die sind noch mindestens 300m weit weg… okaaay….. die meinen das ernst. Da sind sie ! Die Verrückten stehen direkt am Rand und beschallen den Stadtteil, ich juble ihnen zu und sie erkennen mich auch.
Wer bei Facebook ist, kann ja mal hier schauen:
https://www.facebook.com/Knup-163005060451395/?fref=ts
Wer da nicht ist klickt eben hier:
ACHTUNG Punkrock mit KNUP
KNUP heißt übrigens PUNK rückwärts geschrieben....
Deren Fotografin hat mich sogar erwischt:
Kilometer 30 da steht meine Familie, GEIL ! Meine Kinder schreien, meine Frau schreit, meine Mutter schreit, ich schreie…. ich laufe kurz zu meinen Kindern halte an und klatsche ab “Papa, Du musst doch weiterrennen” schreit mein Kleiner mich an…. und weiter gehts… das letzte Mal mit einem Grinsen im Gesicht, wie sich ab dem nächsten Kilometer herausstellen wird…
Kilometer 31-35:
Kurz nach dem Treffen mit meiner Familie ist der Spaß endgültig vorbei. Wäre das Rennen jetzt zuende, wäre alles toll, aber 12 Kilometer noch… Aua. Ich würge mir das letzte Gel rein in der Hoffnung, dass ein Wunder passiert. Das passiert auch: Mir wird davon immerhin nicht schlecht, aber das ist auch alles. Die Beine sind am Ende, die Puste erstaunlicherweise nicht, auch eine Erfahrung. Irgendwie rette ich mich zur 35er Marke und damit fängt der Alptraum an...
Kilometer 36-Ziel:
Schlagartig werden die Beine komplett unwillig. Immer wieder fangen beide Waden an zu krampfen, ich habe jetzt ständig Durst (Ach Du Scheisse, was wissen wir über Durst? Richtig, wenn er da ist, ist es zu spät) Ab hier nehme ich jedenGetränkeservice mit incl. kurzer Gehpausen beim Trinken. Ich kann nur noch an Wasser denken und daran, dass das Ziel noch so verdammt weit weg ist. Ich schaffe es immer wieder die Pace auf sub5 Minuten zu bekommen, aber die kurzen Gehpausen werden das auf der Auswertung später unsichtbar machen. Eine Frau ruft mir vom Rand zu: “Markus, das geht schneller !!! “ Ich schreie sie an: “Machs doch besser DU SCHLAMPE !!!”
Gottseidank habe ich das nur gedacht, allerdings so laut, dass es gut sein kann, dass sie es trotzdem gehört hat.
Trotzdem, das Publikum nervt mit einem Mal, ich will dass es weg ist, ich will dass es ein Erdbeben gibt welches das Rennen spektakulär beendet, hier und jetzt. 2000 Tote, die alle in Erdspalten gestürzt sind, mir doch egal, egal, egal… ich will, dass es vorbei ist.
Noch 2000m. Ohne Publikum wäre jetzt irgendwie doch nix,und die Schmach JETZT zu versagen… wäre das Publikum jetzt weg und ich würde lediglich 1000€ geboten bekommen, wenn ich weitermache, ich würde das Geld in den Wind schlagen oder noch besser, demjenigen, der es mir angeboten hätte, in den Hintern stopfen... trotzdem noch eine letzte kurze Gehpause 700m vorm Ziel. Klingt albern? Stimmt, fühlt sich aber verdammt ncoh mal nciht albern an, neben mir kommt noch einer zum stehen, wir sehen uns klagend an und raffen uns wieder auf…. “MAAAAAARKUS” höre ich meine Frau schreien… wie? meine Frau? das war gar nicht abgemacht, da steht sie, oh Gott wie geil, da der rote Teppich ich kann ihn sehen, er leuchtet so hell wie ein Licht, das Licht am Ende des Tunnels, ich passiere die Ziellinie, ich lache, ich weine… vor Freude und vor Erschöpfung, das erste was ich sehe, dass ganz viele Leute einen Becher alkoholfreies Weizen haben, das will ich auch JETZT SOFOORT !!!