Lilly35 hat geschrieben:Ein Gedankenanstoß, den ich trotzdem (noch einmal) setzen möchte: Ist euch mal aufgefallen, dass Frauen und das, was Frauen tun, viel stärker kritisch beäugt wird? Das zieht sich ja wirklich durch alle Lebenslagen. Ist hier jemals bei einem Mann, der eine starke Körperfettreduzierung (hello MCA) versucht hat, soviel kritisches gekommen wie bei einer Frau?
Oh,

! Deshalb konnte ich mir einen entsprechenden Kommentar nicht verkneifen. Einerseits ist es ja klar, dass es Bedenkenträger gibt, wenn man per Wette beschließt, innerhalb kürzester Zeit seinen Körper auf möglichst effektive Art fit zu machen und Wert legt auf die entsprechenden ästhetischen Aspekte.
Andererseits sehe ich das genau so wie du, dass es schon interessant ist, dass Frauen in der Hinsicht sicherlich häufiger Ziel dieser Bedenken sind. Meiner Meinung nach passiert sowas, wenn jemand ein klischeehaftes Bild vom jeweiligen Geschlecht hat und dies unreflektiert nach außen trägt. Wenn schon von "damenunphysiologisch" gefaselt wird, dann hat da jemand ein Frauenbild im Kopf, was seiner Meinung nach der Norm entspricht und alles, was da nicht reinpasst, muss erstmal kritisch hinterfragt werden. Sensibilität fürs Hinterfragen ist hier auch durchaus vorhanden. Nur muss man sich dann auch entsprechende Auseinandersetzungen mit diesem Hinterfragen einfach gefallen lassen, vor allen Dingen wenn es, so scheint es zumindest, auf irgendwelchen altbackenen Vorstellungen darüber beruht, was ein "normales"/"gesundes" Maß an Körperfett für Frauen ist.
Lilly35 hat geschrieben:Ich kenne so einige "Pumper", die jede freie Minute im Studio verbringen, einen krassen Ernährungplan einhalten und niemand sagt was dazu. Ich dagegen musste mir in den 3 Wochen jetzt schon sooo viel anhören. "Das ist total krank.. das sieht krank aus... das ist doch ungesund!!" usw..
Das ist ein interessanter Punkt. In dem einen Fall wird etwas als untypisch für das eine Geschlecht (weiblich) und als typisch für das andere (männlich) angesehen. Es wird als männlich betrachtet, wenn man vor lauter Muskeln kaum gehen kann. Es wird als männlich betrachtet, ein Sixpack zu haben, weils von der Werbung so vermittelt wird und weil es von einer Vielzahl von Leuten als attraktiv bewertet wird (was wodurch bedingt wird, ist zweitrangig). Dabei kann das typisch männliche Pumperverhalten viel ungesünder sein als die Frau, die einen athletischen Körper anstrebt. Fakt ist, dass zu beidem Disziplin gehört und beide Extreme (extreme Frauen-, sowie Männerkörper) nicht gesund sind. Der eher reflexartig von vielen Männern als "unattraktiv" bezeichnete athletische Frauenkörper aber wird viel schneller als ungesund bezeichnet. Meiner Meinung nach geschieht das vor allen Dingen von Seiten der Männer, die sich, wenn eine starke Frau auftaucht, in ihrer eigenen Männlichkeit bedroht fühlen. Dann unterstellt man lieber schnell eine krankhafte Neigung zum Extremen und rückt den ästhetischen Frauenkörper weg aus der gesunden Ecke, auch um sich selbst zu rechtfertigen, schließlich ist zu viel Sport ja auch nicht gesund.
Lilly35 hat geschrieben:Übergewichtige sportlose Büromenschen, die unter Rückenschmerzen oder mit 40 schon unter Arthrose in den Kniegelenken leiden, unterstellen mir, dass eine kräftige Rumpfmuskulatur "total krank" sei. Wenn ein Mann einen tollen durchtrainierten Körper hat, wird das einfach hingenommen, es ist toll. Wenn eine Frau einen hat, wird darüber disktuiert ob das zuviel ist oder nicht, ob IIIHH oder BÄH oder noch gesund oder übertrieben. Aber nicht nur auf mich und die jetzige Challenge bezogen. Frauen werden einfach viel öfter kritisch beäugt.
Richtig. Natürlich ist es für eine Frau schwierig, wenn sie, wie du, ein (vermutet) nicht der Mehrheit entsprechendes Schönheitsideal ausgesucht hat und dafür hart arbeitet und sich zusätzlich noch dummes Gerede von beiden Seiten anhören muss. Das verbreitete weibliche Schönheitsideal ist einfach, wenn auch mit einigen Variationen versehen: Sei schlank, sei vielleicht dünn, ordentlich Holz vor der Hütte wird zumindest medial gern gesehen und ein bisschen darfs auch hintenrum gerne mehr sein (ersteres schwierig bis unmöglich trainierbar, letzteres nur bedingt). Aber man ist relativ safe, wenn man dünn ist - ganz egal, ob das jetzt gesund ist oder nicht - es wird im Allgemeinen als attraktiv bewertet.
Als Mann siehts da anders aus. Nur dünn zu sein reicht nicht, um dem allgemeinen Ideal zu entsprechen. Denn zart, beschützenswert und scheu sind keine als "männlich" erachteten Merkmale. Hier wird mehr verlangt. Ein Sixpack sollte es mindestens sein, breite Schultern, keine Hühnerbrust und ein starker Rücken. Und keine Storchenbeine. Dicke Arme kommen auch gut an. "Männlich" ist man, wenn man stark ist. Und Muskeln zeigen das erstmal oberflächlich am besten. Das Idealbild wird wohl sowas wie das Abercrombie&Fitch Model sein. Darauf können sich sehr viele einigen. So einen Körper zu erreichen, ist aber harte Arbeit. Und so rennen Millionen Männer diesem Ideal hinterher und die Fitnessindustrie verdient sich dumm und dämlich damit. Mit Versprechungen, der ideale Körper warte schon um die Ecke. Wenn jetzt aber der hemdsärmelige Bürohengst mit dem Training beginnt, kann er sich sicher sein, dass auf ihn jahrelange harte Arbeit wartet, bis er am Ziel ist. Für eine Frau reicht es, wenn sie, je nach Ausgangslage natürlich, ihre Ernährung umstellt und ab und zu auf den Stepper geht. Trotzdem hast du Recht, dass Frauen öfter kritischer beäugt werden. Ein "schöner Männerkörper", wenn man ihn sich als Ziel gesetzt hat, ist meiner Ansicht nach aber schwieriger zu erreichen, was bedeutet, dass es sehr viele Männer gibt, die sehr unzufrieden mit ihrem Körper sind, obwohl sie hart an sich arbeiten und obwohl Frauen diese kritische Sicht auf den männlichen Körper vielleicht gar nicht so sehr haben und häufig andere Dinge viel mehr wert schätzen (was gut ist und umgekehrt sicherlich auch häufig der Fall sein dürfte). Vielleicht ist es häufig selbst induziertes Wettbewerbsdenken bei Männern. Man will als männlich und stark wahrgenommen werden, also versucht man, irgendeinem erdachten Ideal nachzurennen, auch wenn das vielleicht gar nicht in dieser Vehemenz nötig ist. Dass man es als Frau im Allgemeinen jedoch schwerer hat, hast du selbst gut dargestellt und ist auch mein Eindruck.
Lilly35 hat geschrieben:Oder wie oft hört man es im Sommer hinter dicken Frauen hinterherzischen "iiiih.. muss die so einen kurzen Rock tragen??". Habe noch nie gesehen, dass jemand dicken männlichen Stampfern in kurzen Hosen so einen Kommentar hinterhergezischt hätte. Ich gehe davon aus, dass jeder von euch schon mal den Begriff "Hängetitten" gehört hat. D.h., jeder hat diese uncharmante Thematisierung irgenwann irgendwo in seinem Leben schon mal mitbekommen. Habt ihr dagegen jemals erlebt, dass Frauen sich darüber lustig machen, dass bei Männer mit zunehmenden Alter ein anderes Körperteil auch nicht mehr frisch aussieht und hängt? Habt ihr das jemals erlebt? Ich bleib dabei. Frauen werden kritischer betrachtet, öfter kritisiert, öfter in Frage gestellt als Männer. Und dieses Ungleichgewicht nervt mich auch manchmal.
Ja, ich möchte da jetzt kein Geschlecht von Oberflächlichkeit freisprechen. Dass im Alter bei den Männern gewisse Dinge auch in der Gegend rumhängen kann besonders tragisch sein, wenn es mit der leider weit verbreiteten Altmänner-Marotte "Ich zieh' die Hose hoch bis zu den Brustwarzen" einher geht. Am besten noch gepaart mit pastellfarbenen, zu engen Stoffhosen.

Diese Tatsache war mir lange Zeit unbekannt, bis ich von weiblicher Seite immer wieder darauf aufmerksam gemacht wurde. Und es ist teilweise schockierend, wie manche Männer aus dem Haus gehen.

Dass sich in Frage stellen lassen hat, an deinen Beispielen gemessen, meiner Meinung nach mit der Angst von Männern zu tun, es könnte ihnen eine Frau ihre Position streitig machen, was sie folglich als unmännlicher dastehen lassen würde. Es wirkt fast wie eine Angststörung, die viele panisch werden lässt und zu so irrationalen Reaktionen führt, wie du sie beschrieben hast.