Heute der erste VO2max-Lauf des Pfitzinger-Plans. Dieser Lauftyp findet (bei mir) ja immer jeden 2. Donnerstag statt, im Wechsel mit Schwellenläufen an den übrigen Donnerstagen. Diese Einheit ist für mich noch ein Buch mit sieben Siegeln. Wären - wie z.B. bei Daniels - einfach kurze, schnelle Intervalle im Flachen mit weniger Erholung vorgegeben, wär's einfach. Pfitzinger bleibt da aber etwas unspezifischer. Im Plan steht: "5 x 2:30 on grass, golf course, or trails". Himmel, wo kriege ich jetzt einen Golfplatz her, wo mich die Golfergemeinde nicht mit Schimpf und Schande vom Schnee jagt ?

Zum Tempo bzw. zur Anstrengung dieser speziellen Enheit sagt P. wenig. Da die nächsten Läufe dieser Art dann aber "moderately steep uphill" sein sollen, vermute ich, dass das heute eine noch etwas verhaltene Einstimmung auf das VO2max-Training sein soll, um Leute, die bis zum Beginn des Plans nur ruhig gejoggt sind, nicht gleich zu verprellen. Das brauche ich aber nicht, also überlege ich mir folgende Variation: Die nächsten drei VO2max-Läufe finden am Berg statt, jeweils 5x, aber mit steigender Dauer (2:30, 3:00, 3:30). Also probiere ich das heute mal ebenfalls am Berg mit 5 x 2:00. Die Frage nach dem Tempo beantwortet das allerdings nicht, da muss ich mich wohl nach dem Puls richten. Pfitzinger nennt dafür (für VO2max-Einheiten) allgemein 95 bis 100% HFmax. Huuh, gut dass ich mein HFmax gerade reduziert habe.

Zur Erholung soll 50 bis 90% der Intervalldauer langsam gelaufen werden. Was am Berg (auf immer demselben Abschnitt) aber eher heißt: volle Kanne langsam hoch und abwärts etwas schneller entspannt zurück. Bei genügender Steigung sollte das gehen.
Meine Wahl fällt auf den Anfang meiner Panoramarunde, wo's immer nach 1,4 km stramm den Hügel hochgeht. Ich wähle mir die steilsten 400m aus, mit 23 Hm Differenz, also 5,8% (tatsächlich aber stark koupiert, mit wechselnden Steigungen). Klingt harmlos, aber für mich ist dieser Hügel immer wieder eine Herausforderung. Ihn jetzt öfter mal richtig hochzukeulen sollte ihn in Zukunft um einiges "eindampfen" - ein willkommener psychologischer Nebeneffekt. Allerdings will ich das Einlaufen heute etwas ausführlicher gestalten als sonst. Deshalb vorher noch ein Abstecher ins Dorf runter, um einen Brief einzuwerfen. So kommen 2,5 km Einlaufen zustande. Zum Glück hat der strenge Frost heute erstmals etwas nachgelassen, nur noch -1°C. Entsprechend leicht bin ich heute angezogen (kurzes Funktionsshirt, Windjacke, dünne Handschuhe), was sich aber noch rächen sollte.
Auf der Tour durchs Dorf merke ich schon, dass ich heute richtig gut drauf bin, Kraft in den Beinen und keinerlei Zipperlein oder Müdigkeit. Am Hügel angekommen, die erste Ernüchterung: der Weg ist immer noch schneebedeckt und stellenweise vereist. Überall glatt, nur ganz am Rand gibt es einen leicht verschmutzten Streifen, der wenigstens etwas Halt verspricht. Ich renne in Zwei-Minuten-Abschnitten den Berg hoch. Anfangs sofort das steilste Stück und dann etwas flacher. Läuft gut - so schnell bin ich diesen Anstieg in der Neuzeit noch nicht raufgelaufen. Danach sollte eigentlich nochmal ein Steilstück kommen, aber vorher piepst die Uhr - die 2:00 Minuten sind um. Und ich bin noch nicht einmal traurig drum.

Jetzt will ich zügig bergab laufen, was aber nicht geht, weil der Weg viel zu rutschig ist. Bergab ausrutschen wäre nochmal eine Größenordnung doofer als bergauf. Also brauche ich für den Rückweg doch tatsächlich 2:30. Das lässt sich auch nicht abkürzen, da mir bei verfrühtem Bergaufstart spätestens beim 3. Intervall oben der Berg ausginge. Also stelle ich meine Intervalltimer auf 2:00 / 2:30 und gut iss'.
Da ich immer genau 2:00 Minuten bergauf renne, lässt sich die Sache am besten über die erzielte Distanz bzw. die Pace beschreiben:
# | min. | Distanz (m) | Pace | Puls (max.) |
1 | 2:00 | 340 | 5:58 | 155 |
2 | 2:00 | 330 | 6:04 | 158 |
3 | 2:00 | 310 | 6:27 | 161 |
4 | 2:00 | 310 | 6:32 | 162 |
5 | 2:00 | 290 | 6:47 | 162 |
6 | 2:00 | 280 | 7:04 | 160 |
#6 ? Jawoll. Zu Hause stelle ich fest, dass ich mich tatsächlich verzählt habe.

Macht aber nix - das letzte Intervall war nämlich so grottig, dass wir es gerne streichen können. Erstaunlicherweise kann ich den Puls partout nicht höher treiben, obwohl ich auf der zweiten Hälfte fast jeden Intervalls im 1+1 Rhytmus hochjappse. Vermutlich habe ich jeweils am steilen Beginn immer gleich zu viele Körner gelassen, dass meine Muskeln schon nach der Hälfte nicht mehr in der Lage sind, den Kreislauf mehr zu fordern.
Insgesamt nicht total berauschend, die Beine werden von Mal zu Mal schwerer. Nächstes Mal dürfte der Weg wieder freigetaut sein, und dann wird's - vielleicht doch mit etwas Einteilung - sicher besser. Trotzdem eine interessante Einheit, die mich mal wieder so richtig angenehm aufgemischt hat.
Will gerade zufrieden heimwärts trotten, als mir einfällt, dass ja auch die Wochenkilometer passen müssen. Dazu hatte ich mir für heute 12 km auf den Plan geschrieben, von denen aber erst die Hälfte um ist. Also den Berg ganz raufgelaufen und die ersten 4 km meiner Panaoramarunde zu Ende abgespult. Dass mich der mittlerweile schneidende Ostwind dabei leicht anschiebt, nehme ich dankbar mit. Nach der Wende nach insgesamt 8 km trifft's mich dann aber wie ein Keulenschlag. Der Wind ist inzwischen so stark geworden, dass er mich richtig ausbremst. Und nun rächt sich die zu dünne, auf Tempoarbeit ausgerichtete Kleidung. Binnen kürzester Zeit bin ich total durchgefroren, besonders die Hände sind nur noch Eisklumpen. Nur der Gedanke an das auf mich wartende Mittagessen hält mich noch aufrecht. Es gibt Zwiebelrostbraten am Mus von der Rennkartoffel.

Ich bin augenblicklich versöhnt.
Insgesamt 12,3 km mit 210 Hm @8:09/km total. Ärgerlich: Polar stuft das Ganze als "Basistraining" ein mit dem niedrigsten Running Index (46) seit langem. So motiviert man seine Kundschaft ...
