Wie weit kommst du?
Das war die Frage bei der heutigen 2h Challenge. Ich finde so etwas spannend. Sogar deutlich interessanter als Rennen mit bestimmter Distanz. Denn wenn die Zeit fest steht, dann ist der Weg das Ziel. Und das Ziel unbekannt.
Auf Instagram las ich also vor einigen Tagen von dieser Challenge und das hat mich gereizt. Ich bin zwar etwas angeschlagen, aber ich war definitiv motiviert. Und die letzten Tage sortiere ich damit einfach als Tapering ein
Also, wie weit kann man in zwei Stunden laufen?
Ein gute Frage. Irgendwas zwischen Marathon- und Halbmarathon-Pace. Ich habe mir errechnet, dass ich 26km auf jeden Fall schaffen (=4:37 Pace) sollte und 27 km (=4:27 Pace) das Sahnehäubchen wären. Meine HM-PB hätte mich auf fast 28km gebracht, aber dafür hätte es dann wohl doch etwas genauere Vorbereitung bedurft.
Also irgendeine Pace langsamer als 4:20 und schneller als 4:30. Das war mein Plan. Die Strecke wieder meine Hausstrecke im Leinbachtal. Aus logistischen Gründen diesmal nur ein 3km Pendel, damit ich am Ende nicht ganz hinten im Tal stehe und noch 7 km auslaufen "
darf"
War schlau, denn das hätte ich nicht mehr geschafft.
Von meinen gestrigen Geschenken hatte ich die neuen Endorphinen untergeschnallt und zwei Hydrogels im Gepäck. Eigentlich benötige ich für diese Distanz so etwas nicht, aber man weiss ja nie und es ist gut für den Kopf. Vorneweg, natürlich habe ich sie genommen.
Die Pace fühlte sich zunächst richtig locker an. Ist ja klar, vor einer Woche bin ich da mit einer fast 40 Sek. schnelleren Pace unterwegs gewesen. Aber eben auch nur 5 Kilometer weit gelaufen
Wie geschrieben, auf dem Weg überlegte ich mir das mit dem 3km Pendel. Diese sechs Kilometer wollte ich 4 mal durchlaufen, 2 Kilometer hatte ich um Hinlaufen, also würde ich bei etwas mehr als 26km das letzte Mal das Tal rauskommen und der Rest wäre dann der Endspurt einfach den Radweg so weit wie möglich Richtung Heimat.
Das Plan ging auf, soviel vorweg.
Unterwegs war ich wieder viel mathematisch unterwegs. 20 Minuten sind 1/6 der Gesamtzeit. 4*3 km sind 1/2 der gesamten Pendellei. 1 Stunde ist die Hälfte der Gesamtlaufzeit usw. usw. Immer schön die Zahlen schön halten, damit es nicht so weh tut. Denn der Schmerz würde kommen. Das war mir klar.
Schmerz ist dabei vielleicht der falsche Ausdruck, ihr wisst was ich meine. Erschöpfung, gepaart mit Unwille und schweren Beinen bei brennender Lunge und ballerndem Herz eben.
Und so pendelte ich eine Weile hin und her. Mit der Pace war ich zufrieden. Mit dem Wind nicht. Er war spürbar und einige Böen waren unterwegs. Das kann dir ganz schön den Schwung auf der Geraden nehmen. Aber so ist das eben. Freiluftsportart.
Bei Kilometer 10 dachte ich das erste Mal daran, wie das wohl gut gehen soll? Ich hatte das Gefühl, langsamer zu werden. Aber das ist immer so eine Sache mit den Gefühl. Die Strecke ist zwar sehr flach, aber eben nicht ganz, des Weiteren ist sie verwinkelt und der Wind kommt mal von da und mal von da. Das spielt alles eine Rolle. Aber irgendwie hatte ich so das Gefühl, dass ich zu schnell bin. Immerhin nur etwas langsamer als meine HM-PB-Pace. Auf der anderen Seite sind es aber auch nur sechs Kilometer weiter. Das waren so meine Gedanken.
Zur Halbzeit hatte ich das erste verwertbare Statement, welches ich auch verstand. 13,7 km, aber ich war auch schon leicht über der Stunde drüber als ich drauf schaute. Ich war auf Kurs, aber langsamer durfte ich nicht werden.
Beim dritten Pendel war ich dann versucht die Strecke zu ändern. Irgendwie fand ich es anstrengend und wollte nicht nochmal da durch. Also wollte ich weiter laufen und mir ein Pendel sparen. Aber dann dachte ich mir nur, dass das auch eine doofe Idee ist. Eigentlich war zu dem Zeitpunkt alles eine doofe Idee. Der Blick auf die Uhr war auch irgendwie kein Freund. Die Pace war immer noch perfekt. Aber der Kopf begann damit streiche zu spielen. In meinen Berechnungen bekam ich es nicht mehr hin.
Halbmarathon bin ich dann bei 1:32:40 ungefähr durch. Also nur 1:50 Minuten über meiner PB. Und damals war dann Ende. Heute sollte es noch 27 Minuten weiter gehen. Und ich bekam es mit den Zahlen nicht mehr gebacken. Ich rechnete zu grob, überschlug ein Pendel mit 15 Minuten. Was natürlich quatsch ist, es sind ja nur ~13:15.
Aber Joel war im Panikmodus. Letzte Wende bei 1:43:51 Stunden sowie 23,67 km. Also nur noch 3,33 km und mehr als 16 Minuten Zeit. Aber ich hatte noch immer die 15 Minuten im Kopf. Also weiter auf die Tube gedrückt. Eigentlich war ich ja save. Aber der Kopf begann die Ausfallszenarien zu zeichnen. Schnell fällt man in der Pace auf > 5 und dann? Und dann kam zu allem Überfluss auch noch die Gänsehaut über den Rücken gekrochen.
Oh ja, innerlich ging es drunter und drüber. Ich frage mich dann im nachhinein oft ob andere Läufer auch so viel denken unterwegs? Ob jeder diese Szenarien vor dem Ziel hat. Diese
Fastpanik?
Und dann endete das Leiden und begann umgehend in inverser Art
Ich erreichte die 27 km bei 1:58:20 ungefähr. Jubel, Trubel Heiterkeit. ABER!!! Das ist das gemeine an dieser Art von Wettkämpfen. Es waren ja noch 1:40 Minuten zu laufen
Wie unfair ist das denn? Und wie soll ich jetzt weiter machen? Ich konnte nicht mehr wirklich, ich wollte nicht mehr wirklich, aber ich musste! Wie hätte das sonst in der Pacegrafik ausgesehen, wenn eine Minute vor dem Ende plötzlich aufgegeben wird? Das geht ja gar nicht. Also weitergerannt. Und die Minute nahm kein Ende.
Es war wirklich komisch. Die ganze Zeit rannte ich der Uhr verzweifelt hinterher und plötzlich, als wollte sie mir eine lange Nase machen, strafte sie mich genau dafür noch mal ab. Indem sie mich nicht ankommen ließ.
Aber irgendwann war es dann doch vorbei. Bei 27,35 km blieb die Uhr stehen. 4:23 er Pace über alles. Wahnsinn. Ich bin happy und kaputt.
Aber es gibt mir Mut und macht mir gleichzeitig Druck. Denn damit sollte ein Marathon in 3:15 Std. drin sein. Sagen mir die Pacerechner dieser Welt. Aber mein Kopf sagt mir nur:
"BIST DU BESCHEUERT? NOCH MAL 1:15 STUNDEN LÄNGER LAUFEN? DAS DARF DOCH NICHT DEIN ERNST SEIN!"
Und hier die Splits, die echt gut waren, man erkennt an ihnen weder Panikmodus noch große Schwankungen, wie ich finde.
Bei den 10km Zeiten kann man nicht meckern, zwischen den ersten und den zweiten zehn nur 5 Sekunden Unterschied. Das finde ich echt gut. Die 5er Splits sind etwas unausgewogener. Das liegt etwas daran, dass es mal mehr und mal weniger hoch und runter ging. Also die Strecken nicht immer die gleichen Gegebenheiten hatten. Von daher kann ich auch damit leben.
Joo, und die 1k Splits. Die sind wie sie sind. Am Ende konnte ich noch nachlegen. Was will man mehr? Ich denke alles richtig gemacht.
Fazit. Geil
Hat Spass gemacht, sich mal wieder richtig zu schinden. Es war ganz anders als die letzte Woche der 5er. Völlig anderes Kino, aber auch geil. Ich bin, wie ich ja schon schrieb, immer etwas hin und her gerissen was die Welten angeht. Also Kurz- und Langstrecke.
Auf jeden Fall etwas, was man mal machen sollte. Ob ich es wiederholen werde? Ich bin mir nicht sicher