Ranaerob hat geschrieben: 23.07.2025, 22:00
ToPoDD hat geschrieben: 23.07.2025, 10:29
Das Grundkonzept ist für mich, insbesondere in der Grundlagenphase, sinnvoll, empirisch belegt und wissenschaftlich stimmig. Hoher Umfang, langsame DL, viel Zeit im Bereich zwischen LT1 und LT2 erreichen. Gerade Punkt 2 und 3 dürfte für viele schon viel helfen.
Ich finde den Ansatz spannend, aber frage mich, ob das wissenschaftlich tatsächlich klar belegt ist. Gibt es Studien, die zeigen, dass eine lange Grundlagenphase, wie du sie beschreibst, objektiv bessere Resultate bringt als ein Modell mit mehreren Höhepunkten im Jahr?
Wenn man etwa auf die NCAA schaut, sieht man ein durchgetaktetes System: Crosslauf im Herbst, direkt danach die Hallensaison, und nach nur wenigen Wochen Pause beginnt schon die Outdoor-Saison. Auch wenn das sportlich extrem fordert, zeigt die Praxis, dass Athleten damit sehr erfolgreich sein können, trotz (oder gerade wegen) kurzer Übergangsphasen.
Das lässt vermuten, dass nicht unbedingt die Länge der Grundlagenphase entscheidend ist, sondern die Gesamtstruktur und das Zusammenspiel von Belastung, Anpassung und Regeneration.
Da hast du mich, glaube ich, komplett falsch verstanden. Zum einen ging es mir nicht um "besser" sondern um "empirisch belegt und wissenschaftlich stimmig". Was ich damit sagen wollte: In der Praxis bewährt und durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt. Hier ein Artikel von Bakken/Casado/Foster/Tjelta, der die Erkenntnisse gut zusammenträgt und auch auf die entsprechenden Studien verweist (nicht vom etwas reißerischen Titel abschrecken lassen):
Does Lactate-Guided Threshold Interval Training within a High-Volume Low-Intensity Approach Represent the “Next Step” in the Evolution of Distance Running Training?
Zum anderen schreibe ich nichts von einer LANGEN Grundlagenphase. Ich habe das Konzept jetzt zweimal für 6 Wochen am Start der Vorbereitung genutzt, um eine gute aerobe Grundlage aufzubauen. Dafür passte mir die Herangehensweise gut: Hohe Umfänge und moderate, kontrollierte Intensität. Keine Ahnung, wo du rausliest, dass ich für eine lange Grundlagenphase plädiere
Die Frage welches "System" am besten ist, ist aus meiner Sicht nicht generell beantwortbar, auch wenn man das mit Interventionsstudien immer wieder versucht. Jeder Sportler ist individuell in seinen genetischen Voraussetzungen, Trainingshistorie, mentalen Fähigkeiten... Demnach werden unterschiedliche Ansätze auch immer unterschiedliche Wirkungen haben. Entscheidend ist doch, dass es im spezifischen Moment, beim spezifischen Athleten funktioniert und nicht in irgendeiner künstlichen Studie über X Wochen.
Volle Zustimmung zum letzten Teilsatz "Gesamtstruktur und das Zusammenspiel von Belastung, Anpassung und Regeneration" ist entscheidend.
LaufSteff hat geschrieben:Wenn man sich in dem Faden einige Läuferviten durchliest, stößt man häufiger auf folgendes Schema:
Lange Stagnation der PB bei bestimmter WK-Distanz, Umstellung auf NSA-Training, nicht für möglich gehaltene Pulverisierung der PB. Für mich schon verständlich, dass einige Läufer da sehr euphorisch werden.
Der häufige Schluss daraus:"...und früher habe ich den Trotteln geglaubt, die meinten, man müsste im Training für 5K-WK auch mal 5K-Tempo ansprechen." - ist halt ein Trugschluss. Da sie jetzt eine nicht für möglich geglaubte PB erreicht haben, wähnen sie sich nah am persönlichen Limit, obwohl sie mit spezifischerem Training (höchstwahrscheinlich) eben noch mehr rausholen könnten.
Die Verbesserung ergibt sich eben aus den höheren Umfängen bzw. genauer gesagt aus dem höheren Trainingsload und um diesen zu erreichen, bietet sich diese Methode eben sehr gut an.
Inwiefern man damit + nur ganz wenig spezifischen Einheiten oder doch einem ganz anderen Trainingsansatz mit deutlich mehr Intensität besser fährt, ist wohl immer individuell und hängt auch davon ab, was man überhaupt verträgt...und was einem Spaß macht.
Die Primärquelle (Bakken) gibt die Interpretation "Keine rennspezifischen Einheiten" auch gar nicht her. Vielmehr beschreibt er und spricht auch in seinen Interviews immer wieder davon wie wichtig die X-Factors sind und dass es in der direkten Wettkampfvorbereitung eben auch spezifische Einheiten braucht.
Der hohe Umfang und die moderaten, kontrollierten Tempoeinheiten sind aus meiner Sicht auch der entscheidende Punkt. Das ganze ist einfach nachhaltig machbar, auch über Monate oder Jahre. Die Trainingsloads, die ich damit erreiche, ohne sonderlich kaputt/erschöpft zu sein, entsprechen denen aus den Peak-Wochen in der spezifischen Marathon-Vorbereitung, nur mit dem Unterschied, dass letztere für mich nicht dauerhaft machbar sind. Genau das ist die Grundidee von Bakken und genau deswegen finde ich es für die Grundlagenphase so gut.
Gerade für Freizeitathleten ist auch der Punkt Verletzungsanfälligkeit nicht zu verachten. Da KANN(!) das Vorgehen auch helfen (hoher Umfang, niedrige Intensität, keine "Monstereinheiten"). Damit kommst du wiederum zu mehr Kontinuität, was wiederum zu besseren Ergebnissen führt.