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von Lilly*
Erftlauf 15.11.14 - Das Chaos nimmt seinen Lauf...
Also Leute.. sowas habe ich noch nicht erlebt... kann es immer noch nicht so recht fassen.
Ich habe in all den Jahren schon gute Läufe gehabt und auch schlechte, aber so ein Durcheinander hatte ich noch nie.
Vorweg möchte ich kurz erwähnen, wie die allgemeine Lage vor dem Lauf war:
Ein paar Wochen tolles und erfolgreiches Training, dann 3 Wochen vor dem Martinslauf Ausfall wegen Erkältung. Vor dem Martinslauf nur noch einen Lauf mit den Rennhamstern absolviert. Der 10er war hart, aber die sub60 hat geklappt! In der Folgewoche wegen der vielen Arbeit wieder nur einen Lauf geschafft (am Dienstag mit den Rennhamstern), an den anderen Tagen saß ich wieder mal lange im Büro. Mo + Do bis 22 Uhr, Mi bis 23:30 und Fr bis 20 Uhr. Das alles hinterlässt seine Spuren, mein Körper baut pünktlich zum Wochenende extrem ab. Ich bin am Samstagmorgen klitschnassgeschwitzt aufgewacht, dicker Kopf, fühlte mich verprügelt, die Nase war wieder zu und der Rachenraum verschleimt. Ich habe mich aber morgens positiv selbst konditioniert und es geschafft, positiv und fröhlich beim Erftlauf aufzukreuzen. Wenn es mir mies geht, versuche ich immer, mir wenigstens etwas Humor zu bewahren. Was an dem Tag auch funktioniert hat. So einem miesen Lauf hatte ich noch nie, aber so lustig war es auch noch nie. ;-)
Vor dem Erftlauf habe ich am vereinbarten Treffpunkt mehrere nette Forumsmitglieder kennenlernen dürfen. Es ist immer wieder schön, auch mit anderen Läufern mitfiebern zu können. Für alle, die sich nicht erinnern können: Ich bin die, die sich kurz vor dem Lauf noch eine leckere Bratwurst mit Brot reingeschoben hat. Ich wurde ganz schön entgeistert angestarrt. Eigentlich wollte ich mir danach noch ein Stückchen Kuchen holen, als ich Hennes so genüsslich an seinem Kirschstreusel mümmeln sah, hab es mir dann aber grad noch verkneifen können... Hennes war übrigens ebenfalls der Meinung, dass es weniger schlimm ist, eine Stunde vor einem Lauf etwas zu essen, als hungrig in einen Wettkampf zu starten.
Der Start des 15km Laufs wurde eine halbe Stunde verschoben, da es vorher etwas Chaos beim 5er gab. Wir hatten uns schon gewundert, dass nach 30 Minuten nur 4 Läufer im Ziel waren. Ich hörte, dass das Feld sich verlaufen hatte. Unterwegs muss ein Läuferfeld dem anderen entgegen gekommen sein (was muss das im Wettkampf für ein blödes Gefühl sein???) und dann war klar: Hey, einer von uns ist falsch... Noch vor dem Start des 15er sprach ich mit einigen Teilnehmern des "5km-Laufs". Manche hatten 9km auf der Uhr, andere 7,5km oder 8,3km.. Von wütenden Läufern bekam ich nichts mit, sondern von stolzen Teilnehmern: "Soviel bin ich noch nie gelaufen!" Das ganze führte zu andauernden Frotzeleien und Witzchen an dem Tag. Eine Dame hat sich noch schnell getapt vor dem 15km mit den Worten: "Wer weiß, vielleicht laufen wir heute einen Marathon!" Eine andere steckte sicherheitshalber Taxigeld ein und ich habe unterwegs die Streckenposten geärgert, wenn sie uns den Weg wiesen und gefragt: "Seid ihr euch sicher???" Und unterwegs haben wir gewitzelt, wenn es mit der Zeit nicht hinhaut, erzählen wir einfach, wir hätten uns verlaufen und einen Halbmarathon gemacht. Soviel zu nicht DLV vermessenen Strecken... hihi..
So, nun zum Lauf selbst: "Der-himmelhochjauchzend-zu-Tode-betrübt-Lauf" oder "Ich-kann-mir-das-wirklich-nicht-erklären-Lauf":
1km: Sollte es nicht regnen heute?
2km:100%ige Erkenntnis, das wird heute nichts mit mir, war ja beim Aufwachen schon klar..
3km:"Leute, ich steig aus, lauft ohne mich weiter"
4km:Ich will heim nach Mama. Hätte ich ein Handy dabei, würde ich sie jetzt anrufen. Ich mach jetzt den 5er voll und geh dann nach Hause.
5km:ach, egal. Dann mach ich einfach einen gemütlichen LaLa draus und vergesse die Zeit.
6km: hach, ist das eine schöne Strecke!! Das gefällt mir alles total gut! Die Waldwege, die Felder, tolle frische Luft, aber wo bleibt der versprochene Regen?
7km: Ich fall gleich tod um, ich kriege keine Luft mehr! Bleibe kurz stehen, wie ein verweigerndes Pferd vor einer Hürde.
8km: Meine Güte, ist das schön! So macht laufen Spaß! Die Gegend ist ja echt toll. Ein bischen mehr Regen wäre nett.
9km: Ich will rechts abbiegen und die Strecke abkürzen. Vielleicht könnte mich der Krankenwagen dort mitnehmen? Die müssen doch sehen, wie schlecht es mir geht und mich aus dem Läuferfeld rausnehmen!
10,1km - 10,3km: Ich sterbe gleich. Ich bekomme keine Luft und ziehe das letzte Taschentuch aus der Tempopackung.
10,3km - 10,5km: ach, ist datt schöön! Ich witzel mit dem Streckenposten rum und erzähle Ulli, wie schön die Landschaft und das Wetter ist, obwohl er das ja selber sieht. Beschwere mich aber trotzdem, dass der traditionelle Regen fehlt.
10,5km - 10,7km:Was zum Teufel tu ich hier? Ich glaube, mein Kreislauf macht schlapp. Ich möchte ihn vorwarnen, dass ich gleich umkippen könnte, kriege aber kein Wort raus.
10,7 - 10,9km: Es reicht wieder zum laut rummosern, als ich einen Berg vor mir auftauchen sehe. Mir wurde gesagt, die Strecke wäre flach! Und jetzt sind hier Berge, die ich hoch soll! Ulli meint: "Das ist kein Berg, das ist ein kleiner Hubbel." Ich diskutiere über die Auffassung von "Berg" und "Hubbel" und dass ich aus dem Münsterland komme. So ein Sch... hier und noch nicht mal Regen! Das ist alles nicht fair!
11km: Noch ein kleiner Hubbel. Aber das macht ja nichts, ich mache ja heute einen gemütlichen LaLa und es macht Spaß!
12km: oh gott, wie weit noch? Mir ist die Landschaft völlig egal, ich will nur heim ins Bett.
13km: Ich sinniere darüber, dass ich zukünftig sicher den ein oder anderen Lala am We hier machen werde, so schön wie das hier ist.
14km: nein, ich kann nicht mehr zulegen. Ich bin fix und alle und denke darüber nach, den letzten Rest bis zum Ziel zu gehen.
14 - 14,8km: Wir laufen auf den Parktplatz zu, dort geht es Richtung Ziel. Ich sehe mein Auto dort stehen, fühle kurz, ob der Autoschlüssel noch in meiner Laufhose steckt und überlege, direkt einzusteigen und mich auf die Rückbank zu legen. Ich will keinen Meter mehr.
14,8km - 15km: Ich ziehe deutlich das Tempo an: Lächelnder Schlusssprint ins Ziel!
Das Ergebnis: 93:11
Ziel war 90 Minuten. Trotzdem mag ich nicht meckern. Bis vor kurzen war das höchste der Gefühle ein 6:30er Schnitt. Jetzt bin ich 6:13 auf 15km gelaufen, das ist immerhin eine neue PB für mich! Unglaublich, dass mich meine üble Verfassung "nur" 3 Minuten gekostet hat. Eigentlich war es mir unterwegs sogar völlig egal, ob ich 2 Stunden benötige oder als Letzte ins Ziel komme. Ich war so durcheinander, dass es schon eine Leistung war, die 15km überhaupt gelaufen zu sein. Und immerhin war es trotz allem irgendwie witzig.