So, bin wieder zurück aus Frankfurt und hab auch was in der Hall of Fame einzutragen:
Ist mir jetzt fast unangenehm, dass ich hier gestern was von Kopf- und Halsschmerzen geschrieben habe, hat sich evtl. angehört wie ne Ausrede im Voraus. Spätestens ab km 5 hab ich nichts mehr davon gemerkt, erst nach dem Lauf wieder.
Aber jetzt zum Lauf: Mein Plan war eigentlich, mich an den 3:29-Pacemaker dranzuhängen - nur muss man den im Getümmel der Startaufstellung erstmal finden. Irgendwann hab ich ihn dann gesehen, allerdings ein ganzes Stück weiter vorn; zu weit, um nach dem Start mal auf die Schnelle hinzulaufen. Dann also ohne Zugläufer, vielleicht hole ich ihn ja später noch ein. Das richtige Tempo zu finden sollte ich schließlich auch allein hinkriegen, für was hat man schließlich nen Forerunner. Es geht los - nach ein paar hundert Metern schaue ich das erste Mal auf den Forerunner - er zeigt eine durchschittliche Pace von 3:57, Tendenz fallend. Kann gar nicht sein, von den 1000er-Intervallen weiß ich, wie sich 3:57 anfühlt. Ich stoppe, resette und starte den Forerunner neu (die Lap-Funktion zu verwenden, wäre viel sinnvoller gewesen, ist mir hinterher eingefallen ...). Eine Zeitlang zeigt er vernünftige Werte an, danach wieder der gleiche Mist. (Das Spielchen wiederholt sich bis etwa km 10-15 mehrfach, danach misst er plötzlich vernünftig, wie er es bisher immer getan hat.) Der Pacemaker ist auch weit und breit nicht zu sehen, bleibt also nichts weiter als nach Gefühl und "normaler" Uhr zu laufen (als solche funktioniert der Forerunner noch, allerdings ohne Sekundenanzeige. Man kann das natürlich umstellen, ohne Anleitung und während des Marathons kriege ich das aber nicht hin). Ich bin doch ziemlich verunsichert und fühle mich beim Laufen nicht wirklich locker, schlage aber trotzdem ein flottes Tempo an in der Hoffnung, auf den Pacemaker aufzulaufen, aber er kommt und kommt nicht in Sichtweite. Die Zwischenzeit bei km 5 ist dann aber genau im Soll, auch das Laufgefühl wird besser und die Zuversicht steigt.
So laufe ich dann Kilometer für Kilometer vor mich hin, keine Probleme, das Laufen macht Spaß, alles bestens. So bei km 15 kommt mir erstmals ernsthaft der Gedanke, dass ich das Tempo möglicherweise tatsächlich durchlaufen kann. Es stellt sich eine gewisse Euphorie ein, ich werde zunehmend schneller und sehe plötzlich bei km 22 in einiger Entfernung den 3:29-Pacemaker und die zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich große Traube an Läufern um ihn herum. In dieser Traube ist mir das Gedränge zu groß, also ziehe ich vorbei, um vor dem Pacemaker mehr Platz zu haben. Danach laufe ich das flotte Tempo weiter, ohne mich weiter um die 3:29-Gruppe zu kümmern und freue mich, dass sich das Rennen für mich nach dem zähen Beginn doch noch so gut entwickelt hat. Ab ca. Kilometer 28-29 ist es dann aber vorbei mit der Herrlichkeit, die Beine werden zunehmend schwerer, vor allem die Waden. Noch muss ich nicht mit dem Tempo runter, aber ich beginne zu ahnen, was da auf den nächsten Kilometern noch auf mich zukommen wird ...
Ich passiere die Kilometerschilder 30, 31, 32, 33, die Probleme nehmen zu - Tempo halten, bloß nicht langsamer werden, nicht jetzt noch alles verspielen - die Marathon-Traumzeit ist in greifbarer Nähe! Das Laufen im 5:00-Schnitt wird zur Qual, ab km 35 kann ich ihn nicht mehr halten und werde zusehends langsamer. Aber so lange der 3:29-Pacemaker noch hinter mir ist, ist die Welt noch in Ordnung ...
Zwischen Kilometer 37 und 38 zieht er dann aber an mir vorbei, die Gruppe um ihn herum ist inzwischen merklich zusammengeschmolzen. Der eine oder andere hier weiß wahrscheinlich, wie frustrierend es ist, wenn man wirklich alles aus sich rausgeholt hat und dann am Ende trotzdem noch seine Felle davonschwimmen sieht. Ich versuche, mich an die Gruppe dranzuhängen, es fällt mir unendlich schwer. Aber es klappt! Wenn auch nicht länger als etwa eineinhalb Kilometer, dann muss ich sie ziehen lassen. Der Abstand wird langsam, aber stetig größer und ich fange an zu rechnen, ob es für mich noch reichen kann. Schließlich weiß ich ja nicht, wie lange vor mir der Pacemaker gestartet ist. Irgendwann ist er weg, ich sehe ihn nicht mehr. OK, dann also doch keine sub 3:30. Aber 3:30 oder 3:31 ist schließlich immer noch PB. Von der Seite ruft jemand "nur noch 1,4 km!". Jetzt aber nochmal, gleich ist es geschafft, dann haben die Schmerzen ein Ende! Ich nehme mich nochmal zusammen und kriege zum Schluss tatsächlich nochmal so was wie einen Zielsprint hin, Lächeln oder Winken in die Kamera ist heute nicht drin, ich hab's eilig ...
Im Zielbereich muss ich mich erstmal ein paar Minuten hinsetzen und mir wird so langsam klar, was mir da für ein super Lauf gelungen ist, egal ob jetzt 3:29 oder nicht. Dann bewege ich mich (langsam und schwerfällig ...) Richtung Clausthlaer-Stand, wo ich mich mit hadesnumb und Leakim verabredet habe. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus (Leakim hat seine ja schon weiter oben mitgeteilt

) und beschließen, uns später nochmal zu treffen.
Mein erster Weg war zur Kleiderbeutelrückgabe, der zweite zum Ausdruck der Soforturkunden, schließlich wusste ich ja meine Zeit noch nicht. Gehofft hatte ich ja, dass es für die 3:29 noch gereicht hat, dran geglaubt habe ich aber nicht wirklich. Umso mehr habe ich mich dann gefreut, als ich die Nettozeit gesehen habe

. Und deswegen ging dann auch mein dritter Weg direkt zur Medaillengravur.
Krönender Abschluss des Tages war dann das Treffen auf der Biomeile am Opernplatz mit hadesnumb, Leakim und Bio Runner. Hat mich echt gefreut, euch kennenzulernen! Ich hoffe, man sieht sich mal wieder bei der einen oder anderen Laufveranstaltung!
@JBI: Schade, dass du dein bis Kilometer 35 doch ziemlich flottes Tempo nicht halten konntest. Beim nächsten Mal ...
Der Fischer ist meines Wissens 3:41:36 gelaufen, da bist du also knapp drunter. Willkommen in der Hall Of Fame!
Gruß,
Nerd