Wie versprochen noch der Bericht vom
27. Lauf der Sympathie von Falkensee nach Berlin-Spandau. Zu diesem WK bin ich mit extrem gemischten Gefühlen angetreten. Einerseits lief die Marathon-Vorbereitung bis letzte Woche wirklich gut, andererseits ist dieser flache und sehr schnelle 10er bei mir eigentlich immer nur eine harte Tempoeinheit vor Marathon oder HM gewesen. Ich hab zwar dort schon einige PBs erlaufen, bin aber zuletzt zwei mal an der Sub 40 gescheitert, da entweder die Form noch nicht da war oder ich schlicht noch zu wenig Tempohärte aufgebaut hatte. Letztes Jahr lief ich beispielsweise nur 40:19, 2 Wochen später dann aber einen HM in 1:25.
Dieses Jahr war alles etwas anders. Sowohl die Form- als auch die Hüftkapriolen dieser Woche hab ich ja beschrieben. Noch am Freitag hab ich schmerzbedingt einen Lauf abgebrochen. Samstag hielten sich dann die Beschwerden verheissungsvoll in Grenzen, aber 500m lang 4:30 laufen fühlte sich so grausig an, das ich fast verzweifelte. Ich ordne mich nun aber selbst nicht als Trainingsweltmeister sondern als WK-Typ ein und schob die schwankende Performance der Woche auf die Last der letzten Wochen und die ungewohnte plötzliche Entlastung. Kaum 30 Laufkm bekam ich vor dem WK zusammen.
Solchermaßen zwangsgetapert, entschloss ich mich dennoch anzutreten, sofern die Hüfte mitmachen würde. Hohe Erwartungen hatte ich nicht, denn erfahrungsgemäß brauche ich für schnelle kürzere WK noch eine scharfe Tempoeinheit anfangs der Woche. Weiterhin kommen in meinem aktuellen Trainingsplan die schnellen Einheiten eigentlich erst jetzt. Ein Studium des Trainingstagebuchs ergab für die letzten 4 Monate nur zwei Trainingseinheiten mit Tempo unter 4:00/km

wenn man mal STL und 10s Bergsprints ausnimmt.
Dennoch, ich hing mental durch und beschloss, dass mich nur ein Erfolgserlebnis da rausziehen könnte. Sub 40 sollte eigentlich aus der aktuellen Form heraus machbar sein, Sub 39 sah ich als ambitioniertes aber mögliches Ziel, für Sub 38 fehlten mir realistischerweise härtere Tempoeinheiten und auch die Erfahrung in diesem WK-Pacebereich.
Die Bedingungen waren gut, trocken und nicht viel Wind, mit 2 Grad und ohne Sonne aber etwas kalt. Beim ersten Einlaufen klapperten mir noch die Zähne, aber das gab sich. Die Hüfte sendete spärliche Signale des Missempfindens und ich beschloss, im Zweifel halt auszusteigen bzw. ins Ziel zu joggen und dann alles auf Hamburg auszurichten, wenn die Schmerzen zu groß werden würden. Aufgrund der Kälte kam ich erst spät in den Startblock. Leider zu spät, wie sich herausstellte, ich verlor bestimmt 15 Sekunden, weil ich mich erstmal aus einem 5er Paceblock freilaufen musste, was an den Berlin/Brandenburger Meisterschaften liegt, die hier abgehalten werden. Die Teilnehmer starten ganz vorne - und natürlich sind da auch langsamere Kandidaten dabei.
Die ersten 100m gings also über den Bürgersteig und etwas kreuz und quer im Stop und go, mit 3:51 aber gut im Plan. Ich hab dann mal die 3:47 angetestet, mich aber entschieden, dass ich noch nicht so weit bin. Dann folgte der übliche innere dramatische Anti-10er-Jammer-Monolog, dass man doch so ein Tempo unmöglich bis ins Ziel durchhalten könne, was prompt zu km 3 in 3:54 führte.
Ich hab mich dann im Stillen selbst angeschrien und die vorbereitete Strategie versucht umzusetzen: locker bleiben, schnelle Gruppe suchen und dran bleiben. Ich hab mich dann langsam an eine kleinere Gruppe herangearbeitet, nach einem beherzten Spurt war ich dann drin. Die Jungs liefen zwischen 3:50-3:52 und so überstand ich irgendwie, mit mehrfachen Abbruchgedanken und von km zu km denkend die nächsten 3 km. Ich konnte leider nicht viel bei der Tempoarbeit mithelfen, aber da ich auch einmal kurz abreissen lassen musste und mich wieder herankämpfte, fiel das vermutlich nicht negativ auf. Die Hüfte verhielt sich löblich, gab gelegentlich Zeichen, ohne sich aber in den Vordergrund zu drängen.
Km 7 war dieser Krisenkm, der nur in 4:00 wegging. Mit nun aber doch schon der Erfahrung einiger WK sagte ich mir permanent, dass die Oper erst aus ist, wenn die zweite Luft nicht kommt und tatsächlich kam sie. Auf dem 8. km merkte ich, dass die Gruppe langsamer wurde und nur noch 3:54 lief. Das war auch einem weiteren Kollegen aufgefallen, der aufs Tempo drückte und uns anschrie, Tempo zu machen und dann weg zog. Ich schrie meinerseits den neben mir schnaufenden Kollegen an, dass wir dran bleiben müssen,und tatsächlich konnten wir die Lücke nochmal schliessen.
Dann passierten 2 Dinge: Erstens kam, nachdem km 7 durch einsteinsche Zeitdehnung ins unendliche verlängert schien, das Km 9 Schild erfreulich früh, andererseits zeigte die Uhr für den letzten km motivierende 3:49. Leider ist der letzten km recht kurvig und Kopfsteinpflaster, aber ich beschloss, einfach nochmal anzugreifen und trat an, bis ich nahe an einem Filmriss war und tatsächlich das Ziel recht verschwommen auf mich zukommen sah. Erleichternd die 38:35 gestoppt, die offiziell eine 38:34 ist. Später dann gestaunt, das der letzte km in 3:41 wegging. Das erklärt aber die Sehschwäche.
Alles in allem hoch zufrieden. Vor allem bin ich optimistisch, dass mit entsprechendem Tempotraining die Sub 38 nach dem Marathon nun ein realistisches Ziel ist und ich für HH gut im Plan bin. Jetzt muss nur noch die Hüfte bis zum Marathon halten.
Danke nochmal für die tolle Unterstützung hier in diesem Thread, diese war tatsächlich nicht unwesentlich dafür verantwortlich, dass ich überhaupt angetreten bin.
