Vorab schon mal vielen Dank für die vielen Glückwünsche. Wir sind gestern Abend erst aus Österreich wieder zurückgekehrt, deshalb kommt der Bericht erst heute.
Freitag (15.4.) nach Schulschluss ging es gemeinsam mit unseren Kindern nach Niederösterreich, wo derzeit noch meine Eltern wohnen und wo wir auch die 10 Tage bis gestern verbracht haben. Da meine Großeltern in Klosterneuburg bei Wien lebten, war ich seit meiner Kindheit sehr viel in Wien und, da ich die Stadt sehr gerne mag, stand der Vienna-City-Marathon bei mir immer ganz oben auf der Liste, der Marathons, die ich unbedingt laufen möchte. Da dieses Jahr der VCM am Anfang der Osterferien war, nutzten wir die Gelegenheit, das stressfrei mit einem Urlaub zu verbinden.
Samstag Früh kam dann der erste Schreck. Ich bin mit Halsweh aufgewacht. Trotzdem bin ich noch vor dem Frühstück gemeinsam mit Karl 3 km gelaufen (wie immer mit Karl viel zu schnell). Dabei habe ich geschnauft und geschwitzt als würde ich harte Intervalle laufen und hatte zum Schluß einen Puls von 171. Das ist trotz meines hohen Maximalpulses für so eine Runde verdammt hoch. Beim Dehnen bekam ich auch noch Kreislaufprobleme. Meine Zweifel, ob ich am nächsten Tag zum Marathon antreten sollte, wurden ziemlich groß. Nach dem Frühstück ging es dann gemeinsam mit unserer älteren Tochter nach Wien in das Messezentrum zum Abholen der Startunterlagen. Die Abholung ging schnell und problemlos. Nur unsere Tochter, die sich kurzfristig doch noch entschieden hatte den Minimarathon zu laufen, konnten wir nicht mehr nachmelden, da dieser leider ausgebucht war. Das ersparte uns dafür den Ausflug in die Lasallestraße um mit ihr dort den Weg von der U-Bahn zum Start zu "üben". Denn dieser wäre eine halbe Stunde vor dem Marathonstart ungefähr zwei Kilometer davon entfernt gewesen.
Meine Halsschmerzen verflüchtigten sich in Laufe des Tages, das grippige Frösteln blieb.
Sonntag Früh hieß es dann früh aufstehen um rechtzeitig am Start zu sein. Um 7:30 kamen wir mit der U-Bahn an der UNO-City an. Der Startbreich war sehr gut organisiert. Wir hatten noch genug Zeit um alles anzusehen und die Toiletten (von denen es wie fast immer bei Laufveranstaltungen zu wenig gab) aufzusuchen. Kurz nach 8:00 gaben wir dann unsere Kleiderbeutel ab und begaben uns in den Startbereich. Karl und ich waren verschiedenen Startblöcken zugeteilt. Es gab jeweils zwei Startblöcke auf den beiden rechten und den beiden linken Spuren der Wagramer Straße. Der Start der rechten Startblöcke war direkt vor der Reichsbrücke, die der linken Blöcke ca. 100 m weiter hinten. Dafür mussten die Läufer der rechten Seite am Praterstern einen längeren Bogen laufen. Im Prater wurden die Läufer dann zusammengeführt. Karl war links im Anker-Block, ich im Mizuno-Block (3:30-4:00). Da ich eine Zeit von 3:40 anstrebte, stellte ich mich am Ende des vorderen Drittels auf. Um 8:58 war der Start für die Eliteläufer, um 9:00 war dann der Start der ersten Blöcke. Die Stimmung war gewaltig. Es waren auch sehr viele Zuschauer anwesend. Mit 8 Grad war es noch recht kühl aber zum Laufen optimal. Während ich noch wartete, dass sich die Läufer vor mir in Bewegung setzen, liefen an uns schon links die ersten Läufer vorbei. Ich versuchte noch erfolglos Karl darunter zu finden. Dafür fielen mir einige extrem langsame Jogger auf, die es mit den Blöcken wohl nicht so genau genommen hatten. Dann ging es auch schon für mich los. Gleich nach dem Start ging es bergauf auf die Reichsbrücke. Durch den doppelten Start konnte ich auch gleich mein Tempo einschlagen. Ich hatte mir vorgenommen die ersten drei Kilometer in 5:20 zu laufen und dann 5:10. Falls möglich in der zweiten Hälfte auch noch etwas schneller. Gegen Ende der Reichsbrücke sehe ich auf meine Laufuhr: 4km - Das kann nicht sein. Ich hatte vergessen die Uhr zurückzusetzen.

Also Uhr stoppen und zurücksetzen. Da die angezeigen Kilometer auf meiner Uhr für die nächsten 30 km immer genau einen Kilometer weniger als auf den Kilometermarken war, war das nicht so schlimm.
Nach dem Praterstern ging es dann in den Prater. Dort wurde es dann erheblich enger, nicht nur weil die Straße schmäler wurde, sondern auch weil beide Läufergruppen zusammengeführt wurden. Leider kamen auch vom linken Läuferbereich sehr viele langsame Läufer, die sich wohl falsch eingeordnet hatten hinzu. Überholen wurde aufgrund der Läuferdichte sehr schwierig. Aus dem Prater ging es bergauf in die Schüttelstraße. Hier ging es immer leicht, kaum merkbar aber doch zermürbend auf und ab. Bis hierher ging es ganz gut und ich konnte mein Tempo auch wie geplant ganz gut einhalten. Einzig an den Verpflegungsstellen war so viel Andrang, dass ich einmal sogar auf Wasser warten musste. Warum ich dort aber nicht einfach zu einer meiner Trinkflaschen gegriffen habe, weiß ich bis jetzt nicht.

Nach ca. 13 km war es schlagartig damit vorbei. Mein Magen machte mir Probleme und ich kämpfte mit Übelkeit. Die nächsten paar Kilometer spielte ich mit dem Gedanken beim Halbmarathon auszusteigen, wenn es mir jetzt schon so schlecht geht. Der Wille den Marathon wie auch immer durchzuziehen war aber stärker. Nach ein paar Kilometern legte sich das Problem wieder. An einer Verpflegungsstelle rutschte ich dann noch auf einer Bananenschale aus. Je weiter wir uns der Innenstadt näherten um so besser wurde auch die Stimmung. Es standen sehr viele Zuschauer links und rechts der Strecke, die uns fleißig anfeuerten. Auf einmal war ich in der Mariahilferstraße und hatte Schönbrunn und die gefürchtete Steigung beim Technischen Museum doch glatt übersehen. Dann ging es auch schon in die Ringstraße und Marathonis wurden von den Halbmarathonis getrennt. Endlich war auch mehr Platz, aber nach der Hofburg war es auch mit den Zuschauern vorbei. Schlagartig war es ruhig. An den Verpflegungsstellen bekam man sofort Wasser. Da ich aber immer sehr viel Durst hatte, trank ich sehr viel. Ich machte mir allmählich Sorgen, dass ich das noch bereuen würde. Dann ging es wieder nach oberer und unterer Donaustraße in die Schüttelstraße. Es zog sich endlos. Kilometer um Kilometer. Die einzige Ablenkung war, dass in Gegenrichtung angekündigt durch ein Fahrzeug mit Banner die erste österreichische Frau lief und die Durchsage, dass Haile mit 1:08 Stunden (die Durchsage stimmte wohl nicht ganz) einen neuen Österreichrekord im Halbmarathon gelaufen hat. Vor mir lag immer noch der Prater, den mir ein Läufer aus dem Lauftreff so schrecklich geschildert hatte. Der Prater war dann aber doch nicht so schlimm. Nach Kilometer 30 kam dann die Wende, die ich etwas unkonventionell nahm, da ich über eine Erhebung gestolpert bin, mich am Gitter aufgefangen habe und den Schwung genommen habe um zu drehen. Das Gitter war glücklicher Weise gut befestigt. Ab Kilometer 35 wollte ich dann an keiner Verpflegungsstelle mehr halten, sondern nur noch auf meine Trinkflaschen zurückgreifen. Bei Kilometer 35 habe ich das mit viel berwindung auch noch geschafft, denn die Oberschenkel schmerzten schon ziemlich heftig. Kurz darauf ging es dann zum dritten Mal in die Schüttelstraße. Wien ist so groß. Wien hat so viele Straßen. Aber man muss drei Mal durch die Schüttelstraße.

Beim Verpflegungsstand bei Kilometer 38 konnte ich nicht mehr widerstehen. Ich bin stehengeblieben und habe ein paar Schritte gehend schön kaltes Wasser getrunken. Das Wiederanlaufen ging aber ganz gut, zumindest taten mir die Beine nicht mehr weh als zu vor. Mein Tempo war sowieso nicht mehr berauschend. Meine Laufuhr erhärtete auch meinen Verdacht, dass die Kilometer immer länger wurden. Auf jeden Fall wurde die anfängliche Differenz von enem Kilometer immer größer. Kilometer 40 wollte dann gar nicht mehr kommen. Ich schleppte mich durch bis ich endlich bei Kilometer 42 das ersehnte Heldentor und dahinter den Teppich und den Zieleinlauf sah. Tja, mit Fischerversägen war es (noch) nichts, aber eine neue PB habe ich mit 3:51:06 erreicht. So richtig zum Jubeln war mir aber nicht.
Nach einer Stunde habe ich dann auch Karl gefunden. Unsere Handys funktionierten im Zielbereich nicht. Das Netz war wohl zu überlastet um von einem deutschen Handy zum anderen zu telefonieren. Und der Zielbereich war nicht annähernd so übersichtlich, wie der Startbereich.
So, ich hoffe mein Bericht ist nicht zu lang.