Rennbericht 42. Vienna City Marathon
Wie angekündigt nun mein etwas ausführlicher Bericht aus Wien.
Vorbereitung
Mit dem 2Q Plan nach Daniels habe ich mich 18 Wochen intensiv auf meinen ersten Marathon vorbereitet. Bis auf eine Krankheitswoche konnte ich den Plan nahezu 1:1 umsetzen. Nur in den letzten beiden Wochen habe ich die Einheiten etwas angepasst und entschärft. In Summe waren es knapp 1.400km, für mich absolut neue Umfänge. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2024 komme ich auf rund 1.900km. Verletzungen oder orthopädische Probleme hatte ich zum Glück keine.
Während der Vorbereitung bin ich 3 Wettkämpfe gelaufen; 2x HM und 1x 30km. Nach der HM in Frankfurt Mitte März mit einer 1:20:34, war es das klare Ziel eine Sub3 in Wien zu laufen. Ein wenig liebäugelte ich mit einer Sub 2:55 an einem sehr guten Tag. Die bekannte Formel HMx2,1 habe ich bewusst nicht angewendet, da ich nicht davon ausgegangen bin mein rechnerisches Potential beim ersten Marathon direkt zu erreichen. Während der Vorbereitung ist mein VO2max um ca. 5 Punkte angestiegen. Daher würde ich vermuten, dass mein Körper gut auf das Training reagiert hat. Ein weitere Rolle werden auch die wenigen Laufkilometer die Monate davor gespielt haben. Daher war das Niveau vergleichsweise niedrig zu Beginn.
Tapering/Carboloading
Beim Tapering bin ich mit den Umfängen erst in der letzten Woche deutlich runtergegangen. Das war in der Rückschau sicher nicht optimal, für die Zukunft werde ich hier früher und schrittweise die Umfänge anpassen. Beim Carboloading habe ich mich an die Vorgabe 10g KH je kg Körpergewicht gehalten - bedeutete für mich knapp 700g KH täglich (Do, Fr, Sa). Mit Tonic, Datteln und Gummibärchen habe ich hier eine Basis von 300g geschaffen. Dazu kamen dann ganz klassisch Pasta, Toast und Reis, zudem Tofu als Eiweißquelle. Ergänzend habe ich eine Woche vor dem Wettkampf täglich ein Glas Rote-Beete-Saft getrunken.
Angereist sind wir bereits am Freitag, wobei die 9-stündige Zugfahrt mit zwei kleinen Kindern doch sehr anstrengend war. Samstags habe ich mich daher möglichst wenig bewegt und nur einen 3km shake out run gemacht. Den Rest des Tages verbrachte ich in unserem airbnb.
Bedingungen
Das Wetter war mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und einem eisigen Wind aus Norden (über 20km/h, Böen bis 50km/h) suboptimal. Zum Glück war es trocken und die Sonne schien zu Beginn des Rennens. Glücklicherweise durfte ich im Super-fast-runner-Block starten. Dieser war deutlich kleiner als die anderen Startblöcke und direkt hinter der Elite.
Das Rennen
Direkt nach dem Start ging es auf der Reichsbrücke über die Donau. Die Stra´ße war hier sehr breit und ich kam schnell in mein geplantes Tempo von 4:10/km. Ausgerüstet war ich mit 8 Maurten-Gels, zudem hatte ich durch die Eigenverpflegung alle 5km (ab Kilometer 10) eine Getränkeflasche mit Maurten-Drink-Mix 320 deponiert. Ziel war es mindestens 60g KH je Rennstunde aufzunehmen. Da der Magen an diesem Tag keine grö´ßeren Probleme machte, klappte dies auch erstaunlich gut.
Die ersten 10 Kilometer verliefen wie geplant. Die Pace lag bei 4:09/km und der Puls war mit 82% Hfmax auf gewünscht niedrigem Niveau. Allerdings fühlten sich die Beine nicht ganz so frisch an, das versuchte ich aber auszublenden. Bei 10km dann die erste Verpflegungsstation mit einer deponierten Trinkflasche. Glücklicherweise sah ich die Flasche sehr früh, sodass ich diese ohne Tempoverlust aufnehmen konnte. Ich trank etwa die Hälfte, also 250ml, was rund 40g KH bedeutete. Bei Kilometer 6 hatte ich bereits das erste Gel genommen, sodass ich auch bei der Verpflegung im Soll lag. Bis zur HM-Marke verlief das Rennen weitestgehend unaufgeregt. Der Wind war an einigen Stellen sehr böig und unangenehm, was sich zu diesem Zeitpunkt aber noch keine größeren Auswirkungen hatte.


Auf der zweiten Rennhälfte kam ich dann immer besser ins Rollen. Kilometer 20-30 waren auch mein schnellster Abschnitt. Allerdings war dies auch der Abschnitt mit negativen Höhenmetern (+13/-41 m laut runalyze) und ab Kilometer 25 hatte ich Rückenwind. In der Rückschau war dies jedoch vielleicht doch etwas zu flott gelaufen, wobei der Puls hier mit 84% Hfmax weiterhin absolut im grünen Bereich lag. Bei Kilometer 30 ging es dann raus aus der Stadt Richtung Stadion. Hier war der Wind sehr stark und ich musste das erste Mal spürbar kämpfen, um die Pace zu halten. Nach der Wende ging es dann Richtung Wiener Hauptallee. Bis Kilometer 33 ging es auf der Allee in Richtung Osten, das bedeutete Rückenwind. Ich fand zwei Mitstreiter und wir bildeten ein Dreiergespann und hielten eine Pace von knapp unter 4:10/km. Es wurde nun aber zunehmend härter und ich spielte mit dem Gedanken etwas rauszunehmen. Da ich aber nicht alleine laufen wollte, folgte ich weiter meinen Mitstreitern. Dies klappte aber nur noch bis zur Wende bei Kilometer 33. Nun ging es wieder die Hauptallee zurück und dies nun mit Gegenwind und ein paar wenigen Höhenmetern. Es dämmerte mir so langsam, dass es noch ein intensiver Kampf werden würde bis zum Ziel. Nach 35km endete die Hauptallee und es ging langsam Richtung Ziel. Bis Kilometer 37 konnte ich die Pace noch unter 4:20/km halten. Danach wurde es dann sehr zäh und meine Beine wollten nicht mehr so richtig mitspielen. Die Trittfrequenz und vor allem die Schrittlänge wurden immer geringer. Die Strecke tat mit leichter Steigung (wirklich minimal, dennoch zu diesem Zeitpunkt spürbar) und böigem Gegenwind ihr übriges. Ab Kilometer 40 war es dann der reine Überlebenskampf. Ab diesem Zeitpunkt überholten mich auch wieder Läufer und ich hatte das Gefühl stehenzubleiben. Mental war das der schwerste Moment für mich. Das kannte ich so auch nicht, da ich bei meinen bisher gelaufen HM auf den letzten Kilometern sehr entspannt war, da ein gutes Ergebnis bereits sicher war. Dieses Mal hatte ich die Befürchtung auf den letzten Metern alles zu verlieren. Ich suchte mir immer wieder Fixpunkte auf der Strecke an denen ich mich etwas orientieren konnte - auf die Uhr schaute ich nicht mehr. Wobei auch mein Sichtfeld immer kleiner wurde und ich komplett im Tunnel war. Nach 2:56:23 dann die Erlösung und die Überquerung der Ziellinie.

Hier nochmal die Zeiten und die Strecke im Detail:
Fazit
Mit ein paar Tagen Abstand bin ich mit meiner Leistung sehr zufrieden und verbuche das Rennen als Erfolg. Der Blick auf die Elite zeigt, dass an diesem Tag keine einfachen Bedingungen herrschten. Auch mit den Zeiten der 1. und 2. Rennhälfte kann ich gut leben. Das Angangstempo von 4:10/km war aus meiner Sicht das richtige. Selbst die zweite Hälfte mit dem Einbruch immer noch auf Sub3 Niveau. Das Ziel mit ausgeglichenem Split den ersten Marathon zu laufen, war dann vermutlich doch etwas zu ambitioniert. Wobei ich froh bin, dass ich zwischen Kilometer 20 und 30 das Tempo etwas forciert habe und die guten Bedingungen auf diesem Abschnitt genutzt habe. Vielleicht war das etwas der Knackpunkt und ich hätte mit dieser Verschärfung länger warten sollen. Dennoch bin ich froh hier mutig gewesen zu sein, selbst wenn es die falsche Entscheidung war. Am Ende fehlt hier natürlich auch die Erfahrung und ich konnte nur erahnen, was mich ab Kilometer 35 erwartet. Warum es mir dann doch spürbar den Stecker gezogen hat, kann ich nur vermuten. Kardiovaskulär hätte ich das Tempo sicher halten können, aber die Beine waren dann einfach leer. Da ich auch auf der zweiten Hälfte noch ausreichend und gleichmäßig KH zu mir genommen habe, würde ich nicht davon ausgehen, dass meine KH-Speicher leer waren. Denke hier kommt auch etwas die mangelnde Lauferfahrung (Lebenskilometer und keine Marathon-Erfahrung) zum Tragen. Auch die lange Vorbereitung, die lange Anreise und die doch große Anspannung vor dem Start, haben sicher etwas mentale und körperliche Energie gekostet. Daher bin ich sehr froh, dass ich so lange erfolgreich gegen die Ermüdung ankämpfen konnte.
Ausblick
Aktuell weiß ich noch nicht, wie es weitergeht. Die 4 1/2 Monate waren schon sehr kräftezerrend und stressig. Die Kombination aus Fußball, Familie, Arbeit und Laufen hatte es doch in sich. Da werde ich in den nächsten Wochen entscheiden, ob ich das so in dieser Form beibehalten möchte.
Bedanken möchte ich mich natürlich auch für den tollen Austausch hier im Forum - dieser Dank richtet sich ausnahmslos an alle Schreiber und Schreiberinnen. Das ist ganz sicher auch ein entscheidendes Puzzleteil gewesen.
@Dude77 Danke für Motivation es mit dem Daniels Plan anzugehen und die Kommentierung meiner Q-Einheiten.
@Antracis Danke für die zahlreichen Tipps hinsichtlich Trainingssteuerung.
Abschließend besonderer Dank an
@ToPoDD, der mich in den letzten Wochen sehr intensiv und persönlich beraten hat. Dies hat mir viel Sicherheit gegeben und für ein gutes Gefühl in den letzten Wochen gesorgt.