Lilly* hat geschrieben:09.11.14 Martinslauf:
Wie MikeStar schon berichtete, hatten wir perfektes Wetter! Blauer Himmel, Sonnenschein, aber kühle klare Luft. Ein „Versagen“ heute lässt sich also nicht auf das Wetter schieben, sondern höchstens auf die Erkältung und das verlorene Training. Die sub60 hatte ich mir ehrlich gesagt schon abgeschminkt und mich innerlich dahingehend konditioniert, es heute einfach als netten gemeinsamen Lauf zu nehmen und die sub60 beim Silvesterlauf erneut zu anzugehen.
Geweckt hat mich morgens nicht der Wecker sondern eine nicht enden wollende Niesattacke und eine verschnodderte Nase...

Als mein Freund mich abholte, hat er meine „Packliste“ abgefragt: „Hast du auch deine Startnummer? Und deinen Schlüssel? Die Sicherheitsnadeln? Jacke? Garmin?“
Ich: „Nerv mich nicht mit schnöden Nebensächlichkeiten! Ich habe eine Packung Taschentücher eingesteckt, alles andere ist heute egal!“
Angekommen haben wir zügig einen Parkplatz bekommen und auch die anderen am vereinbarten Treffpunkt schnell ausfindig gemacht. MikeStar ist extra aus Heidelberg angereist (wow!), Pastis wollte auch die sub60 laufen und nachlangerpause war als persönlicher Pacer fest eingestellt.
Zur Startnummer möchte ich übrigens sagen, dass ich froh bin, dass dies nicht mein erster Lauf war. Man sagt ja immer „deine erste Nummer vergisst du nie“. Bin froh, dass meine erste Nummer eine einfache 82 war und nicht die heutige 10648..
Und ich weiß jetzt, warum Nettozeiten eingeführt wurden! Ich hatte mich 20 Minuten vor dem Lauf vor den Dixies angestellt, aber es rührte sich nichts in der Schlange. Wie ein Film, den man auf Pause gestellt hat. Ich wurde immer nervöser, die Zeit lief mir davon. Ich find wild an zu diskutieren, ich habe erst jeden aus der Toilettenschlange herausdiskutiert, der keine Startnummer trug! Dann habe ich alle rausdiskutiert, die nicht zum 10er antreten mussten, der gleich starten sollte, sondern zum HM, der erst eine halbe Stunde später startete.

Trotzdem reichte die Zeit nicht. Dann gab es eine Durchsage, dass der 10er mit einigen Minuten Verspätung starten wird. Als wäre ich der Nabel der Welt dachte ich: „Gott sei Dank, der Sprecher hat die Startaufstellung durchgezählt und gemerkt, dass Fräulein 10648 noch fehlt!“ hihi…

Dann war mir irgendwann alles egal, ich musste wirklich dringend und schließlich gibt es ja Nettozeiten, die gemessen werden. Und wenn das Feld schon 5 Minuten lang weg ist vom Start, bis ich vom Dixie kommend über die Startlinie stolpere.. so what?
Gefühlt 3 Sekunden vor dem Startschuss stand ich im Startfeld mit anderen.. haarscharf! *puh*
Von MikeStar wussten wir alle, dass er deutlich unter 60min läuft und wir ihn sofort aus dem Blickfeld verlieren werden.
Von Pastis war mir durch die Berichte von ihren Intervallen und den gemeinsam gelaufenen Einheiten klar, dass sie schneller sein wird, auch wenn sie es vielleicht selber nicht wusste. Sie macht zwar immer auf Understatement, aber kann bei Tempointervallen quatschen, als würde sie grad einen gemütlichen Sonntagsspaziergang machen. Und obwohl mir das sonnenklar war, dass sie mit Sicherheit auch locker an die 55 kommt, war ich dennoch erstaunt, wie ich schon nach der ersten Kurve nur noch ihren aufgewirbelten Präriestaub schlucken konnte! Pastis ist wie vom Hafer gestochen losgerannt!
Ich selbst habe mich an nachlangerpause orientiert, mein zuverlässiger Pacer heute. Hätte ich nicht gewusst, dass er absolut konstant und zuverlässig pacen kann, hätte ich gemeint, wir sind zu langsam. Auf der ersten Hälfte kam es mir wirklich langsam vor. Es fühlte sich nicht wie ein sub 6:00er Schnitt an. Nach 5km habe ich auf Nachfrage noch gesagt: „Alles gut bei mir!“ Dann haben wir gefühlt massenweise Läufer überholt. „Die Gruppe vor uns ist zu langsam für unser Ziel, überholen!“ und andauernd gab erweitere Handzeichen zum Überholen!
Vielleicht war ich unterwegs total benebelt, aber ich dachte echt, so viele Läufer nehmen hier doch gar nicht teil, wir wir schon überholt haben??
Ob es dann meine mangelnde Kondition, die Erkältungsnachwehen oder die Überholvorgänge oder alles zusammen war, weiß ich nicht, aber bei km 5 ging es mir noch gut, aber bei ca. km 7 war ich völlig fertig!! Ich konnte nicht mehr, ich wollte nicht mehr, ich hab kaum noch Luft bekommen, meine Lunge pfiff aus dem letzten Loch und dauernd lief meine Nase und ich musste die Taschentücher rauskramen. Ich wollte meinem Pacer sagen „Geht nicht mehr, Gehpause oder langsamer werden, scheiss auf die sub 60“, da fing er an mich bequatschen: „Atme durch die Nase!“ Ich dachte nur, du Scherzkeks, meine Nase ist völlig dicht!! Er: „Einatmen! Tiefer einatmen! So atmen!“ Ich dachte nur: „maaaan.. ich atme doch schon wie eine Schwangere im Hechelkurs!“ Er: „Heb deine Füße! Drück dich vernünftig ab!“ Ich in Gedanken: „Boah... wenn ich jetzt noch reden könnte, würde ich dir entgegen schleudern, dass ich schon froh bin, dass ich noch nicht regungslos am Boden liege!“ Er machte aber schön weiter: „Lauf doch mal aufrecht! Deine Schultern..bla.. “ So langsam kochte und schnaubte ich innerlich und hätte –wenn ich denn noch hätte sprechen können – ihm am liebsten an den Kopf geworfen, dass wir hier nicht beim Schönlaufenwettbewerb sind und im Ziel nicht die Stute mit dem schönsten Laufstil den Kranz um den Hals gehängt bekommt! Wo sind wir denn hier! Ich will ankommen, ich weiß, dass ich grad hechelnd, pfeifend, gebückt und völlig eingesackt über den Boden schlurfe!!
Und dann sagte er so völlig beiläufig, mir nichts, dir nichts:
„So, jetzt nur noch einen Kilometer. Und für den hast du theoretisch noch ganze 8 Minuten Zeit.“
Fast wäre ich schockiert wie angewurzelt stehen geblieben! Wie bitte? Soviel „Polster“ habe ich noch???
Und jetzt kommt ein Paradebeispiel dafür, was der Kopf allein so alles anrichten kann:
Ich war völlig am Ende und wollte eigentlich aufgeben, erfahre dann, dass ich noch 8 Minuten übrig habe und was passiert? Statt langsamer zu werden legte ich zu! Ich wusste, ich muss nur noch einen Kilometer. Ich wusste, bei 8 Minuten Restzeit kann absolut nichts mehr schiefgehen und plötzlich konnte ich doch noch schneller. Ich habe mir dann noch die Dame gepackt, die sich die ganze Zeit von uns auf sub60 hat ziehen lassen und vorhin mit einem „Danke euch“ an uns vorbeigezogen ist. Das wollten wir beide dann doch nicht auf uns sitzen lassen und mein Pacer rief „Die packst du dir jetzt noch!“. Ich habe dann nicht nur die Dame einkassiert, sondern auch noch ein paar weitere vor dem Ziel. Leider war der Zieleinlauf ein schmale Gasse, so dass ich mit lauten Gebrüll „Vorsicht! Achtung! Weg da!!“ einen letzten Sprint eingelegt habe. Es könnte übrigens miese Zielfotos von mir geben, die mich mit brüllend mit Ellenbogeneinsatz auf den letzten 5 Metern zeigen… Davon möchte ich mich an dieser Stelle schon vorab distanzieren. Sorry!

Die Zielzeit habe ich darüber gar nicht gesehen und auch nicht dran gedacht, meine Garmin zu stoppen. Aber klar war: Ich habe es gepackt!
Beim Blick auf die Ergebnislisten später wurde mir ganz anders:
Sub60 hatte ich mir eigentlich für heute abgeschminkt.
59:xx war mein Wunschziel.
58:xx völlig unrealistisch, wäre aber ein Traum gewesen!
Und was stand da: 57:25min!
Unfassbar. Eine niedrige 57 hatte ich beim besten Willen nicht auf dem Schirm.
MikeStar hat den Vogel abgeschossen mit 53:16!
Pastis hat nicht nur die sub60 erledigt, sondern gleich die sub55 mit.
Und mein Pacer hat mir gentlemen-like im Ziel den Vortritt gelassen und ist direkt hinter mir eingelaufen.
Der Martinslauf war für mich etwas ganz besonderes, eigener Erfolg hin oder her.
Es war der erste Lauf, an dem ich nicht mutterseelenallein teilgenommen habe.
Das Schönste war für mich, gemeinsam mit anderen zu starten, und mittlerweile so einige zu kennen, die auch laufen (egal ob 10er oder HM) und mit ihnen mitfiebern zu können. Wir haben die Halbmarathonis an der 11km Marke und beim Zieleinlauf abpassen und anfeuern können. Gemeinsam ist alles doch viel schöner!
Glückwunsch an dieser Stelle an Pastis, MikeStar, Holger, A.B. und ihren Mann, Martin, Matthias und die anderen vom Lauftreff!
Und ein großes herzliches DANKESCHÖN an meinen Pacer (hättest du mich nicht durch die 2 schweren Kilometer gequatscht, wäre das nicht so gut ausgegangen!), DANKE an Michael und DANKE an A.B. für das Tempo- und Intervalltraining!
Noch eine kleine Anekdote am Schluss: Nach dem Lauf zog mein Pacer einen kleinen Notizzettel hervor, auf der er vorher seine Zeit für mich aufgeschrieben hatte. Abweichung zu der gelaufenen Zeit: 1 einzige Sekunde! („Das Orakel“ formerly known as „nachlangerpause“)