27. Blumensaatlauf 2017
Die ganze Woche starrte ich auf die Wettervorhersagen für Essen am Samstag. Anfangs zeigten sie stürmisches Wetter an, ab Donnerstag wurden sie mir wohlgesonnener. Bedeckt, kühl aber kaum Wind sollte es geben. Mit den Vorhersagen bessert sich auch meine Vorfreude auf den Lauf. Am Samstag früh sah das Wetter jedoch alles andere als einladend aus. Während der Fahrt klarte es immer mehr auf und wir kamen, genau wie letztes Jahr, bei strahlendem Sonnenschein in Essen an. Da wir letztes Jahr schon mittiefen, kannten wir die Wege und Gegebenheiten. Waren schnell mit der S-Bahn in Kupferdreh und mit einem kurzen Fußmarsch auch schon an der Halle.
Der 10km Lauf war schon im Gange, wir gingen erst kurz in die Halle unsere Sachen ablegen und dann an die Strecke den Zieleinlauf des 10ers ansehen. So langsam stieg die Spannung, sonderlich nervös war ich jedoch nicht. Inzwischen hab ich etwas Wettkampf Routine. Kalt war es uns dann doch etwas, so gingen wir wieder in die Halle. Unterlagen abholen, umziehen, Gepäck abgeben war alles schnell getan. Ein wenig Zeit zum Aufwärmen hatten wir auch noch, kamen dadurch jedoch relativ spät zur Startaufstellung und waren somit ganz hinten im Feld. Das war nicht verkehrt, da im Gegensatz zum Martinslauf beim Blumensaatlauf mehr geübte/ambitionierte Läufer starten. Mit meiner Leistung gehöre ich da auch wirklich in den hinteren Teil des Feldes. Ein weiterer Unterschied zwischen den Läufen sind die Wege, hier waren sie asphaltiert und schön breit, auch wenn man als Schneller weiter hinten startet kommt man schnell nach vorne.
Allgemein ist das Startfeld deutlich gelassener als bei anderen Läufen. Nach dem Startschuss ging es ehr langsamer über die Matten, das Läuferfeld verteilte sich rasch über die ganze breite und länge des Weges, so das es kaum zu Behinderungen kam. Nun galt es 5,x km bis zum Wendepunkt zu laufen und dann wieder zurück, das ganze danach noch einmal. Ungefähr bei der Hälfte liegt der Biker Treff Haus Scheppen. Durch die Wendepunkte und dem Biker Treff ist die Strecke in meinem Kopf in schöne handliche Stückchen unterteilt, Kilometer spielen eine untergeordnete Rolle.
Ich fand sehr schnell meine passende Pace, die bei 6:00 - 6:05/km lag. Um uns herum waren einige Läufer unterwegs, die jedoch nach den ersten zwei Kilometern anzogen und uns enteilten. Vor uns blieb ein Läufer übrig, der ca. 20 - 30m entfernt war. Die Strecke gleicht einer liegenden S, nach dem ersten Kilometer hat man auch die erste Kurve hinter sich. Die Sonne war inzwischen wieder hinter den Wolken verschwunden, kaum war die Kurve genommen merkte ich den Gegenwind. Er war nicht sonderlich stark, aber eisig kalt. Die Wege waren gut. Hier und da waren zwar sehr große Pfützen, die jedoch kein Problem darstellten. Nach Haus Scheppen wurde es etwas rutschig, da sehr viel durchweichter Laub lag und einen glitschigen Film bildete. Ich hatte zwar keine Probleme, mein Mann meinte jedoch dass sein so schlimm wie die nassen Straßen beim Berlin Marathon dieses Jahr. Kurz vor dem ersten Wendepunkt kamen wir endlich raus aus dem Wind. Bis dahin ließ es sich sehr gleichmäßig laufen. Ich konnte meine Pace gut halten, offiziell gingen die ersten 5,x km mit einer 6:03/km, das ist Ok und geht in Ordnung. Passt sehr gut zu der 10er Zeit von vor zwei Wochen. Das nun halten! Der Rückweg zum Start war deutlich angenehmer, da wir nun über weite Strecken Rückenwind hatten. Den Läufer vor uns haben wir kurz nach der Wende überholt und liefen nun relativ alleine weiter. So langsam wurde es jedoch auch anstrengend, nach Haus Scheppen dachte ich: ein 10er hätte es heute auch getan! Am Start angelangt hatte ich nicht mehr wirklich große Lust auf eine zweite Runde, aber alles klagen hilft ja nicht, man muss weiter! Die offizielle Schnitt lag nun bei 6:01/km.
Nach der Wende musste ich was trinken, ich war noch mit dem wieder in die Pace zurückfinden beschäftigt als wir wieder in den Gegenwind kamen. Nun wurde es wirklich eklig, es war inzwischen deutlich kühler als noch am Start. Ich war zwar wie auch schon in Düsseldorf in lang/lang unterwegs, jedoch war meine Kleidung hauchdünn und bot keinerlei Schutz vor dem eisigen Wind. Die Luft brannte bei jedem Atemzug in der Lunge. Die vordere Oberschenkelmuskulatur kühlte aus. Es war weit von angenehm entfernt, die Pace sank merklich aber noch im Rahmen. Es hieß sich zusammenreißen. Ich war jedoch nicht die einzige, der es nicht so toll ging. So langsam liefen wir auf andere Läufer auf und holten sie auch ein, das heiterte mich dann doch auf. Bei Haus Scheppen fiel mir ein Stein vom Herzen, da diesmal das Gefühl von Wackelpudding Beinen an selber Stelle ausblieb. Nur noch zum Wendepunkt und dann zurück! Das geht noch... gerade so! Offiziell war der Wendepunkt diesmal mit einem Schnitt von 6:10/km erreicht. Mit den kalten Beinen ist das OK. Nur noch zurück, bald ist es geschafft! Das denkt sich so einfach, ist es aber nicht. Es wurde noch einmal richtig hart, den Rückenwind konnte ich diesmal nicht nutzen. Der kalten Wind blies nun auf die übermüdeten und -angestrengten rückseitige Oberschenkelmuskulatur, die doch so schon zu schwach sind und das erste mal so lang so schnell laufen. Auf diesen letzten 5km habe ich die hintern Muskeln so heftig gespürt wie noch nie. Ich wäre am liebsten angehalten und hätte mich hingelegt. Das war schon weit über grenzwertig hinaus, ich musste mich unweigerlich fragen: "Frau wie unglaublich bescheuert musst du eigentlich sein, um dir den Quatsch im Frühjahr auf der doppelten Länge zu geben? Dir ist nicht mehr zu helfen!" Kurz nach Haus Scheppen lief eine Frau ganz locker und flockig an uns vorbei. Mein Mann wäre da gern mitgegangen, merkte aber schnell, dass ich keine Reserven zum Tempo anziehen hatte. Groß von uns absetzen konnte sie sich aber auch nicht oder wollte das nicht. Ich war da nur noch am Kämpfen mit mir, konzentriert auf die letzte Kurve, wartend dass danach das Ziel zu sehen ist. Leicht anziehen konnte ich vor dem Ziel zwar noch, Endspurt kann man das jedoch nicht nennen. Im letzten Stück lag die Pace wieder bei 6:10/km im Schnitt, somit zwar nichts durch denn Rückenwind gewonnen, aber auch nicht mehr groß Zeit verloren. Mit einer Zielzeit von 2:08:30 ist die Bestzeit um über 5 Minuten verbessert. Die Zeit passt auch sehr gut zum 10er vom Martinslauf. Wie schon auch da wäre ich zwar gern etwas schneller gewesen, aber es war mehr nicht drin. Limitierender Faktor war hauptsächlich die Muskulatur, was gut ist, denn daran kann man arbeiten. Es wird, langsam aber stetig.
Nächstes Jahr wird auf jeden Fall eine zweite, dickere Hose eingepackt
