Chri.S hat geschrieben:Naja, letztlich kann ich am besten sagen, wies in mir drin aussieht. Gefühlt ging es mir trainingstechnisch immer schlechter, wenn Tempo dazukam. Jetzt im Frühjahr gings im März in der Tempophase gefühlt bergab; klar waren die Wochen davor im Schnee nicht ohne.
Der Krug geht so lange zum Brunnen ... intensive Einheiten sind die Sollbruchstelle. Bedeutet aber nicht, dass sie die
Ursache für die Probleme sind. Wenn du den Umfang ohne Tempo schaffst, heißt es nicht, dass du ihn mit Tempo schaffst. Und wenn es dir schlechter geht mit Tempo gibt es immer auch die Möglichkeit, den Umfang zu reduzieren.
Klar kannst du am besten sagen, wie es in dir aussieht. Aber alles, was ich in deinem Blog gelesen habe, hört sich für mich an wie jemand, der zuviel macht. Nicht speziell zuviel Tempo, sondern zuviel. Schwere Beine, solche Ausdrücke. Da sehe ich auch noch den greif einfluss noch durchscheinen ("Beine sind immer müde? Egal zieh den Plan durch, nur die harten kommen in den Garten"), von dem du dich zwar teilweise emanzipiert hast , aber imo noch nicht genug.
Für mich bist du der Typ "ehrgeizig und diszipliniert". Das ist erstmal super, deswegen bist du auch schon weit gekommen. Aber irgendwann braucht dieser Typ einen Bremser oder muss lernen, in den entscheidenden Momenten nicht nach Plan und Umfangsziel zu trainieren bzw Plan und Umfangsziel zu korrigieren. Muss lernen zu merken, dass die Sollbruchstelle eben verschoben oder gestrichen werden muss, wenn die Beine das jetzt nicht hergeben. Und lernen, dass die "Sollbruchstelle Tempoeinheit" ungefährlich ist, wenn die Gesamtbelastung stimmt.
Und den guten 10er jetzt bist du nach einer Phase mit Tempotraining gelaufen, während am Anfang nach dem M. mit wenig Tempotraining nicht viel ging. Also ein gewisses Maß an Tempotraining brauchst du, das ist ja klar.
Klar wirst du mit weniger Tempo eher die großen Umfänge laufen können. Ob dann die Balance noch stimmt, wirst du ja sehen. Klar ist auch, dass im Marathontraining für viele der Schwerpunkt auf dem Umfang liegt. Möglich, dass du in manchen Wochen auch zuviel Qualität für den Umfang hattest. Das wird dir aber von Lydiard wieder vorgeschrieben werden in manchen Phasen und dann weisst du wohl mittlerweile, dass du das
so nicht machen solltest.
Chri.S hat geschrieben:
Ja, aber irgendwas hab ich im Frühjahr eben auch richtig gemacht. Mein Marathon war schon ziemlich toll, nicht von der Zeit aber vom Gefühl her. Eben das erste mal Marathon rennen. Also irgendwas war schon richtig im Winter. Ich meine, es war der Umfang und mir hätte weniger Tempo deutlich besser zu Gesicht gestanden.
Mal ein anderer Ansatz: Bei vielen Plänen ist imo der Übergang zur Phasen mit mehr Tempo zu steil, zu abrupt. Insbesondere gilt das für Daniels und Lydiard. Wenn du diese Übergäeng sanfter gestalten kannst, kommst du mit dem Tempo möglicherweise besser zu recht. Je länger die Saison, desto mehr Zeit hast du, den Tempoanteil aufzubauen. Wenn du die gut nutzt, kommst du möglicherweise selbst mit einem höheren Tempoanteil bei gleichem Umfang besser zu recht.
Für mich ist die richtige Progression bei den Tempoeinheiten und beim Intensitätsanteil für viele ein Knackpunkt. Wenn die stimmt, erlebe ich immer wieder, dass Läufer Sachen im Training machen können, die sie vorher nicht für möglich hielten.
Meine Maxime ist:
"Alles muss vorbereitet sein"
Also genauer:"Jede (etwas anspruchsvollere) Trainingseinheit muss durch (mindestens eine) andere vorbereitet sein."
Das geht möglicherweise mit Lydiard, aber vielleicht eher nicht , wenn man nur nach dem
Buchstaben geht - dann sind die Übergänge der Phasen recht harsch. Sondern nur, wenn man nach dem
Geist geht, zwischen den Zeilen liest und sich denken kann, was die erfolgreichen Lydiardläufer gemacht haben
müssen, auch wenn es so direkt nicht im Plan steht.
Und natürlich sollte man die falschen Annahmen und Bezeichnungen Lydiards filtern bzw berücksichtigen, aber dazu hast du das Wissen ja, denke ich.
Chri.S hat geschrieben:
Das Training muss einem ja in erster Linie Spaß machen und ich merke immer mehr, dass mir das schnelle Rennen, vor allem auf der Bahn, mir im Training wenig Spaß macht und mir viel Überwindung abverlangt. Vielleicht ist es wirklich eine gute Idee, hauptsächlich Rennen mitzunehmen als Tempeinheiten und ansonsten im Training eher auf Hügel und gelegentliche Fartleks zu bauen, denn im Wettkampf kann ich mich mehr motivieren, Tempo zu erleiden als alleine. Ist halt auch ein Nachteil, dass ich hier niemanden habe, mit dem ich Temposachen gemeinsam machen kann. Lange Läufe fallen mir so wesentlich leichter.
Also auf die Bahn zwingt dich ja keiner. Letztes Jahr bei der Senioren-DM habe ich einen sehr guten Mittelstreckler (war über 800 und 1500 ganz vorne dabei) kennengelernt, der ganz viel Tempotraining nicht auf der Bahn macht. Sondern einfach flach an der Isar entlang. Also selbst für die schnellen Sachen geht das.
Und ich habe mir jetzt auch einige kurze Runden und Bergaufstrecken im Wald grob ausgemessen. Mir geht es weniger darum, der Bahn zu entkommen (ich mag die Bahn, auch wenn es manchmal eine Haßliebe ist), sondern darum, auch Tempo noch mehr nach gefühl zu laufen. und darum, dem Leistungs- und Zeitendruck im Training noch mehr zu entgehen. Deswegen will ich auch einen Teil vom Tempotraining gerade im Winter weg von der Bahn legen.
Mit den Wk sehe ich genauso. Ich bin ja auch meist allein im Training, und letztes Jahr hat mir die Winterlaufserie gefehlt. Dieses Jahr laufe ich sie wieder, sonst fehlt mir auch die Motivation fürs Training.
Also neben der Progression ist das andere Thema: Welche Art von Tempo verträgst du gut, nimmt dir nicht zu früh die Möglichkeit, noch heiss auf WK zu sein. Da wirst du vielleicht noch weniger an bestehenden "Systemen" orientieren können, sondern noch mehr das eigene "System" für dich finden müssen.
Chri.S hat geschrieben:
Stimmt.
Und deshalb weißt du ja auch, dass dein Körper zum reparieren der Schäden, die beim Training entstanden sind, wahrscheinlich mehr Nährstoffe braucht, als du beim Fasten bekommst. (Der eine Satz musste jetzt noch sein ...
)
Viel Erfolg!
C.