5014
von Haricot
@Chris: Wenn Dir das Üben des WK-Tempo wichtig ist, dann zieh Deinen Plan durch. Ich habe bis jetzt die Erfahrung gemacht, auch ohne so eine Einheit gut zu fahren; allerdings nur, wenn ich unsicher hinsichtlich der Zielzeit bin. Für den Marathon hat mir das letzte Woche nochmal viel Selbstvertrauen gebracht, vor dem Zehner hatte ich so etwas gar nicht und vor dem HM lief ich die Treppe langsamer als im Wettkampf.
Der Rennbericht ist etwas lang geraten. Sorry.
Ich hatte mir für die Tage vor dem Marathon bewusst viel Arbeit hingelegt, um mich abzulenken. Leider wuchs sich das etwas aus, so dass ich beinah zu stark abgelenkt war. Bildete ich mir jedenfalls ein, denn im Nachhinein glaube ich, war das eine gute Entscheidung. Ich hatte nicht die Zeit für großes Kopfkino mit allen Höhen und Tiefen. Erst am Abend vor dem Rennen habe ich die Stellen für die private Verpflegung geplant, eine Sache, die mich unter anderen Umständen schon drei Tage eher beschäftigt hätte. Natürlich war ich nicht ganz ruhig und entspannt, davon gibts hier auch ein paar Wasserstandsmeldungen, aber ich stand mit einer Mischung aus Vorfreude, Respekt und Tatendrang am Start. Nach meinem letzten langen Lauf elf Tage vor dem Marathon folgte zwei Tage später ein 70minütiger Lauf. Die letzte Woche gestaltete ich nach Manfreds Vorschlag:
Mo - nix
Die - 5x1000 MRT
Mi - fast 45min Kräftgung von Bauch und Rücken
Do - 55min joggen (extra 4:50 Uhr aufgestanden)
Fr - nix
Sa - zwei, drei KM waren geplant, aber ich war viel auf den Beinen, also fiel das aus
So - 42,195km MRT :-)
Zum Start bin ich mit dem Rad gefahren. Nach knapp 7km war der Kreislauf gut in Schuss und die Beine etwas vorgewärmt. Da ich das Startgebiet nicht kannte, war ich früh da. Nach Abgabe der Kleidung tippelte ich ein paar Schritte durch den Tiergarten, stretchte und drehte ich mich etwas und dreißig Minuten vor dem Start stand ich in einem kleiner als erwartetem Startblock. Kurz bevor es los ging, rückte mein Startblock geschlossen nach vorn, Platz war genug da, also stand ich neben einem Läufer, den ich ein wenig kannte. Im Frühjahr war er genau 3:00h gelaufen, jetzt wollte er trotz schlechter Verfassung nochmal die 3h angreifen. Nur nicht zu schnell die ersten KM war unser Plan, eher 4:17 als 4:14 das Motto. Der Startschuss fiel und es ging los.
KM 1-5
Mit 4:33 war der erste KM deutlich zu langsam, obwohl wir freie Bahn hatten. Ich fand es gar nicht so langsam, aber wir zogen etwas an. 4:09 war das Ergebnis, also rausnehmen. Leichter gesagt als getan, denn 4:09 standen auch für KM3 auf die Uhr. Gegenseitige Ermahnung, aber 4:10 für KM4 zeigte, wir müssen deutlich langsamer werden. Ich bekam nun auch Angst, mich hier abzuschießen. Das Tempo fühlte sich zwar gut an, aber es sollten ja noch 38km kommen. Außerdem hatte ich den Eindruck, aufs Klo zu müssen. Mit 4:15 beendeten wir den ersten Block und die offizielle Zwischenzeit weist eine 21:15 aus. Perfekter 4:15er Schnitt. Handgestoppt war es eine Sekunde mehr.
KM 6-10
Die Gruppe um die beiden 3h Pacer tauchte langsam von hinten auf. Am Start hatte ich die gar nicht gesehen, jetzt wollte ich sie eigentlich nicht in meiner Nähe wissen. 4:15 für KM6, gutes Tempo. Wegen ein paar Engstellen wurde es jetzt etwas hektisch, erneut 4:10 auf der Uhr. Der erste Pacer zog jetzt vorbei. Es bildete sich schnell eine Lücke. Die nächste KM-Zeit 4:15 bewies, was ich vermutete: der Pacer läuft deutlich unter 4:15, eher 4:10. Mittlerweile hatte ich meinen Mitläufer auch etwas ziehen lassen, ich horchte immer wieder in mich rein, denn ich konnte nicht deuten, wie sich mein Körper fühlt. Es war schnell, klar, aber zu schnell? Die 4:17 für KM9 sind einer Engstelle geschuldet, bereiteten mir also kein Kopfzerbrechen. Als sich das KM10-Schild näherte dachte ich zum ersten Mal,Was schon 10km vorbei? Ging ziemlich flott und mit 4:17 hatte ich wieder einen guten KM dabei. Offizielle Zwischenzeit 42:30. Ich bin ein Uhrwerk.
KM 11-15
Die Strecke näherte sich jetzt der Gegend, in der ich unzählige Trainingskilometer abgespult hatte und die ich sehr gut kenne. Bei KM12 sollte auch ein Freund stehen, aber offensichtlich schlief er noch. 4:08 für KM11, man konnte frei laufen. Hier entledigte sich der zweite sub3 Läufer von seinem Ballon und fortan verschwand er in der Masse. Ich habe bis jetzt noch nicht herausgefunden, was da los war. Ein paar Läufer neben mir teilten die Einschätzung, dass der erste Pacer mit 4:10 eher überpacet. Zu dem Zeitpunkt lagen schon zweihundert Meter zwischen uns. Am Erfrischungspunkt schnappte ich einen Becher Wasser, zwei Schluck in den Mund, der Rest übern Kopf. 4:13 für KM12, hier gab es viele Zuschauer, ein Kreisverkehr, an dem ich fast täglich vorbei fahre. 4:19 für KM13 sind inklusive einiger Höhencentimer einer Brücke über die Spree. Jetzt gehts nach Kreuzberg. Vor zwei Tagen bist Du hier mit dem Mietwagen noch lang, jetzt zu Fuß. Euphorie machte sich breit und zeigte sich auch am Tempo:4:06 für KM14. Zu schnell. Aber wie langsamer werden? 4:05 für KM15. Ich hatte nicht das Gefühl schneller geworden zu sein, also volle Konzentration aufs Renne. Versau es nicht. Leider verpasste ich hier Carsten, der Fotos schießen wollte. 1:03:22h nach 15km. Gute Zeit, schoss es mir durch den Kopf. Dass ich mit 20:55min zwanzig Sekunden schneller als die vorigen 5er gelaufen bin, stellte ich erst danach fest.
KM 16-20
Bei KM16 entdeckte mich ein Freund. Jubel und große Freude. Ich lief mittlerweile mein eigenes Rennen, auch wenn ich immer nach ein paar markanten Shirts Ausschau hielt, um sicher zu gehen, dass ich weder langsamer noch schneller werde. 4:10 für KM16 mahnten mich, langsamer zu machen. Nach drei schnellen KM folgte mit 4:14 für km17 wieder ein guter KM. Die Strecke führte jetzt über zweieinhalb KM fast schnurgerade aus. Um drohende Langeweile zu überbrücken drückte ich mir den ersten Gel-Chip in die Backen. Süß. Lecker. Viele Zuschauer rechts und links, einige Bands und auch eine Gegend, die ich gut kenne. 4:13 für KM18, ja, das ist das richtige Tempo und jetzt sinds auch nur noch 24km. Wie schnell die Zeit vergeht. Ein Becher Wasser an der Labestellte (Grüße an Kraxi und Bernie) und weiter gehts. 4:10 für KM19, zu schnell und ganz ehrlich, es fühlt sich auch etwas schnell an. Kommt jetzt schon der Einbruch? Läufst Du dem Einbruch davon? Kurz vor dem KM20 Schild realisierte ich, wie schnell ich unterwegs war. Du wirst mit einer 1:28er Zeit den HM passieren. Zu schnell angegangen, was für ein Anfängerfehler. Jetzt kamen auch noch leichte Schmerzen irgendwo in der Nierengegend oder wo auch immer hinzu (die aber schnell wieder weg waren). Verdammt. Aber gut, ist ja erst Dein dritter Marathon, da bin ich eben noch Anfänger. 4:10 für KM20 und offiziell 1:24:18 für die ersten 20km. Mit 20:57 war ich immer noch deutlich zu schnell unterwegs, aber so genau wusste ich das zu diesem Zeitpunkt nicht.
KM 21-25
Ein Bekannter, ein verdammt schneller Läufer, hatte mir am Tag vor dem Marathon per SMS auf den Weg gegeben: Remember, der WK beginnt bei KM30. Auf denfolgenden Kilometern wiederholte ich diesen Spruch permanent, um sicher zu gehen, dass ich noch nicht kämpfe. 4:15 für KM21 zeigten, dass es auch langsamer geht. Und schon gehts nach Hause. Wahnsinn. Die Hälfte ist schon geschafft. Das Ergebnis weist 1:28:59 für die erste Hälfte aus. Sehr schnell. Kurz vor KM22 wartete meine erste private Verpflegung auf mich. Also auf die rechte Seite wechseln, Augen öffnen und ... an der Potsdamer Straße bog die Strecke nach links ab und hier standen dermaßen viele Zuschauer, dass ich Gänsehaut bekam. Unglaublich. Rechts und links, die Läufer liefen fast wie durch ein Spalier. Ich strahlte, und nochmehr als ich die blaue Jacke meines Verpflegers entdeckte. Ein "Du siehst gut aus!" rief er mir entgegen, drückte mir die Flasche mit dem Malto-Gebräu in die Hand und ich strahlte noch mehr. 4:11 für KM22 und ich nuckelte meinen Zaubertrank. Das Kompliment gab mir zusätzliche Kraft, denn ich wollte nicht nur sub3 laufen, nein ich wollte dabei auch so lang wie möglich gut aussehen. 4:14 für KM23, sauber, bald kommt die 25k-Marke und endlich geht auch ein anderer Traum in Erfüllung: die 25km unter 1:50h. Irgendwie bin ich dabei immer gescheitert, noch im Mai brauchte ich 1:51, jetzt werd ich deutlich schneller sein. Wahnsinn und gleich blinkte mir eine 4:09 für KM24 von der Uhr entgegen. Hier traf ich auch wie verabredet eine Freundin, alles klappt. 4:17 für den 25.KM, irgendwas mit 1:45 insgesamt, unglaublich, es sind nur noch 17km. Mit 21:07 war ich auf diesem 5er Abschnitt langsamer, aber im Grunde noch schnell.
KM 26-30
Das Feld hatte sich jetzt sehr gut geteilt. Man konnte sehr gut laufen und es wurde beinah ein wenig langweilig. 4:10 für KM26, unglaublich, mach langsamer, der WK beginnt erst bei KM30. Ich erinnerte mich an die KM25 ff. bei meinem Einbruch-Marathon in Rom. Da stimmten die Splits gerade so noch, waren aber schon hart erkämpft. Heute lief es dagegen sehr gut. 4:16 für KM27. Ein Schreck fuhr mich durch die Glieder. Ich war abgelenkt und hatte meine zweite Malto-Flasche verpasst. Wo hatten wir uns verabredet? Lentzealle? Oder davor? Ich hatte es vergessen und machte mir Vorwürfe. Da steht jemand, der genau so eine Flasche wie die letzte in der Hand hat, aber die ist nicht für mich. Shit. Ich Trottel. Also ein Gel-Chip zwischen die Backen und weiter. Hatte ich mich vor zehn KM über 4:17 noch gefreut, so machten sie mir bei KM28 etwas Sorgen. Ist das der Einbruch? Fängt es so an? War der vorige nicht auch schon langsamer? Zum Glück kam der Wilde Eber und die Stimmung riss mich aus der dunklen Stimmung. Allerdings nur kurzzeitig, denn irgendwie fühlte sich die Strecke an als geht es bergauf. Sehr zähe Meter gab es hier, aber hey, es sind nur noch 15km. 4:11 für KM29 ließen sie Sonne aufgehen. In einem KM beginnt das Rennen. Mit 4:12 für KM30 war klar, ich bin aus dem kleinen Tief heraus. Super.
Vor dem Rennen hatte ich mir eingeprägt, dass ich bei KM30 unter 2:08 sein muss, um eine Chance auf sub3 zu haben. Ich hatte jetzt zu spät auf die Uhr geschaut, aber ich lag weit drunter. 2:06:33 weist die offizielle Zeit aus und mit 21:08 war ich genau so schnell wie auf den letzten 5KM. Ich bin ein Uhrwerk.
KM 30-35
Langsam machten die ersten Mitstreiter schlapp. Vereinzelt wurden verkrampfte Waden am Straßenrand gedehnt. Der sub3 Pacer war plötzlich da und sollte mich für die kommende Zeit begleiten. Um ihn herum war weniger los als ich vermutet hatte. Die 4:16 für KM31 waren gut, es ging leicht bergan, diesmal nicht nur gefühlt. Der Puls ging etwas hoch, aber das war in Ordnung. Es sind nur noch 11km, nur noch 11km, elf. Ich wiederholte das ein paar Mal, denn ich konnte nicht glauben, dass es so schnell vorbei sein sollte. Jetzt wartete meine letzte Malto-Flasche auf mich und ich war hellwach und erspähte auch schnell die blaue Jacke. Super. Ich hatte an den Wasserständen bewusst wenig getrunken, um Platz für den Zaubertrank zu haben und die Rechnung ging auf. Ich drückte mir das Zeug rein und fühlte mich beim Wegwerfen der Flasche wie ein Profi. Geil. 4:12 für KM32, noch zehn KM, zwei Runden im Plänterwald, dem Ort, an dem ich meine EB gelaufen bin. ZEHN, das ist weniger als 15km EB. Auch wenn die Oberschenkel sich bemerkbar machten, hatte ich ein gutes Gefühl. Die Strecke führte nun auch wieder in eine Gegend, die ich kenne. Um mich herum tauchten neue Läufer auf, langsamere Läufer. Ich überholte ab und an, bekam das aber nur am Rande mit. 4:17 für KM33, alles läuft nach Plan, keine Sorge. An diesen Abschnitt hatte ich im Training so oft gedacht und mir vorgenommen, jetzt einfach nur noch zu laufen. Und ich wusste, ich kann das Tempo hoch halten. Die beiden EB über 9 und 15km tauchten permanent in meiner Erinnerung auf und motivierten mich. "Sei schnell" hatte mir ein Freund auf den Weg gegeben. Ok. 4:15 für KM 34, der Wahnsinn. Kurz darauf bemerkte ich, dass sich meine Startnummer an einer Ecke gelöst hat. Es war eine der zwei oberen Ecken und ich hatte Schiss, dass ich das ganze Ding abreisse. Also friemelte ich im Laufen alles wieder zusammen, stach mir in den Finger, fluchte etwas, fand es aber im Grunde cool, für so etwas noch den Nerv zu haben. Klar, dass der KM etwas länger dauerte und die 4:24 sollten am Endemein langsamster KM sein. Die Oberschenkel brannten nun immer stärker, das Wasser kühlte nur für den Moment. 21:26min für diese 5km, ich bin etwas langsamer geworden, aber da war halt auch die Nummer mit der Startnummer. Meine Uhr zeigte 2:28 an.
KM 35-40
32min für die letzten 7km, keine Ahnung, ob das reicht, das Blut war in den Beinen. Jetzt gab es einige Überholmanöver, die mich mehr nervten als die vom Anfang. Die Kraft, um schnell zur Seite zu springen, war nicht mehr da. Irgendwie wurde ich leicht aggressiv, wenn mir wieder jemand vor die Beine sprang. Selbst der Pacer zog plötzlich nach rechts rüber, um Wasser zu bekommen. Der Pacer? Ja, der Pacer. Er ist nicht schneller als ich. Gleich kommt meine Cola. Ich zerbrach mir mein blutleeres Köpfchen, ob das nicht zu früh sein könnte, aber da war sie schon. Meine laufbegeisterte Freundin, die heute meinte, sie würde gern ihr Leben lang, Marathonläufer begleiten, sprang an meine Seite, drückte mir Dextro-Energen und eine kleine Flasche mit Cola (natürlich ohne Kohlensäure) in die Hände. Das reichte eigentlich, aber sie wollte mich aufmuntern, sind nur noch knapp 6km. Ich lachte gezwungen und korrigierte, noch gut 6km. Sie ließ sich nicht beirren und eine Frage jagte die nächste. Wie fühlst Du Dich? Hast Du Deine Flaschen bekommen? Wie gehts? "Nicht gut. Ich kann nicht reden. Mir gehts schlecht." antwortete ich und sie mit der Erinnerung, "Denk dran, wenn es Dir schlecht geht, wolltest Du schneller laufen" ließ mich ziehen. Genau. 4:15 für KM36, alles in Ordnung, aber die Oberschenkel schmerzten immer heftiger. Das Dextro und die Cola waren meine Milch und mein Honig. Die Strecke bog in die Potsdamer Straße ein und wieder standen viele Zuschauer da. Wieder sah ich das große Schild "Luther vor" und auch wenn ich wusste, ich war nicht gemeint, freute ich mich. Vielleicht ja doch? 4:14 für KM37, das gibts doch nicht, nur noch 5km, eine Runde im Plänterwald. Der Pacer war mittlerweile hinter mir. Als wir noch auf gleicher Höhe liefen, hörte ich die Zuschauer am Rand öfters, wie sie sich gegenseitig erklärten, dass das die Läufer sind, die unter 3h laufen wollen. Jaaaa, das sind wir und das machen wir auch. Die Straße zog sich leicht bergan, 4:19 zeigte die Uhr für KM38. Irgendwas mit 2:40 insgesamt, ich rechnte kurz, noch zwanzig Minuten für die letzten 4km und stellte mit Schrecken fest, das reicht nicht. Selbst wenn Du 4:30 läufst, reicht das nicht. Wo ist die Zeit hin? Im Kopf hatte das Chaos die Macht an sich gerissen, zum Glück blieb ich standhaft und schaltete den Kopf einfach ab. Denn die Oberschenkel brannten mittlerweile höllisch. 4:16 für KM39. Unglaublich, jetzt überhol ich auch noch einen Laufbekannten, der nicht mehr ganz so gut aussieht. Ich grüße, er reagiert mit "Lauf, Du schaffst das". Ich hoffe doch, denn auch wenn ich überzeugt war, nagte permanenter Zweifel an mir. Wenn jetzt doch noch ein Krampf kommt? 4:18 für KM40. 21:24 für die letzten 5km. Sauber.
KM 40-Ziel
Der Straßenbelag während KM40 war mir sehr bekannt. Mein Arbeitsweg führte hier mal lang. Ein löchrige und huklige Straße, mit dem Rad hatte hier schon einige unschöne Momente erlebt. Und plötzlich zuckt es in der linken Wade! Alarm. Da kommt ein Krampf. Ich rolle nicht mehr so stark ab und bin aufmerksam. Nichts. Fehlalarm. Die Oberschenkel schmerzen. Noch zehn Minuten für die letzten 2195m. Gleich gehts auf die Zielgerade. Kurze Kopfsteinpflasterpassage, schöne Gegend hier. Vor der Uni wollte ein Freund warten. Augen auf, nichts gesehen. Zum Glück, denn ich seh Scheisse aus. 4:13 für KM41, eigentlich könnte ich austrudeln lassen. Ich hab es geschafft. Unter drei Stunden . Langam realisiere ich es. Egal, ich will bis zum Ende kämpfen. Den Kopf in Schieflage, den Mund verzerrt genieße ich den Kampf und den unglaublichen Schmerz in den Oberschenkeln. Na geil, aber im Grunde läufst Du noch gut. Schon vorher hatte ich an die vielen Kräftigungs- und Dehnungsübungen gedacht, die jetzt dafür sorgten, dass ich nur in den Oberschenkel, aber sonst keine Schmerzen hatte. Nein, es fühlt sich noch wie Laufen an. Der Laufstil von Chris kam mir in den Sinn. Ob ich so aussehe? Keine Ahnung. Wo ist der Teufelslappen? Da ist der Bogen. Der letzte KM. Wann kommt der? Vor dem Km42 Schild oder danach? Müsste eigentlich ... ach egal. Aber wie geil, dass Deine Kraft genau bis hier reicht... das Brandenburger Tor ... ich fass es nicht. Ausgerechnet jetzt findet offenbar die Siegerehrung der Damen statt und ich laufe zu den Klängen der Nationalhymne über den Pariser Platz und durchs Brandenburger Tor. Das darf doch nicht wahr sein. Unglaublich. Ich drück die Uhr bei KM42 ab 4:26 und plötzlich bin ich im Stadion. Auf der linken Seite (und vielleicht auch rechts) sind Tribünen aufgebaut und die Leute toben. Es ist der Wahnsinn. Die Läufer um mich herum beginnen zu jubeln. Yes, wir habens geschafft. Ich balle die Faust. Beide, beide Fäust. Wahnsinn. Ich seh die Uhr. Wie geil. Sogar brutto unter 3:00. Und da ist das Ziel. Bei 2:58:51 stopp ich die Uhr. Ich gehe ein paar Schritte, mir wird etwas mulmig. Am Ende, ich bin im Ziel, es ist vorbei. So schnell.
Mir gehts nicht ganz so gut. Das Sonnenlicht macht sich jetzt bemerkbar, mir ist alles zu hell. Die Folie zieh ich mir etwas über die Augen. Die Schritte sind schwer. Alle stolpern und schlürfen durch die Gegend. Ich lass mir die Medaille umhängen. sub3.
Den ersten Becher Basica haette ich beinah wieder ausgespuckt, aber nach dem zweiten war Ruhe. Ich schleppte mich zu den Massagen und wartete auf einen freien Platz. Meine Beine waren Schmerz. Während der Massage plauderte ich mit einem PSBler, dem Verein, nach dessen Plan ich trainierte. Auch danach blieb ich noch ein bissschen, jede Schritt war mir zu weit. Einer meiner ersten Gedanken danach: geil, das mach ich nochmal. :-) Und auf die Frage in einer Glückwunsch-SMS, wo soll das bloß hinführen, wusste ich auch ne Antwort: Ist doch klar, Marathon im 4er Schnitt.
Nochmal die Fakten:
5 km 00:21:15
10 km 00:42:30
15 km 01:03:22
20 km 01:24:18
25 km 01:45:25
30 km 02:06:33
35 km 02:27:59
40 km 02:49:23
Nettozeit: 02:58:50
Bruttozeit: 02:59:04
Halb 1 / First half: 01:28:59
Halb 2 / Second half: 01:29:50
Platz / Overall: 1238
Platz / Overall: 245 (in Altersklasse / Agegroup: M30)
Grüße
Christian.