Vielen Dank an alle für die Glückwünsche!
Ich sitz wieder am Rechner und muss nicht mehr mit dem Handy tippen, deswegen komm ich jetzt auch mal zu was ausführlichem.
Rumlaeufer hat geschrieben:
P.S.: Ganz so schnell war ich gestern ja nicht, aber dafür habe ich unterwegs wieder ein paar Fotos emacht, von denen ich 75 Bilder in der
Fotostrecke eingebunden habe.
Und das hab ich mir hier am Rechner als erstes angeschaut. Da haben Korinna und Du eine Leistung abgeliefert, die ich sehr bewundere. Man muss ja aufpassen, dass sich die Dimensionen nicht verschieben. Was ist dagegen schon ein 42km-Läufchen ;-) Euch beiden auf dem Weg zum Rennsteig weiter alles Gute. Aber, so wie es aussieht, macht Ihr das schon!
Tvaellen hat geschrieben: ein komisches Gefühl, eine 3:23 zu laufen und trotzdem die rote Laterne zu haben,
Da hast Du aber auch ein wenig unter Wahrnehmungsstörungen zu leiden. Du hast keineswegs die rote Latene, nur einen anderen Zeitplan. Das war ein Trainingsmarathon, den Du, wie Farhad richtig geschrieben hat, eher zu schnell, als zu langsam gelaufen bist! Schade, dass wir uns heute Morgen nicht gesehen haben. Auch Dir alles Gute auf dem Weg zum Rennsteig!
farhadsun hat geschrieben:Hallo zusammen,
mit meiner 3:16 bin ich sehr sehr glücklich,
Farhad, das darfst Du auch, nein - das musst Du auch sein! Eine unter diesen Umständen Hammerleistung, der man nicht genug Respekt zollen kann!
Nun noch ein kleiner Eindruck vom heutigen Lauf aus meiner Sicht:
Gestern habe ich in unserem Hotel nachgefragt, ab wann ich Frühstück bekommen könnte. "Morgen ausnahmsweise ab 06:30 Uhr wegen dem Marathon." Ich war wohl nicht der einzige, der gefragt hat. Heute Morgen wusste ich warum: der Frühstücksraum war fest in dänischer Hand. Ein witziges Erlebnis. Naja, ich bin ja „schon“ zwei Marathons gelaufen, aber immer zuhause und der Marathon in Münster ist halt eine bis zwei Nummern kleiner. Das heute sollte also schon eine andere Dimension bekommen.
Um kurz vor acht bin ich am Startblock angekommen - die anderen hatten mich gestern gewarnt, dass es voll werden könnte. Außerdem hatte ich vor, mit Jan zusammen zu laufen. Der war aber im Block vor mir und Christian. Wir wollten also nach vorne und Jan wollte tatsächlich in seinem Block ganz nach hinten, so dass wir zusammen laufen könnten. Der Startblock war aber noch leer, bis auf ein paar im Kreis warmlaufende Läufer. Noch ausreichend Zeit, sich neben einem Eingang in den Block auf die Straße zu setzen, die Beine auf den Bürgersteig hochzulegen und noch ein wenig die Augen zuzumachen. Naja, Schlaf war das nicht, aber ich war mir sicher, dass ich mich noch nicht pushen musste – das mit dem Adrenalin würde schon noch funktionieren…
Irgendwann hat Christian mich gefunden und wir sind zusammen in den Startblock. Wir albern noch ein wenig über die Leute, die in den Blöcken im Kreis laufen und beschließen beide, dass uns schon noch früh genug warm wird. Da sehen wir im Block vor uns, wie Jan Kreise dreht ;-))). Der bleibt stehen als er uns sieht und sobald die Sperren zwischen den Blöcken weggenommen werden, gehen wir zu Jan nach vorne und kurz danach geht es auch schon los. Ich wundere mich noch, wie ruhig ich bin. Der Start läuft sehr problemlos. Kein Gedränge (auch, wenn ich hinterher von anderen anderes gehört habe), kein Geschiebe.
Wir sind zu schnell. Auf den ersten 7 Kilometern sage ich Jan ständig, dass er zu schnell läuft. Wahrscheinlich hätte ich ihn da schon ziehen lassen sollen - ich wäre nicht wahnsinnig viel langsamer gewesen, aber Jan hätte sicher unter 3:05 finishen können. Irgendwann ist Farhad (der im Block vor Jan stand) zu sehen. Jan entdeckt ihn als erster und macht mich auf ihn aufmerksam. Ich weiß noch, dass ich irgendwas wie "der Herr der bunten Bänder“ gerufen habe. Jeder von uns hatte auf der Messe beschrieben, was für ein Trikot er trägt, damit wir uns wiederfinden. Nur Farhad hatte angekündigt, dass wir ihn an seinen mit Tapes in allen Farben verzierten Beinen erkennen würden. So war es dann auch. Lange wollte er aber nicht bei uns bleiben, also sind wir nach einem kurzen Schnack weiter nach vorne. Ich höre noch von hinten "das sieht so gut aus, und ich habe meine Kamera nicht dabei“, das baut natürlich auf ;-).
Es geht mir tatsächlich gut, aber ich bin weiter skeptisch. Farhad hatte uns auf der Messe den Kurs erklärt, gesagt, wo es bergauf und bergab geht, wo wir aufpassen müssen. Ab ca. Kilometer 10 sollte es bergab gehen. Bis dahin wollten wir uns zurückhalten, um dann Tempo aufzunehmen. Hm, hatte ich das falsch verstanden? Aber dann kommt endlich die Erlösung: es geht tatsächlich bergab. Ich werde schneller, achte aber darauf, keine zusätzliche Energie reinzulegen. Jetzt gibt es auch bei mir endlich sowas wie Gänsehautgefühl. Wir kommen an den Landungsbrücken vorbei und der Lautstärkepegel wird höher. Jetzt nur nicht überpacen. Irgendwie quatschen Jan und ich die ganze Zeit und im Nachhinein hab ich das Gefühl, es ging uns beiden nur darum, uns zu vergewissern, dass der jeweils andere nicht anfängt, unbedacht Gas zu geben. Naja - das war wohl eher meine Sorge. Ich kann ganz gut rollen lassen und Nerven bewahren, aber bei jedem noch so kleinem Anstieg merke ich, dass Jan da ein paar Meter gut macht. Trotzdem sind wir weiter zusammen. Gefühlt geht es wieder bergauf, als wir Binnen- und danach Außenalster erreichen. Aber es hat aufgehört zu regnen. Kurz nach dem Start hat es angefangen und als ich im Ziel bin, weiß ich nicht mehr, wie oft es leicht genieselt hat. Im Großen und Ganzen hatten wir aber Glück. Nur für die Zuschauer war das natürlich doof, deswegen gibt es auch immer mal wieder Ecken, in denen es ruhig ist. Bei der HM-Marke hab ich 1:33:30 auf der Uhr, ich fühle mich immer noch gut. Fange aber schon mal an, Jan darauf hinzuweisen, dass er bitte nicht auf mich warten soll, wenn er beschleunigen will.
Jans Waden sind in schwarz und rosa getaped, wenn auch dezenter als bei Farhad. Das Laufen wird schwieriger. Insbesondere bei den Wasserstellen, muss ich mich enorm konzentrieren, um niemanden umzulaufen. Einmal bin ich kurz davor, einem Spezialisten, der vor einer Wasserstelle die Bahn von ganz links nach ganz rechts kreuzen muss, mit einem Bodycheck direkt auf den Getränketisch zu befördern. Ich lasse nur Gnade walten, weil ich Angst habe, dass mich das selbst aus dem Tritt bringen würde. Wo genau mir klar wird, dass ich nicht mit Jan ins Ziel laufen werde, weiß ich nicht mehr. Ich glaube Kilometer 24 war der erste "richtig“ harte Kilometer, den ich aber noch als Durchhänger abgetan habe. Als es die nächsten beiden Kilometer nicht besser wird, reihe ich mich konsequent hinter Jan ein. Ich weiß nicht mehr, wo und wie weit wir sind und vor mit tanzen zwei schwarz/rosa Striche gleichmäßig auf und ab… Irgendwann lasse ich abreißen. Auf einmal werde ich wach, weil mir ein Läufer entgegen kommt. Den hätte ich jetzt wirklich fast umgehauen. Es ist Jan! Was macht der da? Ich sehe mich um, und Jan schließt wieder zu mir auf. Jan hat seine Marschtabelle, die er eh auswendig gelernt hat, verloren und wieder von der Straße aufgelesen, als hinge sein Leben davon ab. Puh, das war knapp.
Ich bin wieder wach und wieder da. Natürlich bin ich nicht fit, aber es läuft und ich kann mich ein wenig erholen. Bei km 30 ziehe ich an – natürlich zu früh. Aber das merke ich schnell, ohne das Schlimmeres passiert und bis kurz vor km 40 geht alles gut. Bei Kilometer 35 sage ich Jan, dass alles gut ist und er sich endlich verabschieden soll, wenn er die 3:05 noch schaffen will. „Ne, ich bin angeschlagen.“ Das klingt wie damals unsere Klassenbeste, die nach jeder Lateinarbeit angefangen hat zu flennen, weil die nicht so gut geklappt hat. Natürlich hatte sie hinterher immer eine eins und ich die einzige fünf der Klasse. Ich hätte damals Grund gehabt, zu flennen. Ich könnte Jan verfluchen. Kann der nicht einfach Gas geben? Dann kann ich ohne schlechtes Gewissen die letzten Kilometer im Fünfertrott ins Ziel schlurfen und hätte wahrscheinlich immer noch irgendwas unter 3:15. Aber nein, er muss mich quälen.
Bei Kilometer 37 oder so kann ich mich nochmal aufbäumen und zeige dem Arsch, was ne Harke ist. Das geht bis km 40 gut. Dann kommt die nächste Steigung. Bis km 41 kann ich mich noch retten, dann lasse ich Jan endgültig laufen. Mit mir zusammen ins Ziel einzulaufen hat er nun wirklich nicht verdient. Im Ziel drücke ich bei 03:07:06 ab - offiziell sind es zwei Sekunden mehr, wahrscheinlich hab ich die Uhr zu spät gestartet. Deshalb war ich mir auch sicher, Jan sei unter 3:07 geblieben. Nun denn, er hätte es können, denke ich.
Anschließend verliere ich Jan aus den Augen. Farhad sehe ich noch kurz, muss die "Athletes Area" aber verlassen, weil meine Frau (die da natürlich nicht rein kommt) meine Klamotten hat. Blöd geplant natürlich.
Ein Wahnsinnswochenende geht zuende. Morgen ist bei mir noch arbeitsfrei, und dann muss auch eine zumindest kurze Pause her. Deshalb wollte ich auch den Bericht unbedingt heute noch raus hauen. Aber Kinder, das müssen wir wiederholen. Vielleicht sollte ich bis zum nächsten mal vernünftig trainieren, dann fällt das mit dem Geniessen auch leichter. Ich hab nur die Sorge, dass Jan das auch macht und aufgrund seines jugendlichen Alters die schnelleren Fortschritte erzielt. Deshalb wird das wohl unser erster und letzter gemeinsamer Lauf gewesen sein - zumindest, wenn Du auf Zeit laufen willst, Jan. Umso mehr habe ich das genossen. Vielen Dank nochmal fürs Ziehen!
Jetzt ins Bett. Grüße,
Markus